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Sojus 1 — Absturz eines Hoffnungsträgers

Hintergrundartikel (Archiv)

Wladimir Komarow 16.03.1927-24.04.1967Der Jubel nach den ersten bahnbrechenden Erfolgen der sowjetischen Raumfahrt war kaum verklungen, als den führenden Köpfen des Raumfahrtprogramms klar wurde, daß man trotz alledem Gefahr lief, den Vorsprung gegenüber den USA zu verlieren. Tatsächlich bedeutete die Meisterung der Probleme der Raketentechnik und Raumfahrt in Ost wie West das ständige Verschieben der Grenzen des mit damaliger Technologie machbaren. Dennoch hätten die technischen Lösungen teils nicht unterschiedlicher sein können. Während die sowjetischen Ingenieure notgedrungen teils verblüffend simple Lösungen für komplexe Aufgaben fanden, herrschte in den USA der Glauben vor, mit modernsten Technologien jedes noch so große Problem lösen zu können. In den USA führte das zu kostspieligen und langwierigen Entwicklungen, die teils schon wieder überholt waren, sobald sie die Serienreife erreichten. Umgekehrt stagnierte die Entwicklung in der Sowjetunion, wenn eine Lösung gefunden war, die den Anforderungen genügte. Sergej P. Koroljow war es gelungen, die politische Führung der Sowjetunion davon zu überzeugen, daß er vor den USA einen Menschen in All schicken konnte. Er erhielt den Auftrag dazu, jedoch mußte das Raumschiff dazu auch als unbemannter Fotoaufklärungssatellit taugen. Im Laufe von Jahrzehnten bestätigte der damals gewählte Entwurf seine Robustheit und Vielfältigkeit. Doch bereits Mitte der 1960er Jahre waren die Zenit Fotoaufklärer den amerikanischen CORONA Satelliten hoffnungslos unterlegen. Und das lag nicht nur am Rückstand der sowjetischen optischen Industrie. Analog entwickelte sich die Situation hinsichtlich der bemannten Raumschiffe. Mit hohem Risiko und viel Gespür für propagandistisch gut verwertbare Aktionen war es gelungen, stets einen Vorsprung vor den Amerikanern und ihrem Mercury Programm zu wahren. Doch schon die damals vielbeachteten „Gruppenflüge“ zeugten eher von der Leistungsfähigkeit der sowjetischen Startmannschaften als vom Vermügen der Wostok Raumschiffe. Während die NASA mit dem Gemini Raumschiff ein vergleichsweise winziges, aber doch leistungsfähiges Raumschiff entwickelte, stand Koroljow weiterhin nur die einsitzige und nicht manövrierfähige Wostok Kapsel zur Verfügung. Mit zwei hoch riskanten Missionen konnte man dennoch noch zweimal der NASA zuvorkommen. Für Woschod 1 zwängte man drei Kosmonauten ohne Raumanzüge oder Katapultsitz in die eigentlich für ein Besatzungsmitglied ausgelegte Wostok Kapsel. Und für Woschod 2 wurde eine entfaltbare Luftschleuse montiert, so daß Alexej Leonow, für einige Minuten als erster Mensch frei im Raum schweben konnte. Davon unbeirrt trainierten NASA Astronauten 1965/66 wieder und wieder die entscheidenden Elemente für die geplante bemannte Mondlandung: Rendezvous, Docking, Bahnmanöver und Außenbordmanöver. Ihren sowjetischen Kollegen blieben nur die Trainingseinheiten im Simulator. Die Entwicklung eines neuen Raumschiffs für sie war zeitraubender als erwartet. Ursprüngliche Pläne für eine Weiterentwicklung des Wostok-​Designs hatten sich als undurchführbar erwiesen. Nach mehreren Metamorphosen entstand auf den Reißbrettern aber ein durchaus richtungsweisender