Ende der 1960er Jahre verstärkte Indien seine Anstrengungen auf dem Gebiet der Raketentechnik. Es entstanden größere und mehrstufige Höhenforschungsraketen. Mit ihnen erfolgten sowohl wissenschaftliche Forschungen wie auch angewandte meteorologische Untersuchungen. Von diesem Entwicklungsstand war der Schritt nicht mehr sehr weit bis zu einem nationalen Raumfahrtprogramm. 1970 wurde offiziell mit der Entwicklung eines eigenen Satellitenträgers begonnen. Ein neues Raumfahrt Test– und Startgelände entstand in Sriharikota am Golf von Bengalen. Bei der Rakete nahm man sich das feststoffgetriebene amerikanische Scout Modell zum Vorbild. Wie dieses wurde die SLV-3 als vierstufige Feststoffrakete ausgelegt. Allerdings geriet die Konstruktionsmasse der Rakete sehr hoch, so daß nur eine sehr bescheidene Nutzlastkapazität von rund 40 kg erreicht wurde. Die Struktur der ersten und zweiten Stufe bestand aus 15CDV6 Stahl. Da die indische Technologie die Fertigung eines monolitischen Treibstoffblocks in der für die Erststufe erforderlichen Größe nicht erlaubte, mußte diese zudem aus drei Segmenten zusammengesetzt werden. Die dritte und vierte Stufe verfügten dagegen bereits über Motorgehäuse aus faserverstärktem Kunststoff. Alle Stufen wurden durch aus Aluminium gefertigte Stufenadapter miteinander verbunden. Die Erststufe verfügte über verstellbare aerodynamische Flächen und ein Schubvektor-Kontrollsystem. Zur Kontrolle der Zweitstufe wurde ein System aus kleinen Zweistoff-Triebwerken eingesetzt, während bei der Drittstufe Einstoff-Triebwerke Verwendung fanden. Die letzte Raketenstufe schließlich wurde spinstabilisiert. Die Nutzlastverkleidung bestand aus zwei aus Glas-Phenol-Laminat in Sandwich-Wabenstruktur gefertigten Halbschalen, die mittels Stickstoff-Druckgas und vorgespannter Federn geöffnet und abgetrennt wurden. Trotz einer Reihe von Rückschlägen und Fehlstarts bereits innerhalb des weniger anspruchsvollen „Rohini“ Höhenraketenprogramms führte die nahezu zehnjährige Entwicklung letztlich zu einem einsatzfähigen Satellitenträger. Das Flugprofil der SLV-3 sah zum Erreichen der Umlaufbahn zwei antriebslose Freiflugphasen vor. Die erste nach Brennschluß der Zweitstufe, die zweite vor der Zündung der Viertstufe. Die Lenkung der Rakete übernahm ein System zur Schubvektorkontrolle. Dieses versagte beim Jungfernflug 1979, als ein klemmendes Ventil zu einem Oxidatorleck führte. Die Flugbahn der Rakete folgte einem vorprogrammierten Programm. Drei weitere Starts der SLV-3 1980 bis 1983 verliefen erfolgreich, wobei bei einem Flug jedoch wegen technischer Probleme die Bahn deutlich verfehlt wurde. Mit der SLV-3 hatte Indien aber den Aufbau einer eigenen Raumfahrtinfrastruktur erfolgreich realisiert. Außerdem bildete die Rakete die Grundlage für die stärkere, wenn auch wenig erfolgreiche, ASLV Rakete. Letztlich erreichte Indien nach 20 Jahren sogar die Unabhängigkeit von ausländischen Trägerraketen selbst für das Segment geostationärer Satelliten. Allerdings um den Preis eines vorübergehend verstärkten Einsatzes von Lizenzbaugruppen.
Gesamtsystem | |
Nation | Indien (ISRO) |
Bezeichnung(en) | SLV-3 |
Entwicklungszeitraum | 1970 – 1979 |
erster Start | 10.08.1979 (Fehlstart) |
Einsatzzeitraum | 1979 – 1983 |
Stufenzahl | 4 |
Gesamthöhe | ca. 23,6 m |
Basisdurchmesser | 1,00 m |
max. Nutzmasse | ca. 40 kg (400 km Kreisbahn) |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Startmasse | 17.610 kg |
Startschub | 420 kN |
1. Stufe | |
Hersteller | ISRO |
Bezeichnung(en) | |
Länge | ca. 10,0 m |
Durchmesser | 1,00 m |
Leermasse | 2.140 kg |
Treibstoffmasse | 8.660 kg |
Gesamtmasse | 10.800 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk |
Treibstoff | Feststoff PBAN |
Startschub | 420 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | |
Brenndauer | 49 s |
2. Stufe | |
Hersteller | ISRO |
Bezeichnung(en) | |
Länge | ca. 6,4 m |
Durchmesser | 0,80 m |
Leermasse | 1.750 kg |
Treibstoffmasse | 3.150 kg |
Gesamtmasse | 4.900 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk |
Treibstoff | Feststoff PBAN |
Vakuumschub | 196 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | |
Brenndauer | 40 s |
3. Stufe | |
Hersteller | ISRO |
Bezeichnung(en) | |
Länge | ca. 2,3 m |
Durchmesser | 0,82 m |
Leermasse | 440 kg |
Treibstoffmasse | 1.060 kg |
Gesamtmasse | 1.500 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk |
Treibstoff | Feststoff HEF-20 |
Vakuumschub | 64 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | |
Brenndauer | 45 s |
4. Stufe | |
Hersteller | ISRO |
Bezeichnung(en) | |
Länge | ca. 1,5 m |
Triebwerksdurchmesser | 0,66 m |
Leermasse | 98 kg |
Treibstoffmasse | 262 kN |
Gesamtmasse | 360 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk |
Treibstoff | Feststoff HEF-20 |
Vakuumschub | 30 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | |
Brenndauer | 33 s |
Nutzlastverkleidung | |
Länge über Endstufe | 2,45 m |
max. Durchmesser | 0,80 m |