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Die „Challenger“ Katastrophe

Hintergrundartikel (Archiv)

Eines der folgenschwersten, für viele aber ganz sicher das traumatischste Unglück der Raumfahrtgeschichte ereignete sich am 28.01.1986.

Flight controllers here looking very carefully at the situation. Obviously a major malfunction. We have no downlink.

Bei strahlendblauem Himmel hob die Raumfähre „Challenger“ unter den Augen Tausender Schaulustiger vor Ort ab. Zahlreiche Menschen im ganzen Land wie auch die Presse widmeten dem Unternehmen ihre besondere Aufmerksamkeit. Denn erstmals flog mit Christa McAuliffe eine Lehrerin ins All. Nach den vorangegangenen Flügen von Politikern war das ein Ausdruck für die Routine, mit der die NASA inzwischen die Shuttle Flüge abwickelte. Zwar war unterdessen klargeworden, daß die angestrebten wöchentlichen Flüge des Shuttle Utopie bleiben würden. Doch man war auf dem Weg, ganz selbstverständlich nicht nur Berufsastronauten die Möglichkeit zu geben, im Weltraum tätig zu werden.
Dann aber passierte das Unvorstellbare. Zunächst ungläubig, dann mit zunehmenden Entsetzen verfolgten die Zuschauer und Zuhörer des Ereignisses, wie die „Challenger“ in einer riesigen weißen Wolke verschwand, aus der bald darauf die wild taumelnden Booster hervorschossen und Trümmer herabzuregnen begannen. Die unmittelbar nach der Explosion der „Challenger“ aufgenommene Untersuchung zum Unglückshergang erbrachte schon sehr rasch Hinweise auf ein Leck im Bereich eines der Feststoffbooster, aus dem extrem heiße Verbrennungsgase und schließlich eine Flamme ausgetreten waren. Der Start des Shuttle war wie üblich von mehreren Hochgeschwindigkeitskameras aufgenommen worden. Nun analysierten Experten jedes der 25 pro Sekunde aufgenommenen Bilder. Schon auf den ersten Aufnahmen deutete manches darauf hin, daß das Unglück ausgerechnet am die eisverkrustete Startplattform am 28.01.1986 „neuralgischsten Punkt“ des Systems seinen Ursprung hatte, dort wo der Orbiter mit drei Streben mit dem Außentank verbunden ist. Später analysierte Aufnahmen aus einer anderen Perspektive zeigten darüber hinaus einen ungewöhnlichen Flammenausbruch am rechten Feststoffbooster bereits 13 s nach dem Start. Zwar war die eigentliche Ursache des Unglücks damit noch nicht geklärt, die Indizien deuteten aber auf einen Defekt an dem Booster hin. Und natürlich fiel der Verdacht dabei unmittelbar auf die Nahtstellen zwischen den Boostersegmenten. Während die Frage nach dem technischen Hintergrund der Explosion vergleichsweise rasch geklärt werden konnte, kamen bald schon Fragen danach auf, ob das Unglück hätte vermieden werden können. Und dabei wurden erschreckende Defizite im Management der NASA deutlich. Mission 51 L war ursprünglich als erste des Raumfahrtjahres 1986 geplant gewesen. Doch nachdem der vorangegangene Flug der „Columbia“ den traurigen Rekord von sieben Startverschiebungen innerhalb von 25 Tagen aufgestellt hatte, kam es zu der Situation, daß die Bodenmannschaften bereits im Januar zwei Shuttles auf den Start vorbereiten mußten. Das führte zur Verschiebung des Starttermins für die „Challenger“ vom 22.01.1986 auf zunächst den 23., dann auf den 25. und schließlich auf den 26.01.1986. Technische Probleme mit der Einstiegsluke und schlechtes Wetter verzögerten den Start weiter auf den 28.01.1986. Doch bereits am 27.01.1986 deuteten die Wetterprognosen auf extrem niedrige Temperaturen am Starttag hin. Immerhin fragte die NASA daraufhin beim Hersteller der SRBs an, inwieweit das ein Problem darstellen könne. Morton Thiokol äußerte Bedenken, die aus gummiartigem Viton gefertigten Dichtungen („O-​Ringe“) zwischen den Boostersegmenten könnten bei Temperaturen um den Nullpunkt ihre Elastizität verlieren. Das bedeutete ein konkretes Sicherheitsrisiko für die Mission. Unter Hinweis auf die Beschädigung eines O-​Rings ein Jahr zuvor bei einer Außentemperatur von immerhin noch 11 °C empfahlen die Ingenieure eine Startverschiebung, mindestens aber die

My God, Thiokol, when do you want me to launch, next April?

