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Delta-​B

Trägerrakete

Delta-B

Der überraschende Erfolg der Delta DM-​19  Rakete, die sich nur in wenigen — aber entscheidenden — Details von ihrem Vorgänger Thor-​Able unterschied erleichterte der NASA die Entscheidung, verbesserte Weiterentwicklungen dieses „Übergangsmodells“ bei der Douglas Aircraft Company in Auftrag zu geben. Denn die auf die NASA Bedürfnisse zugeschnittenen Eigenentwicklungen Atlas-​Vega, Atlas-​Centaur und Scout kämpften alle mit erheblichen Problemen oder waren bereits wieder eingestellt. Die Thor-​Delta setzte hingegen immer neue Rekordwerte hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit. Bereits für das Finanzjahr 1961 erhielt die NASA daher die Mittel zum Kauf von drei weiteren Delta Raketen bewilligt. Und im Budget für 1962 wurden Mittel für den Ankauf weiterer acht Delta berücksichtigt. Der Auftrag der NASA über das zweite Baulos umfaßte im Oktober 1961 schließlich vierzehn Exemplare. Douglas hatte unterdessen für die USAF die verbesserte Thor DM-​21  Erststufe mit einem stärkeren Rocketdyne MB-​3  Block II Antrieb entwickelt. Zusammen mit einer Reihe von Maßnahmen zur Massenersparnis und einigen Detailverbesserungen führte das zur Delta-​A, die von der NASA aber lediglich zweimal innerhalb eines Monats eingesetzt wurde. Denn mit der Delta-​B verfolgte man einen Plan für noch weitergehende Verbesserungen. Die bereits eingeführten und bewährten Modernisierungen wurden übernommen. Doch jetzt stand die Zweitstufe im Fokus. Sie wurde zur Erhöhung des Tankvolumens um etwa 90 cm verlängert und das Triebwerk von weiß– auf rotrauchende Salpetersäure umgestellt. Das AJ10-​118D Triebwerk verfügte über eine hydraulisch schwenkbare Brennkammer und für die Rollkontrolle über vier kleine Düsen, aus denen gasförmiges Helium, das auch der Druckbeaufschlagung der Treibstofftanks diente, abgelassen werden konnte. Nach dem Brennschluß der Zweitstufe und einer antriebslosen Flugphase sorgten kleine Stickstoff-​Druckgasdüsen für einen Sicherheitsabstand vor der Zündung des Feststoff-​Triebwerks der Drittstufe. Das seit der Delta-​A in einer Sektion der Zweitstufe untergebrachte Funklenksystem der Rakete wurde mit diesem Modell auf Halbleitertechnik umgestellt. Während der ersten 90 Flugsekunden steuerte weiterhin ein Autopilot die Rakete, bevor das BTL-​600  Funklenksystem übernahm, an das Korrekturinformationen der Bahnverfolgungsradars am Boden übertragen werden konnten. Es kontrollierte die letzte Flugphase der Erststufe, steuerte den weiteren Aufstieg der Zweitstufe und war verantwortlich für die korrekte Ausrichtung der Zweitstufe vor der Zündung der kleinen Spintriebwerke, die den Dralltisch mit der Drittstufe und der Nutzlast vor ihrer Abtrennung in eine stabilisierende Rotation versetzten. Zwischen Brennschluß der Zweitstufe und Zündung der Drittstufe lag eine antriebslose Flugphase von (missionsabhängig) einigen Minuten, in denen die Nutzlast auf einer ballistischen Bahn weiter aufstieg. Auch vor der Abtrennung der Nutzlast von der Drittstufe gab es noch eine antriebslose Flugphase. So sollte sichergestellt werden, daß unerwünschte Nachverbrennungen oder Ausgasungen nicht zum Zusammenprall von Drittstufe und Nutzlast führten. Außerdem wurde ein Gewicht an der Stufe entriegelt, worauf diese in eine Taumelbewegung versetzt wurde.
Für die NASA, die mit der Delta-​B einige ihrer erfolgreichsten Satelliten der Jahre 1962 – 1964 startete, bedeutete der Modellwechsel auch den Übergang vom „interim“ zum „operational“ Status des Delta Programms.