Entwurf für ein neues Raumschiff unter der Projektbezeichnung 7 K. Sein Design war modular und bestand aus einem Service– und Antriebsmodul, einer Landesektion und einer „Wohn“-Sektion. Für den Flug zum Mond sollte das 7 K Raumschiff im Erdorbit an die 9 K Antriebsstufe andocken. Diese wiederum wäre zuvor aus mehreren 11 K Tankern betankt worden. Bei einer Masse zwischen 5.500 und 6.100 kg konnten alle drei Raumschiffe mit einer neuen dreistufigen Variante der R-​7  Standardrakete (Entwürfe 11A55 bzw. 11A56) gestartet werden. Für eine Mission, die lediglich die bemannte Mondumkreisung zum Ziel hatte, war die Zusammenstellung des kompletten Mondraumschiffs ungemein komplex. Allein die Vielzahl an Dockingmanövern und das Betanken der 9 K Antriebsstufe waren eine riesige Herausforderung. Nichts davon hatte die Sowjetunion bis dahin praktisch erprobt. Dennoch war Koroljow davon überzeugt, daß sein Design eine große Zukunft haben würde. Um die Entwicklung abzusichern, setzte er bewußt jedoch nicht nur auf das Mondprogramm. Vielmehr offerierte er Varianten des Sojus-​7 K Raumschiffs als Zubringer für eine Raumstation oder als bemannten Aufklärungssatelliten (7 K-​R). Mit Blick auf die gute Manövrierfähigkeit des Raumschiffs wurde auch am Entwurf eines bemannten Abfangsatelliten (7 K-​P) gearbeitet. Ständig wechselnde Anforderungen des Militärs, eine fehlende klare Aufgabenstellung (auch seitens Koroljow) und eine mangelnde Finanzierung verzögerten aber abgesehen von den erheblichen technischen Herausforderungen das gesamte Sojus-​Programm. Während die NASA mit dem Gemini-​Programm eindrucksvolle Erfolge feiern konnte, forderte die sowjetische Staats– und Parteiführung in vollkommener Verkennung der tatsächlichen Möglichkeiten immer neue Erstleistungen mit dem hoffnungslos veralteten Woschod-​Design. Die Woschod 3 Mission wurde immer wieder neu konzipiert, getrieben von den US Erfolgen. Doch auch der schließlich beschlossene 20 Tage Rekordflug als Antwort auf die angekündigten 14 Tage von Gemini VII konnten den Rückstand schwerlich kaschieren. Offiziell wurde der Flug niemals gestrichen, fand aber wegen seiner Aussichtslosigkeit letztlich auch nie statt. Koroljow bemühte sich vielmehr darum, das erfolgversprechendere Sojus Programm voranzubringen. Die Kosmonauten drängten unterdessen ebenfalls auf klare Direktiven. Im Oktober 1965 übergab Juri Gagarin sogar einen kritischen Brief, den viele von ihnen unterzeichnet hatten, an den Generalsekretär des ZK der KPdSU, Leonid I. Breschnew. Eine Reaktion war nicht erkennbar. Dann kam der 14.01.1966. Die treibende Kraft hinter dem bemannten sowjetischen Raumfahrtprogramm (und nicht nur diesem), der Chefdesigner Sergej P. Koroljow, starb vollkommen unerwartet bei einer Routineoperation in Moskau. Bis zur offiziellen Einsetzung seines Nachfolgers, Wassili P. Mischin, vergingen fast vier Monate. In der Zwischenzeit waren erhebliche strukturelle Veränderungen im System der Konstruktionsbüros vonstatten gegangen. Aus dem OKB-​1 Koroljows wurde am 06.03.1966 das ZKBEM. Am 27.04.1966 gab die Planungskommission des militärisch-​industriellen Komplexes ein Dekret heraus, das nun endlich die weiteren Schritte des 7 K-​L1  Programms für die bemannte Mondumrundung klarstellte. Koroljows Rivalen Wladimir N. Tschelomej war es