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Das Space Shuttle Programm (Teil II)

Hintergrundartikel

Entwicklung

Schnittzeichnung des Space ShuttleAm 15.01.1972 hatte US Präsident Richard M. Nixon in einer Rede offiziell bekanntgegeben, daß die USA als nächstes Ziel für ihr bemanntes Raumfahrtprogramm die Entwicklung eines wiederverwendbaren Raumgleiters, eine Space Shuttle, beschlossen hatten. Dessen Aufgabe sollte im regelmäßigen Pendelverkehr in den erdnahen Weltraum bestehen. Und dies zu erklärtermaßen bisher nicht erreichten niedrigen Kosten. Unerwähnt blieb, daß die NASA im Januar 1972 auch die Ergebnisse einer Studie für eine bemannte Raumstation vorgelegt bekommen hatte, die sie bei McDonnell Douglas und Nort American Rockwell in Auftrag gegeben hatte. Beide Unternehmen hatten ein ähnliches modulares Konzept ausgearbeitet, das anfangs sechs Astronauten die Gelegenheit zu Forschungen geben sollte. Die Versorgung dieser Station wäre ein logisches Ziel des Shuttle gewesen. Doch nach den Budgetproblemen, denen sich bereits die Entwicklung des Shuttle gegenüber sah, konnten nur noch die größten Optimisten auf eine Umsetzung der Raumstationspläne hoffen.
Am 13.01.1972 vergab das NASA Marshall Space Flight Center einen auf zwei Monate befristeten Studienauftrag für die Feststoffbooster des Space Shuttle. Die NASA hatte sich bis zuletzt gegen das nun unter dem Kostendiktat beschlossene Konzept des Shuttle gestemmt: ein großer Orbiter mit integrierten Triebwerken, jedoch ohne interne Treibstoffvorräte; stattdessen ein großer, nicht wiederverwendbarer, Außentank für die kryogenen Treibstoffe, auf denen der Orbiter beim Start „ritt“ und zwei große wiederverwendbare Feststoffbooster, die gemeinsam mit den Shuttle Triebwerken gezündet werden sollten und den Hauptteil des Schubs lieferten. Aerojet General, Lockheed Thiokol und UTC untersuchten nun vorgabegemäß Designs mit zwei oder vier Boostern von 120 in (3,05 m) bzw. 156 in (3,96 m) Durchmesser.
Bereits am 24.01.1972 kam ein internes NASA Dokument zu dem Schluß, daß der offiziell mit 5,5 Mrd. $ bezifferte Finanzierungsbedarf für die Entwicklung des Space Shuttle tatsächlich weitaus höher liegen würde. Demnach lag der Bedarf für den Zeitraum 1971 bis 1980 eher bei 7,37 Mrd. $. Allein für 1976 wurde ein Spitzenwert von 1,225 Mrd. $ erwartet. Wieder besseres Wissen blieb die NASA in der Öffentlichkeit aber noch für Jahre bei den ursprünglichen Annahmen. Am 15.03.1972 versicherte NASA Administrator James C. Fletcher dem Office of Management and Budget sogar, daß der Einsatz von Feststoffboostern die Entwicklungskosten auf 5,15 Mrd. $ senken würde!
Am 17.03.1972, die Studien zum Einsatz der Feststoffbooster lagen inzwischen vor, veröffentlichte die NASA eine Aufforderung zur Angebotsabgabe über Entwicklung, Test und Erprobung des kompletten Space Shuttle Systems. Eingeladen wurden Boeing, Chrysler, General Dynamics, Grumman Aerospace, Lockheed, Martin Marietta, McDonnell Douglas und North American Rockwell. Vorgegeben waren die Grundzüge des Designs, die Größe der Nutzlastbucht von 4,5×18 m und die Nutzlastkapazität für bestimmte typische Missionen. 185 km Kreisbahn bei Ostküstenstart: ≈29.545 kg. 55°, 500 km Kreisbahn zur Versorgung einer Raumstation: ≈11.365 kg. Und für erdnahe polare Bahnen bei einem Start von der Vandenberg AFB: ≈18.180 kg. Die maximale Belastung während des Starts sollte dabei 3 g nicht überschreiten, um auch wenig trainierten Experten einen Mitflug zu ermöglichen. Jeder der zu bauenden Orbiter sollte für mindestens 500 Einsätze über einen Zeitraum von wenigstens 10 Jahren ausgelegt werden. Dabei sahen die Planungen vor, 1978 mit sechs Starts zu beginnen. Für die Folgejahre wurden 15, 24, 32 und 40 Einsätze erwartet. Ab 1983 sollten schließlich kontinuierlich 60 Starts unternommen werden. Obwohl Experten schon längst die hohe Zahl von Missionen als unrealistisch kritisiert hatten, nahm die NASA sie als Grundlage für ihre Ausschreibungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
