Zu einer weiteren Montagemission an der Internationalen Raumstation startete unter der Bezeichnung ULF3 (Utilization and Logistics Flight) am 16.11.2009 um 19:28 UTC von Cape Canaveral die US Raumfähre „Atlantis“. Kommandant des Unternehmens STS-129 „Atlantis“ F-31 war Charles Hobaugh, als Pilot fungierte Barry Wilmore. Dazu kamen die Missionsspezialisten Leland Melvin, Randolph Bresnik, Michael Foreman und Robert Satcher. Die Mission war im Vorfeld mehrfach weitreichenden Änderungen und Verschiebungen unterworfen gewesen. Auch sie war natürlich von den Verzögerungen betroffen, die die Untersuchung der Betankungsprobleme bei den vorhergehenden Flügen nach sich gezogen hatte. Einmalig in der Geschichte des Shuttle Programms war aber die Situation die die Techniker vorfanden, als die „Atlantis“ von der STS-125 Mission zurückkehrte. Zunächst unbemerkt, hatte sich im All der Knauf an einer Arbeitsleuchte gelöst und war in den Spalt zwischen dem Cockpitpanel und einer Cockpitscheibe geraten. Unter irdischen Druckverhältnissen schrumpfte der Zwischenraum und verkeilte das Teil dort. Die Sicherheitsregeln ließen den Start mit einem solchen Fremdkörper nicht zu. Schlimmstenfalls bestand die Gefahr, daß die Scheibe reißen würde. Dies drohte aber auch bei den Reparaturversuchen. Sollte dieser Fall eintreten, rechneten die Techniker mit einer Reparaturdauer von einem halben Jahr und erheblichen Kosten. Für das vor seiner Einstellung stehende Shuttle Programm hätte dies vermutlich bedeutet, daß die „Atlantis“ vorzeitig stillgelegt worden wäre. Letztlich konnte der Fremdkörper aber entfernt werden, nachdem man ihn mit Trockeneis umgeben hatte und gleichzeitig der Kabinendruck angehoben worden war. Der Starttermin wurde schließlich auf den 16.11.2009 festgesetzt. Damit fiel er in eine Phase hektischer Betriebsamkeit in Cape Canaveral. Schon der Terminal Countdown Demonstration Test im Oktober mußte verkürzte werden, da gleichzeitig die Vorbereitungen zum Start der Ares I-X Rakete für das Constellation-Programms der NASA liefen. Wenige Tage vor dem Start der „Atlantis“ im November war zudem der Start einer Atlas V angesetzt, unmittelbar darauf sollte eine Delta IV in Florida abheben. Für den Fall einer 24-stündigen Startverschiebung der Atlas hätte der „Atlantis“ kein Ausweichtermin mehr zur Verfügung gestanden. Das hätte weitreichende Auswirkungen gehabt, denn die Bahnmechanik führte dazu, daß die ISS nach dem 21.11.2009 rund zwei Wochen lang vom Space Shuttle nicht mehr angeflogen werden durfte. In dieser Zeit lag die Station permanent im Sonnenlicht, was zu einer Überhitzung des Orbiters geführt hätte. Letztlich wurden aber beide EELV (Evolved Expendable Launch Vehicle) Starts verschoben und die „Atlantis“ hob außerdem pünktlich zu ihrer Mission ab. Planmäßig wurde der vorgesehene Orbit erreicht. Am zweiten Flugtag unternahm die Crew die übliche Inspektion des Außenzustandes unter Einsatz des Orbiter Boom Sensor Systems (OBSS). Nennenswerte Schäden wurden dabei erfreulicherweise nicht entdeckt. Am 18.11.2009 erreichte die „Atlantis“ die Raumstation und koppelte dort um 15:51 UTC an. Nach der wechselseitigen Begrüßung der beiden Mannschaften wurden die gemeinsamen Arbeiten aufgenommen. Zunächst wurde der ExPRESS Logistics Carrier 1 (ELC1) aus der Nutzlastbucht ausgeladen und unter Einsatz der Roboterarme von Shuttle und Station an einem der Ausleger der Station verankert. Unterdessen begann die Missionsspezialisten Foreman und Satcher mit den Vorbereitungen auf ihr erstes Außenbordmanöver. Dieses startete am 19.11.2009 um 14:24 UTC und beinhaltete eine Reihe unterschiedlicher Montage-, Reparatur– und Wartungsarbeiten. Zunächst brachten beide Astronauten gemeinsam eine Reserve S-Band Antenne am Z1 Element der ISS an. Weit vor der Zeit beendeten sie diesen Punkt ihrer Liste und trennten sich nun für individuelle Arbeiten. Foreman installierte eine weitere Antenne, diesmal am „Destiny“ Modul, bevor er seine Arbeiten am „Unity“ Modul fortsetzte. Dort entfernte er einen Handlauf und brachte stattdessen eine Halteklammer an, die einmal eine noch zu verlegende Ammoniak-Leitung zum „Tranquility“ Knotenmodul fixieren sollte. Unterdessen schmierte sein Kollege Satcher die Kopplungspunkte für den Manipulatorarm auf dem Mobile Servicing System (MSS) sowie die Montagepunkte für das japanische JEMRMS (Japanese Experiment Module Remote Manipulator System). Auch diese Arbeiten waren rasch abgeschlossen. Daher verblieben noch rund zwei Stunden für zusätzliche Aufgaben. Und so wurde die Montage einer PAS Nutzlasthalterung (Payload Attach System) am S3 Ausleger, die ursprünglich für die zweite EVA eingeplant gewesen war, vorgezogen. Nach 6:37 h war der Außenbordeinsatz beendet. An Bord der Station war die Stammbesatzung