gelungen, seine UR-​500 K Proton als Trägerrakete für die Mondmission durchzusetzen. Mischin wollte aber keinen Kosmonauten der noch nicht erprobten Rakete anvertrauen und entwickelte daher einen Plan, das 7 K-​L1  Raumschiff unbemannt auf eine Parkbahn zu starten. Die Besatzung sollte mit einer weiteren Modifikation des 7 K Designs, dem 7 K-​OK-​T Raumschiff an der Spitze einer Variante der R-​7  Rakete nachfolgen, mit dem 7 K-​L1  Schiff koppeln und bei einem Außenbordmanöver in dieses umsteigen. Für Oktober/November 1966 war nun die unbemannte Sojus 7K-OK SchnittzeichnungErprobung des 7 K-​L1  Raumschiffs vorgesehen. Ab Dezember 1966 sollten fünf bemannte Flüge des Mondflugkomplexes einschließlich des Kopplungsmanövers im Erdorbit unternommen werden. Natürlich war dieser Plan vollkommen unrealistisch. Ein Großteil der Systeme des neuen Raumschiffs war noch absolut unerprobt. Bei der Flugqualifikation des ersten Exemplars des 7 K-​OK Raumschiffs im Mai 1966 wurden nicht weniger als 2.123 Mängel protokolliert. Mehrfach versagte das Fallschirmsystem bei Abwurftests der Kapsel aus einem Transportflugzeug. Dennoch waren im November 1966 zwei unbemannte Sojus 7 K-​OK Raumschiffe startbereit. Im Abstand von einem Tag sollten sie von Baikonur starten und ein automatisches Rendezvous und Docking unternehmen. Die Mission geriet vom Start weg in erhebliche Probleme. Zunächst lag die Umlaufbahn von Kosmos 133 niedriger als projektiert. Schwerwiegender war jedoch, daß innerhalb weniger Minuten nach dem Aussetzen des Raumschiffs ein Komarow im Training für das Sojus ProgrammGroßteil des Treibstoffs für Bahnmanöver verlorengegangen war. Jetzt konnte es nur noch darum gehen, daß Raumschiff wenigstens sicher zur Erde zurückzubringen. Doch auch das Reservesystem bereitete Probleme. Schließlich wurde ein Plan entwickelt, bei dem mehrere Zündungen des Haupttriebwerks und der kleinen Lageregelungstriebwerke die Kapsel doch noch zurückbringen sollten. Mehrere Versuche am 29.11.1966 mußten jeweils vorzeitig abgebrochen werden. Auch am nächsten Tag gelang es erst nach einem weiteren abgebrochenen Versuch, das Landemanöver tatsächlich einzuleiten. Doch die Radarstationen verloren den Kontakt zur Landekapsel. Auch die Suchmannschaften fanden keine Spur von ihr. Schließlich schlußfolgerte man, daß die Kapsel wohl auf einer zu flachen Bahn in die Atmosphäre eingetreten war, woraufhin die Selbstzerstörung ausgelöst wurde. Trotz aller Probleme sahen die Experten als Bestätigung der grundsätzlichen Auslegung des Raumschiffs und der Mehrzahl seiner Systeme. Dementsprechend wurde der Start des zweiten Sojus Raumschiffs für den 14.12.1966 neu angesetzt. Geplant war jetzt lediglich ein Soloflug. Doch eine unglückliche Verkettung von Umständen war das Programm wieder zurück. In letzter Sekunde brach ein Computer den Start ab, als er registrierte, daß lediglich die Außenblöcke der Rakete gezündet hatten. Während die Bodenmannschaften die Rakete sicherten, zündete plötzlich das Rettungsraketensystem. Während es die Kapsel in Sicherheit brachte, setzten seine Triebwerke die Rakete in Brand. Eine Serie von Explosionen verwüsteten den Startkomplex. Wie durch ein Wunder gab es nur einen Toten zu beklagen. Ungeachtet dieses Rückschlags trieb Mischin das Programm weiter voran. Eines der