Beachtung einer Außentemperatur von 11 °C. Unter Hinweis darauf, daß Morton Thiokol zuvor noch nie eine Mindesttemperatur für einen sicheren Shuttle Start gefordert hatte, begann daraufhin das NASA Management während der einberufenen Telefonkonferenz am Abend vor dem Start Druck auf den Hersteller der Booster auszuüben. My God, Thiokol, when do you want me to launch, next April? fragte NASA-​Manager Larry Mulloy. Unter diesem Druck erbat das Thiokol-​Team eine fünfminütige Bedenkpause, aus der schließlich eine halbe Stunde wurde. Thiokol-​Vizepräsident Jerry Mason entschied sich schließlich für eine Abstimmung auf Management-​Ebene und schloß die Ingenieure von der weiteren Beratung aus. Drei von vier anwesenden Managern sprachen sich für den Start aus, der skeptische Robert Lund wurde schließlich auch noch überzeugt. Gegen Mitternacht des 27.01.1986 legte Thiokol der NASA die geänderte Empfehlung mit einer entsprechenden Begründung vor. Doch am nächsten Tag hat der eisige Wind den gesamten Shuttle mit einer Eisschicht überzogen. Jetzt sind es die Ingenieure von Rockwell, dem Hersteller des Orbiters, die Bedenken anmelden. Doch auch eine neuerliche Abstimmung verhindert die Startfreigabe nicht. Nach einer weitern Inspektion durch ein „Eisteam“ wurde der Start schließlich freigegeben. Bei einer Außentemperatur von 2 °C hob die „Challenger“ von Cape Canaveral ab. US Präsident Ronald Reagan setzte unter Leitung des Generals William P. Rogers eine Untersuchungskommission ein. Innerhalb von 120 Tagen sollte diese ihren Bericht vorlegen und Empfehlungen aussprechen, wie derartige Unglücke zukünftig verhindert werden konnten. Bereits am 06.02.1986 begannen die öffentlichen Anhörungen. Die Auswertung von Fotos und Filmaufnahmen zeigte eindeutig ein Leck am unteren field joint (Verbindung zwischen zwei Booster-​Segmenten, die vor Ort in Cape Canaveral montiert werden). Offenbar waren die Dichtungsringe der Booster-​Segmente bereits bei früheren Starts durch die heißen Triebwerksgase im Innern des Motors beschädigt worden, ohne daß es bemerkt worden wäre. Die niedrigen Temperaturen am Starttag führten dazu, daß die Dichtringe ihre Flexibilität verloren. Als ursächlich wurde ein Designfehler der Dichtungskonstruktion erachtet, der der NASA nachweislich bereits vier Jahre vor dem ersten Shuttle Start bekannt gewesen war! Die Rogers Kommission kritisierte scharf den Druck, den das mittlere NASA-​Management auf die Manager von Thiokol und Rockwell ausgeübt hatte, um eine Startfreigabe zu erhalten. Das gehobene NASA-​Management war über die Problematik gar nicht erst informiert worden! Aber auch eine direkte oder indirekte politische Einflußnahme wurde vermutet. Der Flug von Christa McAuliffe sollte anläßlich des 25. Shuttle-​Fluges