Gesamtsystem
Nation USA
Bezeichnung(en) Delta-​B, Delta DSV-​3 B
Entwicklungszeitraum 1961 – 1962 
erster Start 13.12.1962 
Einsatzzeitraum 1962 – 1964 
Stufenzahl
Gesamthöhe 27,41 m (Bulbous Fairing)[2]
28,04 m (Streamlined Fairing)[3]
Basisdurchmesser 2,44 m
max. Nutzmasse 70 kg (GTO)
270 kg (925 km Kreisbahn)
350 kg (polare 500 km Kreisbahn)
500 kg (polare 200 km Kreisbahn)
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse ca. 51.930 kg[2]
Startschub 765 kN[1,2]
1. Stufe
Hersteller Douglas Aircraft Company
Bezeichnung(en) DSV-​2 B (Thor DM-​21 mod.)
Länge mit Stufenadapter 18,19 m
Durchmesser 2,44 m
Leermasse
Treibstoffmasse
Gesamtmasse 48.844 kg[2]
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne MB-​3 Block II (1× LR79-​NA-​11 + 2× LR101-​NA-​11)
Treibstoff Kerosin (RJ-​1 oder RP-​1?) + Flüssigsauerstoff
Startschub 765 kN[1,2]
spezifischer Impuls (Seehöhe) 250 s (Haupttriebwerk) / 210 s (Vernier)[2]
spezifischer Impuls (Vakuum) 284 s (Haupttriebwerk) / 246 s (Vernier)[2]
Nominal-​Brenndauer 148…150 s (Haupttriebwerk) /​163 s (Vernier)
2. Stufe
Hersteller Aerojet General Corporation
Bezeichnung(en)
Länge mit Adapter 6,30 m
Durchmesser 0,81 m
Leermasse 698 kg[2]
Treibstoffmasse
Gesamtmasse 2.627 kg[2]
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Aerojet General AJ10-​118D
Treibstoff UDMH + rotrauchende Salpetersäure (IRFNA)
Vakuumschub 34 kN
spezifischer Impuls (Vakuum) 272 s[2]
Nominal-​Brenndauer 165…166 s
3. Stufe
Hersteller Allegany Ballistics Laboratories
Bezeichnung(en) Altair
Länge 1,52 m
Triebwerkslänge 1,46 m[6]
Stufendurchmesser 0,81 m[2]
Triebwerksdurchmesser 0,46 m[3]
Leermasse 27 kg[5]
Treibstoffmasse 206 kg[5]
Gesamtmasse 233 kg[5]
Antrieb 1 Feststofftriebwerk ABL X-​248-​A5DM
Treibstoff Feststoff
mittlerer Vakuumschub 12 kN
spezifischer Impuls (Vakuum) 254 s[2]
Brenndauer 38…42 s
Nutzlastverkleidung
Länge über Endstufe 2,93 m[2] (Bulbous)
max. Durchmesser 1,22 m[2] (Bulbous) / 0,81 m[2] (Streamlined)
Konstruktionsmasse 89,5 kg[2] (Bulbous)

Quellen:

[1] DAC: THE THOR HISTORY SM-​41860, Februar 1964 
[2] ED KYLE: SPACE LAUNCH REPORT
[3] PETER STACHE: RAKETEN, 1980 
[4] NASA: FINAL REPORT ON THE RELAYPROGRAM SP-​76, 1965 
[5] NASA: LAUNCH VEHICLE HANDBOOK, August 1961 
[6] NASA: NASA TO LAUNCH INTERPLANETARY EXPLORER SATELLITE 63 – 249, November 1963