beiden für die bemannte Erprobung vorgesehenen Raumschiff wurde rasch für eine automatisierte Mission umgerüstet. Am 07.02.1967 erreichte es als Kosmos 140 seinen Orbit. Wieder lag die Bahn zu niedrig. Aber das war kein entscheidendes Problem. Gravierender waren die Schwierigkeiten, die Solarzellen auf die Sonne auszurichten und der viel zu hohe Triebstoffverbrauch. Wieder wurde entschieden, das Raumschiff vorzeitig zurückzuholen. Zwar gelang diesmal das Retromanöver planmäßig, doch ging die Kapsel außerplanmäßig auf die Bahn für eine ballistische Landung über. Demensprechend erfolgte die Landung deutlich westlich des primären Landegebietes. Wie sich zeigte, war sie auf einer Eisscholle im Aral-​See gelandet. Bevor die Bergungsmannschaften eintrafen, war sie durch diese hindurch geschmolzen und gesunken. Das hätte eigentlich nicht passieren dürfen, war sie doch auch für Wasserlandungen ausgelegt. Die Befürchtungen der Ingenieure sollten sich bestätigen. Nach der komplizierten Bergung fanden sie einen Defekt im Hitzeschild, der zur Enthermetisierung der Kapsel geführt hatte. Ursächlich war zwar ein Fertigungsfehler. Dennoch wurde entschieden, das gesamte Design des Hitzeschildes zu überarbeiten. Aus Sicht der Ingenieure war die Ausbeute der bisherigen Sojus-​Testflüge bescheiden. Dennoch kamen sie zu der Einschätzung, daß ein Pilot an Bord einen Teil der Probleme hätte kompensieren können. Andere Systeme, die versagt hatten, waren wohlweislich redundant die Besatzungen von Sojus 1 und 2 im Trainingausgelegt. Und das Hitzeschildproblem, daß unter den Kosmonauten für erhebliche Verunsicherung geführt hatte, betrachtete man als gelöst. Entscheidend für den Beschluß, die folgende Mission bemannt zu fliegen, waren aber eher der bereits eingetretene Zeitverzug und der enorme politische Druck. Auch war es die letzte Chance, im Wettlauf zum Mond doch nocht entscheidenden Boden gut zu machen. Denn nach dem verheerenden Feuer an Bord einer Apollo-​Kapsel im Januar 1967 war bemannte US Raumfahrtprogramm vorübergehend zum Erliegen gekommen. Wie bereits 1966 geplant, sollte das bemannte Erprobungsprogramm mit einer Kopplungsmission aufgenommen werden. Das Szenario sah vor, zunächst den aktiven Partner des Rendezvousmanövers mit nur einem Kosmonauten an Bord zu starten. Vorgesehen dafür war Wladimir Komarow, einer erfahrensten und besttrainierten Kandidaten. Da die zweite Sojus-​Startrampe auf Platz 31 weiterhin nicht zur Verfügung stand, bedurfte es einer peniblen Vorbereitung, um innerhalb von nur einem Tag mit Sojus 2 das zweite bemannte Raumschiff von Platz 1 starten zu können. Dessen Besatzung sollte aus Waleri Bykowski, Alexej Jelissejew und Jewgeni Chrunow bestehen. Nach dem Docking während des ersten Orbits von Sojus 2 war vorgesehen, daß Jelissejew und Chrunow bei einem Außenbordmanöver zu Sojus 1 hinüberwechselten. Dazu mußten bei beiden Raumschiffen die Orbitalsektionen enthermetisiert werden, um als Luftschleuse zu dienen. Nach dem Besatzungsaustausch war eine rasche Rückkehr beider Raumschiffe vorgesehen. Im Training hatte sich gezeigt, daß es den Kosmonauten nicht möglich war, sich, bekleidet mit dem Raumanzug, durch die nur 0,66 m messende Luke wieder in die Orbitalsektion zu zwängen. Schließlich improvisierte man, indem das Lebenserhaltungssystem