den endgültigen Übergang zu Routinemissionen signalisieren. Für den Abend des 28.01.1986 hatte Ronald Reagan eine Rede zur Lage der Nation angekündigt, in der er sicher Bezug auf die, selbstverständlich erfolgreiche, Mission der „Challenger“ nehmen wollte. Die NASA war aber ebenso dringend darauf angewiesen, der Reagan-​Administration den gewünschten Erfolg zu liefern. Denn die Kosten des Shuttle-​Programms waren auf ein Vielfaches des prognostizierten Wertes gestiegen, die vorgesehene Anzahl der Start wurde nicht erreicht und die USAF war unzufrieden mit den Nutzungsmöglichkeiten des Shuttle. Die Empfehlungen der Rogers-​Kommission waren weitreichend. Natürlich wurden konstruktive Veränderungen an den Übergängen der Booster-​Segmente gefordert (und selbstverständlich auch umgesetzt). Auch wurden Gelder für die Entwicklung vollkommen neuer Booster bereitgestellt. Zwar gelangten diese bis ins Teststadium, aus Kostengründen wurde auf ihren Einsatz aber letztlich verzichtet. Die Sicherheit der Crew sollte natürlich ebenfalls verbessert werden. Das gestaltete sich aber sehr schwierig. Realisiert werden konnte schließlich nur der Notausstieg aus der Kabine während eines eng begrenzten Flugregimes. Die Astronauten trugen nun während Start und Landung überarbeitete Raumanzüge, die ihnen einen Fallschirmabsprung aus der Kabine ermöglichen sollten. Das Shuttle sollte zukünftig nicht mehr dem Transport kommerzieller Nutzlasten, d.h. von Kommunikationssatelliten dienen. Vielmehr wurde eine Neuauflage des Konzeptes der „Wegwerfrakete“ angeregt. Die führenden Raumfahrtkonzerne legten Studien nicht nur zur Weiterentwicklung existierender Systeme vor, sondern stellten auch neue Entwürfe vor. So Hughes die „Jarvis“, eine Rakete mit Triebwerken aus dem Saturn-​Programm. Erhebliche Änderungen wurden auch im Management der NASA und in der Zusammenarbeit mit den Vertragslieferanten gefordert. Maßnahmen wurden ergriffen, den großen Termindruck vom Shuttle-​Programm zu nehmen. Die Rogers-​Kommission hatte u.a. aufgedeckt, daß es im Laufe des Jahres 1986 unweigerlich zu der Situation gekommen wäre, das unzureichend trainierte Mannschaften Missionen unternommen hätten. Fortwährende Umstellungen im Missionsplan, Mitflüge von Astronauten ohne echte Aufgaben (Politiker!) und die Vielzahl der geplanten Starts mußten zu einer Überlastung der vorhandenen Trainingseinrichtungen führen. Zahlreiche Manager wurden neu berufen, unter ihnen einige ehemalige Berufsastronauten. Als Jahre später die „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auseinanderbrach, wurde jedoch deutlich, daß die NASA noch immer eine sehr eigene Kultur im Umgang mit bekannten Problemen pflegte und zahlreiche 1986 aufgezeigte Defizite noch immer Bestand hatten.


