Als Mitte der 1980er Jahre das Space Shuttle zunehmend den Transport von kommerziellen Nutzlasten auch für geostationäre Bahnen übernahm, schien das tatsächlich das Ende der langjährigen US Raketenprogramme einzuläuten. Bereits während der Entwicklungs– und Erprobungsphase des Shuttle hatten DoD und NASA angewiesen, neue Nutzlasten ausschließlich für einen Start auf dem National Space Transportation System, wie das Space Shuttle offiziell hieß, zu entwerfen. Dann kam das Jahr 1986 und die „Challenger“ Katastrophe änderte die Einstellung zu „Wegwerfraketen“ grundlegend. Gerade dem Militär boten die Ereignisse die Chance, mit ihren Nutzlasten wieder auf die flexibleren und in vielen Fällen auch kostengünstigeren konventionellen Raketen zurück zu wechseln. Und für die Raumfahrtkonzerne eröffnete sich die Gelegenheit, ihre Raketen nun in eigener Regie weiterzuentwickeln und zu vermarkten.
Für den General Dynamics Konzern bot sich damit die Möglichkeit, die Atlas-Centaur Raketenkombination, die bis zum Markteintritt der Ariane Rakete praktisch das Monopol zum Start westlicher Kommunikationssatelliten gehabt hatte, in modernisierter Form wieder anzubieten. Die bisherige erste Stufe der Atlas-G wurde praktisch unverändert übernommen. Damit blieb man der charakteristischen Konstruktion der Atlas treu, bei der extrem dünnwandige Edelstahltanks die Struktur der Stufe bildeten. In unbetanktem Zustand mußte die Stufe permanent druckbeaufschlagt bleiben, um nicht unter ihrem eigenen Gewicht einzuknicken. Der MA-5 Antrieb behielt ebenso das 1½-stufige Konzept (zwei pneumatisch abtrennbare Flüssigkeits „Booster“ in einer Hecksektion) und ein „Sustainer“ Zentraltriebwerk mit längerer Brenndauer. Den Übergang zur ebenfalls kaum modifizierten kryogenen Centaur D-1 A Oberstufe bildete ein 477 kg schwerer Stufenadapter in Aluminium Skin/Stringer Bauweise. Als Antrieb der Centaur fanden zwei mehrfach startbare P&W RL10 A-3-3 A Triebwerke Verwendung. Ihre schwenkbare Aufhängung erlaubte eine 3-Achsen-Stabilisierung während der angetriebenen Flugphasen. Weiterhin waren 12 Hydrazin-Triebwerke Olin Aerospace MR-106 verbaut. Statt der bisherigen abtrennbaren Paneele zur Wärmeisolierung der Stufe kam nun eine aufgesprühte Isolierung (ähnlich der des Shuttle Außentanks) zum Einsatz. Auch hier stand vor allem die Kostenersparnis hinter der Designänderung. Wesentlichste Neuerung der nun Atlas-I genannten Rakete war die neue Nutzlastverkleidung, die in zwei Größen angeboten wurde. Die bisher aus faserverstärktem Kunststoff gefertigte wurde durch eine neue Konstruktion aus Aluminium-Halbschalen ersetzt. Diese fiel zwar schwerer aus, war aber deutlich kostengünstiger in der Fertigung. Im oberen Bereich erhielt die Verkleidung eine Kork-Auflage. Schließlich hatte GD auch ein moderneres voll digitales Avioniksystem eingeführt, daß einen präziseren Bahneinschuß erlaubte und zu den allgemeinen Massereduzierungen beitrug.
Die Erfolgsstatistik der Atlas-I fiel durchwachsen aus. Nach dem geglückten Jungfernflug gab es zwei Fehlstarts (Centaur Problem) und einen nur teilweise erfolgreichen Start (Atlas Problem) innerhalb von zwei Jahren. Danach bekam GD die Qualitätsprobleme aber in den Griff. Mit nur elf Starts blieb der Atlas-I der große Erfolg versagt. Sie legte aber den Grundstein für deutlich erfolgreichere Atlas-II Generation.
Gesamtsystem | |
Nation | USA |
Bezeichnung(en) | Atlas-I |
Entwicklungszeitraum | |
erster Start | 25.07.1990 |
Einsatzzeitraum | 1990 – 1997 |
Stufenzahl | 2½ |
Gesamthöhe | ca. 43,9 m |
Basisdurchmesser | 3,05 m |
max. Nutzmasse | 2.245 kg (GTO 167×35.788 km@28,5°) |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Startmasse | 164.290 kg |
Startschub | 1.954 kN |
1. Stufe | |
Hersteller | General Dynamics |
Bezeichnung(en) | |
Länge inkl. Stufenadapter | 26,12 m |
max. Durchmesser | 3,05 m |
Leermasse inkl. Stufenadapter | |
Treibstoffmasse | ca. 137.530 kg |
Gesamtmasse inkl. Stufenadapter | |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne MA-5 |
Treibstoff | Kerosin RP-1 + Flüssigsauerstoff |
Starttriebwerke | 2× LR-89-NA-7 |
Gesamt-Startschub | 1.679 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 259 s |
Brenndauer | 156 s |
Marschtriebwerk | 1× LR-105-NA-7 |
Startschub | 269 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 220 s |
Brenndauer | 264 s |
2. Stufe | |
Hersteller | General Dynamics |
Bezeichnung(en) | Centaur D-1 A |
Länge | ca. 9,1 m |
max. Durchmesser | 3,05 m |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | ca. 13.790 kg |
Gesamtmasse | |
Antrieb | 2 Flüssigkeitstriebwerke Pratt & Whitney RL10 A-3-3 A |
Treibstoff | Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff |
Vakuumschub | 146,8 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 444 s |
Brenndauer (typisch) | 560 s + 175 s |
Nutzlastverkleidung | |
Länge | 12,22 m |
max. Durchmesser | 4,19 m |
Konstruktionsmasse | 2.005 kg |