des “Jastreb“ Raumanzugs den Kosmonauten einfach vor den Bauch geschnallt wurde. Zufrieden mit dieser Lösung war aber wohl niemand. Die Kosmonauten, die sich 1966 noch so vehement für die Komarow beim Appell vor dem StartWiederaufnahme bemannter Flüge eingesetzt hatten, sahen der bevorstehenden Sojus-​Mission nun also mit großer Sorge entgegen. Vor allem die Fallschirmprobleme und das Versagen des Hitzeschildes bei Kosmos 140 sorgten für Unruhe. Begeisterung wollte unter diesen Umständen nicht aufkommen. Alle Beteiligten waren sehr angespannt. Immerhin verlief der Start der Sojus 11A511 Rakete am 23.04.1967 um 00:35 UTC nach Plan. Doch schon die ersten Telemetriedaten aus dem Orbit gaben Grund zur Besorgnis. Eine der beiden Solarzellenflächen hatte sich nicht entfaltete, wodurch nicht ausreichend elektrische Energie für die kommenden Manöver zur Verfügung stand. Weiterhin war der solar-​stellar Sensor zur Orientierung des Raumschiffs offensichtlich verschmutzt und inoperabel. Weniger gravierend schien da schon das Versagen einer Reserve-​Antenne des Telemetriesystems. Noch bestand aber Hoffnung, das Erprobungsprogramm zu retten. In Baikonur liefen daher die Vorbereitungen zum Start von Sojus 2 weiter. Im Orbit kämpfte Koroljow unterdessen um die Kontrolle über sein Raumschiff. Wegen des verschmutzten Sensors mißlang auch die automatische Ausrichtung von Sojus 1 auf die Sonne, so daß selbst die eine funktionstüchtige Solarzellenfläche kaum Energie lieferte. Triebwerkszündungen hingegen störten die Ionenfluß-​Sensoren, die das zweite Orientierungssystem der Sojus Raumschiffe darstellten. Mit zunehmend kritischem Ladestand der Batterien blieb nur, die Rückkehr zur Erde vorzeitig einzuleiten. Zeitweise waren noch Überlegungen angestellt worden, Sojus 2 zu starten und die Solarzellenfläche von Sojus 1 bei einem Außenbordmanöver manuell zu entfalten. Aber diese Idee wurde rasch verworfen. Das Retromanöver wurde also für den 17. Orbit angesetzt. Da der 45 K Sensor unbrauchbar war, konnte Komarow bei der Orientierung seines Raumschiffs nur auf die Ionenfluß-​Sensoren vertrauen. Prompt versagte die Automatik zur Zündung der Retroraketen, als Sojus 1 eine Zone sehr geringer Ionendichte durchflog und damit das Orientierungssystem wieder ausfiel. Schließlich entschied man sich für eine manuelle Zündung der Triebwerke. Das mußte jedoch auf der Nachtseite der Erde erfolgen, was eine Orientierung mit dem optischen System “Vzor“ verhinderte. Unter Hinzuziehung von Pawel Beljajew, der mit Woßchod 2 ein ähnliches Manöver absolviert hatte, wurde ein Verfahren entwickelt, bei dem der Mond als Bezugspunkt diente. Zur Erleichterung aller gelang das Bremsmanöver und auch der Wiedereintritt verlief Komarows Absturzstelleplanmäßig. Scheinbar nahm die Mission doch noch einen versögnlichen Verlauf. Der Stabilisierungsschirm wurde ausgestoßen — doch dann trat die Katastrophe ein. Der Pilotschirm vermochte es nicht, den Hauptschirm aus seinem Container herauszuziehen. Das Notfallregime sah vor, bei Problemen mit dem Hauptschirm diesen zu kappen und den Reserveschirm auszustoßen. Doch das ging nicht, da der Hauptschirm ja gar nicht ausgestoßen worden war. Somit verfing sich der Reserveschirm an den Leinen des Stabilisierungsschirms und konnte sich gleichfalls nicht entfalten. Nahezu