Signifikante Ereignisse während des Starts der „Challenger“
–6.566 s  Zündung SSME #3 
–6.446 s  Zündung SSME #2 
–6.326 s  Zündung SSME #1 
0.000 s  Zündung der SRB
0.250 s  die „Challenger“ beginnt, sich von der Rampe zu erheben
0.678 s  Rauch wird oberhalb des unteren „field joint“ am rechten Booster sichtbar
0.836 s  acht weitere Rauchausstöße werden sichtbar
3.375 s  letzter visueller Nachweis von Rauch
4.339 s  Kommando SSME auf 104%
7.724 s  Beginn des Rollmanövers
19.859 s  Kommando SSME auf 94%
21.124 s  Rollmanöver abgeschlossen
35.379 s  Kommando SSME auf 65%
51.860 s  Kommando SSME auf 104%
58.788 s  eine Flamme wird erstmals im Bereich des unteren „field joint“ am rechten Booster sichtbar
59.000 s  Max Q (maximale aerodynamische Belastung) wird erreicht
60.004 s  Computer registriert Druckunterschied zwischen beiden Boostern
60.238 s  eine ungewöhnliche Form der Triebwerksflammen wird erkennbar
64.660 s  die Triebwerksflammen verändern sich deutlich infolge eines LH2 Lecks im Außentank
64.705 s  ein helles Glühen an den Seiten des Außentanks wird sichtbar
64.937 s  die Triebwerke beginnen mit heftigen Auslenkungen den wirkenden Kräften entgegenzuwirken
72.200 s  die durch die Flamme geschwächte untere Befestigung des rechten Boosters bricht, der rechte Booster rotiert um die obere Halterung und beschädigt dabei den Außentank
72.564 s  beginnender Druckabfall im Wasserstoff-​Tank
72.964 s  plötzlicher Druckabfall in der Sauerstoff-​Zuleitung zu den SSMEs
73.044 s  plötzlicher Druckabfall in der Wasserstoff-​Zuleitung zu den SSMEs
73.124 s  der Außentank beginnt im Bereich des unteren Tankbodens strukturell zu versagen; schließlich wird die gesamt Domkappe abgesprengt, wobei ein zusätzlicher Schub von rund 12 MN entsteht; der gewaltige Schub drückt den Wasserstofftank in die Zwischenstruktur, die ihn vom Sauerstofftank trennt
73.137 s  die zusätzlich vom losgerissenen rechten Booster getroffene Zwischentanksektion kollabiert, der Sauerstofftank wird leck
73.191 s  Stichflamme zwischen Orbiter und Flüssigwasserstofftank
73.213 s  Stichflamme im Bereich der oberen SRB Befestigungdes rechten Boosters
73.282 s  Flamme beginnt sich gleißend weiß zu verfärben
73.383 s  SSMEs melden Überhitzung und werden vom Bordcomputer nacheinander abgeschaltet
73.618 s  Empfang der letzten verwertbaren Telemetriedaten
74.130 s  Empfang des letzten Funksignals der „Challenger“
74.587 s  Explosion in der Nähe des Cockpits des Orbiters
76.437 s  Ausstoß des Fallschirms des rechten Boosters
˜78.000 s  immer mehr Trümmer werden aus der großen Wasserdampfwolke herausgeschleudert
110.250 s  Selbstzerstörung des rechten Boosters
110.252 s  Selbstzerstörung des linken Boosters


Die „Challenger“ Crew…
  • Francis Richard Scobee, Kommandant, 46 Jahre, absolvierte nach 1984 seinen zweiten Raumflug. Seit 1957 in der USAF, erlangte er 1966 seine Pilotenqualifikation. Er kämpfte in Vietnam, kehrte aber bald als Testpilot auf die Edwards Air Force Base zurück. Zu den von ihm erprobten Fluggeräten zählten so unterschiedliche Modelle wie die Boeing 747, die X-​24 B oder die C-​5 . Bereits 1978 wurde er als Astronautenkandidat für das Shuttle-​Programm ausgewählt und schloß im August 1979 seine einjährige Grundausbildung ab. Daneben fungierte er als Instrukteur für die Boeing 747/SCA.
  • Michael John Smith, Pilot, 40 Jahre, flog seinen ersten Einsatz im Shuttle-​Programm. Er studierte mit Hilfe der US Navy Luftfahrt-​Ingenieurwesen und schloß 1969 seine Pilotenausbildung ab. Zunächst als Ausbilder tätig folgte auch für ihn der Einsatz in Vietnam an Bord der USS Kitty Hawk (CV-​63). 1974, zurück in den USA, schloß er seine Ausbildung an der Testpiloten-​Schule der US Navy ab und wechselte ins Erprobungszentrum Patuxent River. Später war als Offizier bei zwei Verlegungen an Bord der USS Saratoga im Mittelmeer aktiv, bevor seine Bewerbung als Astronaut im Mai 1980 angenommen wurde. Nach STS-​51 L sollte er bereits im Herbst 1986 erneut mit STS-​61 N starten.
