Ein gern und kontrovers unter Raumfahrtenthusiasten diskutiertes Thema ist der Status von Australien als Raumfahrtnation. In den 1960er Jahren symbolisierte der Status der „Raumfahrtnation“ unter den Industriestaaten der Erde eine herausragende Position. Jedenfalls in den Augen der meisten Politiker und auch aus Sicht eines Großteils der Bevölkerung. Tatsächlich verfügten damals auch nur wenige Länder über die industrielle und wissenschaftliche Basis für ein eigenes Raumfahrtprogramm. Andererseits gab es damals eine noch weitaus vielfältigere Luftfahrtindustrie, die angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewebs und eines beginnenden Konzentrationsprozesses im Raumfahrtgeschäft neue Möglichkeiten sah. Die erste Runde im Wettbewerb um den Platz der dritten Raumfahrtnation (hinter der Sowjetunion und den USA) trugen interessanterweise Frankreich und Großbritannien aus. Beides Nationen mit einem nach dem 2. Weltkrieg zerfallenden Kolonialreich und einer traditionsreichen Luftfahrtindustrie. Und Atommächte. Die Entwicklung eigener Atomwaffen beförderte natürlich auch die (militärische) Raketentechnik. Und von da an war es nur noch ein kleiner Schritt bis zu einem nationalen Raumfahrtprogramm. Wobei Frankreichs Pläne diesem Anspruch eher gerecht wurden als jene Großbritanniens. Tatsächlich hatte Frankreich die Nase mit der eigenentwickelten Diamant-A Rakete vorn. Diese brachte am 26.11.1965 von Hammaguir den Satelliten „Asterix“ A-1 auf seine Bahn. Großbritannien mußte sich sogar noch Japan und China geschlagen geben, bevor am 28.10.1971 eine Black Arrow Rakete von Woomera aus den Satelliten „Prospero” X-3 ins All befördern konnte. Immerhin konnte man aber für sich reklamieren, bereits 1962 mit US Hilfe den Satelliten Ariel 1 gestartet zu haben. Aber war man damit tatsächlich zur „Raumfahrtnation“ geworden? Oder doch erst mit dem 1967 gestarteten Ariel 3, der im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern wenigstens in Großbritannien entwickelt und gebaut worden war?
Im November 1967 bejubelte auch die australische Presse den vermeintlichen Aufstieg des Landes in den elitären Kreis der „Raumfahrtnationen“. Dabei war die Gelegenheit zum Start des ersten eigenen Satelliten den Wissenschaftlern und Ingenieuren eher unverhofft in den Schoß gefallen. 1966/67 nutzten amerikanische und britische Militärs das Testgelände Womera im australischen Outback für eine Serie von Raketentests unter dem Namen SPARTA (Special Anti-missile Research Tests Australia). Ziel war die Simulation verschiedener Typen anfliegender Spengköpfe u.a. zur Entwicklung von Raketenabwehrsystemen. Zuvor hatte Großbritannien bereits im Rahmen der Programme „Gaslight“ und „Dazzle“ Black Knight Raketen mit ähnlicher Aufgabenstellung gestartet. Bereits für diese Programme hatten die beteiligten US Dienststellen ein neues Hochleistungsradar und andere Ausrüstung, darunter Radiometer, UV-Fotometer und Spektrometer, in Woomera aufgebaut. Für SPARTA ließ die DARPA nun zehn Redstone Mittelstreckenraketen aus Lagerbeständen modifizieren. Die einst wegen ihrer Zuverlässigkeit mit dem Kosenamen „Old Reliable“ versehene Rakete hatte 1961 die ersten US-Astronauten zu ballistischen „Hüpfern“ von 15 Minuten ins All befördert. 1964 wurde sie aber aus dem militärischen Dienst zurückgezogen und mit ihrer Verschrottung begonnen. Dann erhielt der einstige Hersteller Chrysler aber den Auftrag, einige der wenigen verbliebenen Exemplare für das SPARTA Projekt aufzuarbeiten. Um realistische Bedingungen bei der Simulation des Sprengkopf-Wiedereintritts generieren zu können, mußten auf die einstufige ballistische Rakete zwei Oberstufen aufgesetzt werden. Deren letzte wurde allerdings so montiert, daß sie die Sprengkopfattrappe aus dem Gipfelpunkt der ballistischen Bahn mit hoher Geschwindigkeit zur Erde beschleunigte. Die Projektleitung lag in den Händen der TRW Systems Group. Die Oberstufen (eine „Antares“ aus dem Scout Programm und ein BE-3 Triebwerk) paßte die LTV Aerospace Corp. an. Mangel herrschte beim Bodenequipment. Teile mußte man vom Smithsonian Institute zurückholen, dem man die Gerätschaften für seine Raumfahrtausstellung geschenkt hatte.