ungebremst schlug die Rückkehrkapsel auf einem Feld nahe Orenburg auf. Komarow war sofort tot. Als die Bergungsmannschaften eintrafen, zündeten gerade die Bremstriebwerke der Kapsel und setzten deren Überreste auch noch in Brand. Komarows sterbliche Überreste wurden aus den Trümmern der Kapsel geborgen und zwei Tage später an der Kremelmauer in Moskau bestattet. Dieser tragische Ausgang der Mission warf das gesamte sowjetische Mondprogramm weit zurück. Auf höchste Anweisung mußten fortan vor einem bemannten Flug mindestens drei fehlerfreie unbemannte Tests mit dem Raumschiff nachgewiesen werden. Die notwendigen Modifikationen am Sojus-​Raumschiff und eine Reihe von Fehlschlägen bei der Erprobung der Sond Variante verzögerten das Programm so nachhaltig, daß es erst im Spätherbst 1968 wieder aufgenommen werden konnte. Das Versagen des Fallschirms erwies sich dabei als nicht konstruktiv bedingt. Vielmehr war wegen eines Handhabungsfehlers die Oberfläche des Fallschirmcontainers bei Sojus 1 und Sojus 2 mit einer Polymerschicht versehen worden, die als thermischer Schutz für die Kapsel vorgesehen war. Deren rauhe Oberfläche verhinderte den Ausstoß des Fallschirms. Trotz dieses tragischen Auftakts wurde Sojus in verschiedenen Varianten schließlich zum erfolgreichsten und zuverlässigsten bemannten System der sowjetischen Raumfahrt. Der Durchbruch kam jedoch zu spät, um den USA im Wettlauf um die erste bemannte Mondmission noch etwas entgegensetzen zu können.

Fallen Astronauts MemorialBis heute halten sich diverse Gerüchte rund um den tragischen Tod Komarows. So soll sein Freund Gagarin in letzter Minute versucht haben den Start zu verhindern. Auch gibt es Schilderungen, wonach Komarow aus dem Orbit die Konstrukteure und Techniker seines Raumschiffes wüst beschimpft habe. Auch gibt es Berichte über aufgefangenen Funkverkehr während der Abstiegsphase, dessen Inhalt der herzzerreißende Abschied Komarows von seiner Frau gewesen sein soll. Tatsache ist wohl aber eher, daß Komarow wie alle Beteiligten am Boden zunächst damit beschäftigt waren, die Mission doch noch zu retten. Von dem tödlichen Fehler des Fallschirmsystems ahnte niemand etwas. Und alle anderen Probleme waren ernst, schienen aber durchaus lösbar. Die Katastrophe in der letzten Phase der Landung hingegen entwickelte sich derart schnell, daß kaum Gelegenheit für längere Gespräche geblieben wäre. Schon gar nicht für solche persönlichen Inhalts.

Komarow erhielt posthum zum zweiten Mal die Auszeichnung als „Held der Sowjetunion“. Vor allem aber wurde er als Vorbild für die Jugend in Erinnerung gehalten. Straßen, Plätze und Schulen im gesamten sowjetisch dominierten Raum wurden nach ihm benannt. Ebenso ein neues Bahnverfolgungsschiff. Der 1971 entdeckte Asteroid 1836 Komarow trägt den Namen zu seinen Ehren. Ein ganz besonderes Gedenken realisierten aber die Astronauten der Apollo 15 Mission. Sie ließen im Gedenken an ihre im aktiven Dienst verstorbenen Kameraden in West wie Ost (soweit bekannt) eine kleine Statuette und eine Plakette mit den Namen anfertigen, die sie 1971 im Rahmen einer kleinen Zeremonie auf der Mondoberfläche deponierten. Besser konnte man einen Kosmonauten kaum ehren, der sein Leben bei der Erprobung eines Raumschiffs gegeben hatte, dessen ultimatives Ziel der Mond gewesen war.