  • Judith Arlene Resnik, Missionsspezialistin, 36 Jahre, studierte Elektrotechnik u.a. an der renommierten Carnegie-​Mellon University. 1977 erlangte sie auf diesem Gebiet sogar Doktorwürden. Nach dem Abschluß ihres ersten Studiengangs arbeitete sie bei der RCA, wobei sie auch für Raumfahrtprogramme tätig war. 1974 bis 1977 wechselte sie dann ans Nationale Gesundheitszentrum nach Bethesda, Maryland, wo sie auf dem Gebiet der Biomedizin im Labor für Neurophysiologie forschte. Nach der Auswahl als Missionsspezialistin 1978 kam ihr ihre vielfältige Qualifikation zugute, als sie auf ihrer ersten Mission 1984 u.a. das Elektrophoreseexperiment CFES-​III betreute. Als eine der ersten ausgebildeten NASA-​Astronautinnen mit der zusätzlichen Befähigung zur Bedienung des Manipulatorarms stand Judith Resnik am Beginn einer erfolgreichen NASA-​Karriere.
  • Ronald Erwin McNair, Missionsspezialist, 35 Jahre, war ein Physiker von weltweitem Renommee. Seinen ersten Studienabschluß an der A&T State University von North Carolina erlangte er mit magna cum laude. Seine Forschungen in verschiedenen internationalen Laboratorien, so am MIT oder der E’cole D’ete Theorique de Physique waren wegbereitend für den Einsatz von Hochdruck CO Lasern. Wissenschaftliche Arbeiten befaßten sich mit dem Einsatz von Lasern in der Molekular-​Spektroskopie, in der Isotopen-​Trennung u.a.m. Ab 1976 forschte er in den Hughes Research Laboratories auch an Methoden zur lasergestützten Satellit-​zu-​Satellit Kommunikation. Der Träger mehrerer Doktortitel wurde ebenfalls im Januar 1978 mit der Kandidatengruppe 8 der NASA ausgewählt und absolvierte 1984 seinen ersten Einsatz als Missionsspezialist.
  • Ellison Shoji Onizuka, Missionsspezialist, 39 Jahre, erlangte 1969 an der Universität von Colorado innerhalb weniger Monate zunächst einen Bachelor und dann einen Master Titel als Luftfahrt-​Ingenieur. Der talentierte Ingenieur, auf Hawaii geborener Sohn japanischstämmiger Eltern, wurde von der USAF angeworben und beteiligte sich an der Erprobung und Programmen zur Verbesserung der Flugsicherheit zahlreicher USAF Flugzeuge. Verbunden damit war eine Ausbildung als Pilot. Auch nach seiner Versetzung auf die Edwards Air Force Base blieb er jedoch primär verantwortlich für die ingenieurtechnische Seite der Flugerprobung. Ellison Onizuka zählte zu der großen Kandidatengruppe, die die NASA im Januar 1978 in das Training übernahm. Nach Abschluß seiner Grundausbildung war er an der Vorbereitung der beiden ersten Shuttle-​Missionen beteiligt, bevor er im Januar 1985 selbst seinen ersten Raumflug absolvierte — als erster Amerikaner asiatischer Abstammung.
  • Gregory Bruce Jarvis, Nutzlastspezialist, 41 Jahre, war ein hochqualifizierter Elektroingenieur. Noch während seines weiterführenden Studiums zum Master arbeitete er für den Raytheon Konzern an der Entwicklung von Schaltungen für die SAM-​D Rakete (alias PATRIOT). 1969 ging Gregory Jarvis zur USAF, wo er als Ingenieur mit der Entwicklung der Kommunikationsnutzlast zukünftiger militärischer Kommunikationssatelliten betraut wurde. Er trug so zur Entwicklung des FleetSatCom Systems bei. Nach dem ehrenvollen Abschied aus der USAF und dem Wechsel zur Hughes Aircraft Company war er beispielsweise am Marisat und Syncom/Leasat Programm beteiligt. Er betreute auch die „Cradle“ zum Transport der Leasat Satelliten in der Shuttle Nutzlastbucht vor Ort in Cape Canaveral. Schließlich erhielt er eine Berufung als Nutzlastspezialist.
