Rocket Lab, für ein Raumfahrt Start-Up bis dahin außergewöhlich vom Erfolg verwöhnt, erlebte am 04.07.2020 den ersten Fehlstart seiner Electron Rakete seit dem nur teilweise gelungenen Jungfernflug im Mai 2017. Ausgerechnet der dreizehnte Start, scheinbar eine Routinemission, schlug fehl. Rocket Lab hatte sich im Juni gerade erst erfolgreich aus einer viereinhalbmonatigen Zwangspause wegen der COVID-19 Pandemie zurück im Startgeschäft gemeldet. Drei Wochen später nun der Rückschlag. Zunächst sah auch diesmal alles wieder nach einem erfolgreichen Start aus, als die Rakete von der Māhia Peninsula abhob. Doch einige Minuten nach der Zündung der Oberstufe verlor diese an Geschwindigkeit. Bei dem Fehlstart gingen sieben Satelliten verloren. Der schwerste war der experimentelle Erderkundungssatellit CE-SAT 1 B des Canon Electronics Space Technology Laboratory. Das Unternehmen hatte eine Reihe unterschiedlicher Satelliten entwickelt, die mit kommerziellen Kamerachips aus eigener (Canon) Produktion bestückt waren. Bei den beiden CE-SAT 1 Modellen wurde eine EOS 5D Mark III mit einem 40 cm Cassegrain Teleskop kombiniert. Aus 600 km Bahnhöhe sollte eine Auflösung von 1 m erreicht werden. Dieses leistungsfähige optische System (wenn auch die Kamera schon ein älteres Modell repräsentierte), war bei CE-Sat 1B noch um eine ebenso alte Kompaktkamera PowerShot S110 ergänzt worden. Das britische Unternehmen In-Space Missions Ltd. hatte hingegen seinen Kunden mit dem Faraday 1 eine kostengünstige 6U CubeSat Plattform im Orbit für deren Experimente angeboten. Beim Premierenflug waren diverse Kommunikationsexperimente und eine Erdbeobachtungsnutzlast an Bord gewesen. Zu den sieben Kunden hatte u.a. Airbus Defense and Space gezählt, wo man eine SDR Nutzlast hatte testen wollen. Schließlich verlor auch das US Unternehmen Planet Labs fünf seiner SuperDove Erderkundungssatelliten (Flock-4e 1 bis Flock-4e 5).
Bei der Untersuchung der Ursachen für den Fehlstart konnte Rocket Lab glücklicherweise auf eine Fülle an Telemetriedaten zurückgreifen. Selbst nach dem vorzeitigen Brennschluß der Oberstufe hatte diese noch Informationen übermittelt. Und so kristallisierte sich schon bald heraus, daß der „Wackelkontakt“ eines Steckverbinders den Verlust der Mission ausgelöst hatte. Der intermittierende Stromfluß sorgte zunächst aufgrund des höheren Widerstands für eine lokale Erwärmung an der Kontaktstelle, bis hin zur Verflüssigung der Vergußmasse. Damit konnte sich die Steckverbindung durch die Vibrationen des laufenden Triebwerks schließlich vollständig lösen. Unter normalen Testbedingungen war der Fehler unentdeckt geblieben. Da ein solches Versagen, wenn überhaupt, nur unter sehr exotischen Bedingungen auftreten konnte, schlußfolgerte Rocket Labs, daß konstruktive Änderungen nicht erforderlich waren. Vielmehr wurde der Qualitätskontrolle eine noch höhere Bedeutung zugemessen. Vor allem aber stand einer Wiederaufnahme der Flüge nach wenigen Wochen Zwangspause nichts mehr im Wege. Acht Wochen nach dem Fehlstart war Rocket Lab zurück im Geschäft.