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Start der Ariane-5ECA mit Intelsat 29e
Intelsat 29e in Kourou

Arianespace, deren Markenzeichen und auch viele Jahre Kern des kommerziellen Erfolgs die Fähigkeit zum Doppelstart von je zwei Satelliten auf geostationäre Transferbahnen gewesen war, geriet 2014/15 unter zunehmenden Druck, weil es sich als immer schwieriger erwies, zwei geeignete Nutzlasten für eine Mission zu finden. Zwar hatte man wenig Konkurrenz bei den schwersten Satelliten. Doch deren zunehmendes Gewicht ließ immer weniger Spielraum für den zweiten, deutlich kleineren Satelliten in der unteren Startposition. Zudem konkurrierten zahlreiche internationale Wettbewerber um Startaufträge eben für die kleineren Kommunikationssatelliten. Ja, mit der Sojus hatte man sich sogar selbst einen Rivalen nach Kourou geholt. Hatte man tatsächlich eine passende Paarung gefunden, sorgten technische Probleme mit der einen oder anderen Nutzlast immer wieder für Verzögerungen. Schließlich entschied Arianespace, in Einzelfällen auch Soloflüge mit der Ariane 5 anzubieten. Als erster profitierte davon Intelsat 29e. Seit Juli 2009 hatte die Intelsat Ltd. insgesamt neun BSS-​702MP bei Boeing Satellite Systems bestellt. Intelsat 29e war der erste, der mit der neuen EpicNG (Next-​Generation) Hochleistungs-​Kommunikationsnutzlast ausgerüstet werden sollte. Sie umfaßte 14 C-​Band, 56 Ku-​Band und einen Ka-​Band Transponder. Die EpicNG Satelliten sollten u.a. Internet-​Knoten verbinden und mobiles 3G/4G Internet unterstützen, mit Spot-​Beams kleinere Gebiete mit regionalen TV-​Angeboten versorgen, weiträumig Angeboten für die Schiffahrt oder die Luftfahrt abstrahlen und umfassende Kommunikationsangebote für Regierungsbehörden und das Militär bereitstellen. Die Ariane-5ECA brachte den Satelliten am 27.01.2016 von Kourou aus auf eine geostationäre Transferbahn (mit dank des Leistungsüberschusses sehr geringer Bahnneigung von nur 0,5°). Von dort aus manövrierte er auf einen geostationären Orbit und begann seine Drift auf die Arbeitsposition über 50° West.
Mit der Ariane VA228 feierte Arianespace den 70. erfolgreichen Start einer Ariane 5 in Folge.
Nur gut drei Jahre nach seinem Start schaffte es Intelsat 29e auf unglückliche Weise in die Schlagzeilen. Wie Intelsat S.A. zunächst mitteilte, war es am 07.04.2019 zu einem Schaden am Antriebssystem des Satelliten gekommen, der mit einem Treibstoffleck einherging und für eine Unterbrechung des Sendebetriebs sorgte. Während man noch daran arbeitete, Intelsat 29e wieder unter Kontrolle zu bekommen, brach der Kontakt am 09.04.2019 vollständig ab. Tatsächlich tauchten da aber schon Meldungen aus anderen Quellen auf, die von einer Wolke von Objekten unbekannter Natur rund um den Satelliten sprachen. Ob es sich um Trümmer oder gefrorenen Treibstoff handelte, mußte zunächst offen bleiben. Am 18.04.2019 gestand Intelsat dann ein, daß einer ihrer wichtigsten und modernsten Satelliten als Totalverlust anzusehen war. Die Umstände sprachen für ein explosives Ereignis an Bord, das keine Hoffnung mehr auf eine Kontaktaufnahme ließ. Eine kontrollierte Passivierung seiner Systeme oder gar der Einflug in einen „Friedhofsorbit“ waren unmöglich. Stattdessen begann das Satellitenwrack eine Drift mit einem halben Grad pro Tag gen Osten. Die infolge der Explosion leicht exzentrische Bahn durchschnitt dabei regelmäßig die geostationäre Bahnhöhe. Innerhalb weniger Tage kam es zu ersten Annäherungen an andere geostationäre Satelliten, deren Betreiber fortan mit einem neuen Risikofaktor leben mußten.