  • Sharon Christa Corrigan McAuliffe, Nutzlastspezialistin, 37 Jahre, unterrichtete mit ihrem Bachelor in Kunst seit 1970 Schüler an verschiedenen Junior High Schools in Englisch und Geschichte. Nach ihrem Master Titel in Pädagogik, den sie 1978 erlangte, gab sie Kurse an mehreren High Schools, zuletzt an der Concord High School in Concord, New Hampshire. Hier erfuhr sie auch vom „Teacher in Space“ Programm der NASA, das erstmals einem Lehrer die Möglichkeit bieten sollte, pädagogische Inhalte direkt aus dem All zu vermitteln. Am 19.07.1985 wurde sie als Finalistin für den Raumflug ausgewählt, trainierte hart für ihren Traum, lernte fliegen und war vermutlich diejenige, die am 28.01.1986 mit den größten Erwartungen in der „Challenger“ Platz nahm…
v.l.n.r. Mike Smith, Dick Scobee, Ron McNair (vorn), Ellison Onizuka, Christa McAuliffe, Greg Jarvis, Judy Resnik
v.l.n.r. Mike Smith, Dick Scobee, Ron McNair (vorn), Ellison Onizuka, Christa McAuliffe, Greg Jarvis, Judy Resnik
die „Challenger“ Crew nach dem Abschluß einer Trainingseinheit
die „Challenger“ Crew nach dem Abschluß einer Trainingseinheit
Transport der sterblichen Überreste der Crew mit einer C-141 zur Dover Air Force Base in Delaware
Transport der sterblichen Überreste der Crew mit einer C-​141 zur Dover Air Force Base in Delaware

…und ihr Schicksal
Von den sieben Astronauten an Bord der „Challenger“ wurden nur wenige sterbliche Überreste gefunden, obwohl die Mannschaftskabine des Shuttle die Explosion zunächst weitgehend intakt überstanden hatte. Als sich das Unglück ereignete, befand sich das Shuttle in über 14 km Höhe bei rund zweifacher Schallgeschwindigkeit. Die Explosion trennte die meisten Versorgungsleitungen des Lebenserhaltungssystems und unterbrach die Energieversorgung. Die aus der Explosionswolke herausgeschleuderte Mannschaftskabine unterlag dabei Beschleunigungen von vermutlich 12 bis 20 G. Diese Beschleunigungen sind nach Expertenmeinung von der Mannschaft auch unter den gegebenen Umständen durchaus zu überleben gewesen. Der Verlust der Kabinenatmosphäre hätte aber innerhalb von Sekunden zur Bewußtlosigkeit und zum Tod geführt. Zudem sich die Kabine auf einer ballistischen Bahn für weitere 25 s bis auf knapp 20 km Höhe bewegte, bevor ihr Rücksturz zur Erde einsetzte. Unter den geborgenen Trümmern der „Challenger“ befanden sich jedoch vier sogenannte personal egress air packs (PEAP), die einen persönlichen Notatemluftvorrat für die Astronauten enthielten. Dieser bestand allerdings aus gewöhnlicher Atemluft und sollte lediglich eine Atemluftreserve bei Notfällen am Boden sicherstellen. Das System arbeitete nicht mit einer Sauerstoffmaske und einem entsprechenden Druckgasvorrat, wie es unter den gegebenen Umständen notwendig gewesen wäre. Dennoch waren drei der PEAPs aktiviert worden, der vierte, er gehörte Kommandant Francis Scobee, war noch versiegelt. Das ließ Spekulationen aufkommen, Teile der Crew könnten den Absturz bis zuletzt bei vollem Bewußtsein erlebt haben. Nach Ansicht des Raumfahrtmediziners und Astronauten Joseph Kerwin ist das aber undenkbar. Auch bei aktiviertem PEAP mußte die Bewußtlosigkeit innerhalb von Sekunden eingetreten sein. Allerdings konnte nicht geklärt werden, ob es überhaupt zu einer raschen Dekompression der Kabine gekommen war. Die Zerstörungen beim Aufprall auf dem Meer 2:45 min nach der Explosion waren angesichts einer unvorstellbaren Verzögerung von 200 G zu umfassend. Nicht auszuschließen ist jedenfalls, daß die Kabine bis zuletzt intakt blieb und der Druckverlust nur schleichend erfolgte.