unterdessen beschäftigt gewesen, im „Unity“ Segment Anschlüsse auf die Ankunft des „Tranquility“ Moduls vorzubereiten. Am 20.11.2009 liefen vor allem Materialtransfers zwischen Shuttle und Station. Außerdem nahm der Manipulatorarm der „Atlantis“ den zweiten ELC auf. Er wurde am nächsten Tag vom Canadarm2 der ISS übernommen und mit diesem an seiner Position am S3 Ausleger verankert. Auch Foreman, diesmal gemeinsam mit Bresnik, verließ an diesem Tag ab 14:31 UTC erneut die Raumstation. Allerdings war der Beginn des Ausstiegs verschoben worden, um der Mannschaft mehr Zeit zur Erholung zu geben, nachdem ein (irrtümlicher) Dekompressionsalarm die Crew aus dem Schlaf gerissen hatte. Erste Aufgabe von Foreman und Bresnik war die Montage des Grappling Adaptor to On-Orbit Railing (GATOR) am europäischen „Columbus“ Modul. Außerdem brachten sie eine zusätzliche HAM (Amateurfunk-) Antenne an. Weiterhin wurde am P1 Segment die Floating Potential Measurement Unit (FPMU) umgesetzt, mit der das elektrische Potential im Umfeld der ISS gemessen wurde. Der freigewordene Montagepunkt sollte 2010 das Alpha-Magnet-Spektrometer (AMS) aufnehmen. Am S1 Segment wurde dann ein weiteres Payload Attach System in Betrieb genommen und am S3 Segment ein Empfänger für die Signale der drahtlosen Helmkameras der Raumanzüge der Astronauten. Wieder kamen sie mit ihren Arbeiten schneller als erwartet voran, so daß die Flugleitung erneut entschied, weitere Aufgaben vorzuziehen. Zunächst wurde am S3 noch ein PAS aktiviert. Dann widmeten sich Foreman und Bresnik den Datenkabeln, deren Anschluß während der STS-128 Mission gescheitert war. Diesmal gelang es zwar die Verbindung herzustellen, die Signalqualität war aber ausgesprochen unbefriedigend. Dennoch konnten sich die Astronauten über den Erfolg der 6:08 h dauernde EVA freuen. Wenige Stunden später erhielt Missionsspezialist Bresnik zudem die Nachricht, daß er Vater einer Tochter geworden war. Dank eines halben freien Tages, den die Flugleitung den Mannschaften gewährt hatte, konnten alle an Bord das Ereignis gebührend feiern. Die dritte und letzte EVA dieser Mission war für den 23.11.2009 angesetzt. Sie begann um 13:24 UTC, und damit mit mehr als einer Stunde Verspätung, da im Raumanzug von Satcher eine Trinkwasserzuleitung verrutscht war. Das Problem konnte aber innerhalb des Zeitfensters gelöst werden, so daß die EVA zwar verspätet und mit reduziertem Programm begann, aber immerhin. Zunächst holten Satcher und Bresnik einen Sauerstofftank vom ELC2 und montierten ihn an der „Quest“ Luftschleuse. Dann wurde das siebte Materials International Space Station Experiment am ELC2 angebracht. Dort wurden auch einige MMOD Mikrometeoritenschilde verstaut, die zuvor an „Quest“ demontiert worden waren. Satcher löste dann eine Reihe Halterungen an dem Ammoniaktank, der während STS-131 einige Monate später ausgetauscht werden sollte. Außerdem brachte er Thermoisolierungen an einigen Kameras und am Greifmechanismus des Stationsmanipulators an. Unterdessen hatte sich Bresnik der Elektrik der ISS gewidmet und einen Fußtritt umgesetzt. Nach 5:42 h war der Außenbordeinsatz abgeschlossen. Erstmals im Beisein einer Gastbesatzung übertrug Frank De Winne am 24.11.2009 das Kommando der ISS an Jeffrey Williams. Gleichzeitig verabschiedete sich Nicole Stott von der Crew. Denn sie kehrte mit dem Shuttle zur Erde zurück. Eigentlich war geplant gewesen, den Kanadier Robert Thirsk bei STS-129 zur Erde zurückzuholen. Die Verzögerungen im Flugplan führten aber dazu, daß seine Landung auf Ende November 2009 und ein Sojus Raumschiff verschoben wurde. Damit blieb aber gewährleistet, daß beide Astronauten die von der NASA als optimal erachtete Flugdauer von sechs Monaten nicht überschritten. Für Stott eröffnete sich so jedoch die Möglichkeit (nach damaligen Planungen) bereits weniger als ein Jahr darauf mit STS-133 erneut ins All zu fliegen (es wurden dann doch fünfzehn Monate). Am 25.11.2009 um 09:53 UTC koppelte die „Atlantis“ wieder von der ISS ab. Es folgte die übliche Umrundung der Station, bei der beide Mannschaften Fotos und Sensordaten des jeweiligen anderen Raumschiffs gewannen. Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen auf die Landung. Immerhin ergab sich noch die Gelegenheit für ein traditionelles Thanksgiving Essen. Die „Atlantis“ konnte unmittelbar die erste Landegelegenheit am 27.11.2009 nutzen. Pünktlich um 14:44 UTC setzte der Orbiter nach einem Flug von 259:16 h auf der Runway 33 des KSC auf. Während sich die Techniker um das Shuttle kümmerten und die Crew ihren Rundgang um die „Atlantis“ unternahmen, untersuchten die Ärzte zunächst noch die nach 90 Tagen (2.170:45 h) zur Erde zurückgekehrte Stott, die wenig später aber auch von Freunden und Verwandten begrüßt werden konnte.