Das SPARTA Programm begann wenig erfreulich. Ausgerechnet die sonst so zuverlässige Redstone versagte beim ersten Start am 26.11.1966. Dem Sicherheitsoffizier blieb nur, die außer Kontrolle geratene Rakete zu sprengen. Doch bei den folgenden Starts konnte sich die Rakete rehabilitieren. Die nächsten acht Starts liefen nach Plan. Alle gewünschten Ergebnisse konnten erreicht werden. Der Start der zehnten und letzten Rakete war unter diesen Umständen nicht mehr notwendig. Als sich der Erfolg abzeichnete, ergaben sich Gespräche mit den australischen Partnern, denen man die letzte Redstone überlassen wollte. Kalkulationen hatten gezeigt, daß man, vorausgesetzt auch die letzte Raketenstufe wurde in der passenden Orientierung gezündet, mit der Redstone SPARTA durchaus einen Satelliten starten konnte. Das Startteam von TRW stand bereit, sollte der Satellitenstart unmittelbar im Anschluß an die Wiedereintrittsversuche stattfinden können. Auch die NASA erklärte sich bereit, kostenlos ihr STADAN Netzwerk für die Bahnverfolgung zur Verfügung zu stellen. Die NASA überwachte auch den Bau eines Telemetriesystems für den Satelliten. TRW modifizierte das Inertiallenksystem für die neue Aufstiegsbahn. Und schließlich mußte der thermische Schutz der zweiten Raketenstufe verstärkt werden. Der Satellit selbst umschloß die dritte Stufe. Seine Instrumentierung übergab man dem Physics Department der Adelaide University. Das Weapons Research Establishment hatte mit der Universität schon viele Jahre zusammengearbeitet. Dementsprechend wurden erprobte Experimente für Höhenforschungsraketen für den WRESAT 1 genannten Satelliten modifiziert. Bereits Anfang 1967 begannen in Adelaide die Arbeiten an dem Satelliten. Professor John Henry Carver übernahm die wissenschaftliche Leitung des Projekts. Bryan Rofe vom WRE koordinierte das gesamte Programm. Mit einem Budget von nur einigen 100.000 Dollar, bereitgestellt vom Australian Research Council konnte das Unternehmen tatsächlich finanziert werden. Die Instrumentierung des Satelliten konzentrierte sich auf Untersuchungen des solare Radioflussindex und damit auf den ZUsammenhang zwischen solarer Aktivität und atmosphärischer Temperatur. Drei (andere Quellen sprechen von vier) UV Ionen-Kammern, ein Röntgenstrahlungszähler, ein Magnetometer, ein Sonnensensor, ein Ozon-Sensor und ein Lyman-alpha-Teleskop wurden in den kleinen Satelliten integriert. Zur Energieversorgung kam lediglich ein Batterieblock zum Einsatz, was natürlich die aktive Lebensdauer beschränkte. Ingenieurtechnisch interessant war auch die Lösung zum Erreichen der gewünschten Rotation. Nach Brennschluß der Redstone Grundstufe wurden die beiden Oberstufen in eine stabilisierende Rotation von ca. 2½ min–1 um die Längsachse versetzt. Die Einbaulage der Instrumente machte es aber erforderlich, daß WRESAT um die Hochachse gierte. Daher wurde ein Tanksystem mit einem Vorrat an Silikonöl eingebaut, daß die Momente tatsächlich wie gewünscht beeinflussen konnte.
Am 31.10.1967 flog die neunte Redstone SPARTA Rakete zum Abschluß des tri-nationalen Programms. Damit war die Stunde des australischen Satellitenteams gekommen. Am 28.11.1967 verhinderten technische Probleme den Start. Doch am nächsten Tag hatte das eingespielte Startteam die Schwierigkeiten überwunden. Das letzte Exemplar der Redstone SPARTA Serie hob vom LA-8 Startkomplex in Woomera ab und flog gen Norden. Während die ausgebrannte erste Stufe in der Simpson Wüste niederging, stürzte die zweite Stufe vor der australischen Nordküste in den Golf von Carpentaria. Der Satellit mit der ausgebrannten dritten Stufe erreichte wenig später die erwartete exzentrische Polarbahn zwischen rund 160 und 1.280 km Bahnhöhe. Bald darauf konnten mit internationaler Hilfe die ersten Telemetriedaten empfangen werden. Lediglich der Ozon-Sensor hatte den Start wohl nicht überstanden. Für 73 Orbits konnten Meßdaten aufgefangen werden. Dann war die Batterie erwartungsgemäß erschöpft. Im Januar 1968 verglühte der verstummte Satellit. Australien erhielt anläßlich des geglückten Starts Glückwünsche aus aller Welt. Die Presse würdigte Australien als „…die vierte Nation, die einen Satelliten vom eigenen Territorium gestartet hatte…“. Mit dieser korrekten Formulierung umging man einerseits geschickt die Frage nach der Herkunft der Trägerrakete und übertrumpfte in dieser Kategorie Großbritannien, Italien oder Kanada. Auch die wissenschaftlichen Daten der Mission waren durchaus bedeutsam, vor allem in Kombination mit den Meßwerten anderer Satelliten. Entsprechend hofften die am WRESAT Projekt beteiligten Wissenschaftler auf eine Fortführung. Nicht ohne Grund hatte man den Satelliten nicht einfach als WRESAT bezeichnet, sondern als WRESAT 1. Und die US Partner hatten auch ihre Bereitschaft signalisiert, bei Interesse einige weitere Redstone Raketen bereitzustellen. Doch so unkompliziert das Projekt bis dahin finanziert und realisiert worden war, so abrupt endete mit dem Erfolg die politische Unterstützung. Australien vermochte es nicht, auf dem WRESAT 1 Projekt aufzubauen. Auch die umfangreiche Infrastruktur in und um Woomera verfiel ab den 1970er Jahren ungenutzt.
Heute hat der Unterhalt eines eigenen Raumfahrtprogramms für das internationale Ansehen eines Landes stark an Bedeutung verloren. Startdienstleistungen werden international angeboten, Satelliten auf dem Weltmarkt gehandelt. Aufstrebende Nationen in Südmerika (Brasilien) oder Asien (Korea, Indonesien) verfolgen aber aus unterschiedlichen Gründen die Entwicklung eigener Trägerraketen. Hier spielt tatsächlich auch das nationale Prestige noch eine bedeutende Rolle. Interessanterweise wirft z.B. die südkoreanische KSLV-I Rakete dieselben Fragen auf, wie einst die Redstone SPARTA. Ihre Grundstufe stammt aus Rußland…