Modifikationen nach der „Challenger“ Katastrophe
Insgesamt etwa 190 Modifikationen wurden infolge der „Challenger“ Katastrophe eingeführt. Eine Vielzahl davon war bereits seit längerer Zeit studiert worden, einige sollten ohnehin zukünftig eingeführt werden. Die Modifikationen betrafen u.a. das Orbital Manuevering System/Reaction Control System, die Brennstoffzellen, die Hilfsenergieaggregate (Auxiliary Power Units), das Hauptfahrwerk mit den bekanntermaßen zu schwachen Bremsen, den Hitzeschutzschild, die Struktur der Tragflächen, das Rumpfmittelstück, den Einsatz neuer Bordcomputer, ein neues Inertial-​Lenksystem und die Einführung einer sichereren 17-​Zoll Treibstoffleitung zwischen Außentank und Orbiter. Ferner wurde ein Programm initiiert, das die Zuverlässigkeit der SSMEs (Space Shuttle Main Engines) weiter steigern sollte. Unmittelbare Folgen des Unglücks waren aber das Solid Rocket Motor Redesign und die Einführung eines Crew Escape Systems. Die sogenannten field joints zwischen den Booster-​Segmenten wurden neu designed. Die Nuten zwischen den Segmenten erhielten eine neue Form, der O-​Ring selbst wurde überarbeitet. Zahlreiche Vorkehrungen wurden getroffen, um den Dichtungsring unter allen Umständen sicher an der vorgesehenen Position zu halten. Für Starts bei niedrigen Außentemperaturen konnte nun ein Heizelement aktiviert werden, das die Temperatur an der Nahtstelle bei 24 °C hielt. Und unter dem Druck der Öffentlichkeit wurde an einem Rettungssystem für Erprobung des „pole bailout“ Systemsdie Mannschaft geforscht. Die Einführung von Katapultsitzen für die gesamte Mannschaft war aber konstruktiv nicht realisierbar. Eine Alternative wäre die Beschränkung der Mannschaftsstärke auf vier Astronauten gewesen. Damit hätte das Shuttle aber viele der vorgesehenen Aufgaben nie erfüllen können. Nach einer Vielzahl von Studien blieb vom Crew Escape System eine Notausstiegsmöglichkeit für die Phase eines kontrollierten Gleitfluges übrig. Sollte der Shuttle keinen Orbit erreichen können, ein Anflug auf eine Notlandebahn aber ebenfalls ausscheiden, konnte der Bordcomputer den Orbiter nun nach Abtrennung von Boostern und Außentank in einen Gleitflug steuern, der der Crew genug Zeit zum Verlassen der Kabine geben sollte. Ein pyrotechnisch zu öffnendes Ventil sorgte für einen Druckausgleich zwischen Kabine und Umwelt. Dann konnte die Ein– und Ausstiegsluke abgesprengt werden und eines der Crew-​Mitglieder sollte jetzt einen an dem Ausstieg befestigen. Dann wäre die Crew an einem Haken hängend an dem Mast herausgeglitten, bevor sie in einiger Entfernung vom Orbiter den Fallschirm öffnen sollte. Experten wie Berufsastronauten hielten den Nutzen des Systems aber eher für fragwürdig…