Am 15.05.1972 nahm ein 400-​köpfiges Expertenteam von NASA und USAF zur Auswertung der inzwischen vorliegenden Space Shuttle Angebote seine Arbeit auf. Jedes der Angebote wurde im Hinblick auf bis zu 1.000 Kriterien mit denen der Mitbewerber verglichen. 
SpacelabBereits im April 1972 hatte am MSFC der NASA das Sortie Can Task Team seine Arbeit aufgenommen. Seine Aufgabe war es, die Grundzüge eines Forschungslabors zu definieren, das in der Nutzlastbucht des Shuttle verstaut, regelmäßig zu Kurzzeit-​Forschungsmissionen starten sollte. Studiert wurde auch die Möglichkeit eines Research and Applications Module (RAM), das mit dem Shuttle gestartet, dann aber permanent an einer Raumstation angedockt werden sollte. Bei einem Treffen mit Vertretern der europäischen Raumfahrt im Juni 1972 schlug die NASA vor, die Entwicklung des „Sortie Lab“ den Europäern zu überlassen. Auf der selben Konferenz hatte man den überraschten Gästen mitgeteilt, daß der bisherige Plan, die Entwicklung eines „Space Tug“ nach Europa zu vergeben, verworfen worden war. Man stellte die Fähigkeiten und Finanzmöglichkeiten der ESRO für ein solches Projekt in Frage. Warum jedoch ausgerechnet die Entwicklung eines bemannten Raumlabors weniger anspruchsvoll sein sollte, blieb ungeklärt.
NASA Administrator Fletcher bestätigte am 26.07.1972 die Wahl seines Expertenteams hinsichtlich des Generalauftragnehmers für das Space Shuttle. Angenommen worden war der Vorschlag von North American Rockwell. Er hatte 603 von 1.000 möglichen Punkten erreicht, gegenüber 597 des Grumman Angebots. Unter technischen Gesichtspunkten lag Grumman, das bereits die Phase B Studien maßgeblich beeinflußt hatte, allerdings deutlich vorn. Doch North American Rockwell mit seiner größeren Erfahrung im Management von Großprojekten konnte auf diesem Gebiet eher überzeugen, was letztlich den Ausschlag gab. Der Orbiter des NAR Entwurfs basierte auf einem modifizierten MSC-​040 C Design und sollte nun sogar eine maximale Nutzlastkapazität von über 30 Tonnen bieten. Für einen Notfall in der Startphase war das Shuttle mit abwerfbaren Abort Solid Rocket Motors (ASRMs) am Heck ausgerüstet, die den Orbiter rasch aus der Gefahrenzone befördern sollten. Bei den Boostern war die 3,96 m Durchmesser Variante gewählt worden. NAR plante die Aufnahme atmosphärischer Testflüge (mit Jet-​Triebwerken) im August 1976, einen ersten (unbemannten) Start im Dezember 1977 und den ersten bemannten Orbitalflug im März 1978. Auf Basis dieses Angebots beauftragte die NASA am 09.08.1972 NAR mit der Umsetzung in vier Phasen. Bis Mitte 1974 sollte die vorläufige Entwurfsprüfung (PDR - Preliminary Design Review) der ersten beiden Orbiter abgeschlossen sein. Für das Frühjahr 1976 war die entscheidende Entwurfsprüfung (CDR - Critical Design Review) angesetzt. Die dritte Phase umfaßte den Bau von drei weiteren Orbitern und die Umrüstung der beiden Entwicklungsmuster auf deren fortgeschrittenen Flugstandard. Und vierte Phase sollte mit der Aufnahme des operativen Betriebes im zweiten Jahr der Einsätze beginnen.
Windkanal-Modell des ShuttleIm November 1972 unternahm die NASA eine vorläufige Anforderungsüberprüfung (PRR - Preliminary Requirements Review). Der Außentank war länger und schlanker geworden, während die Booster nun signifikant länger, aber auch im Durchmesser gewachsen waren. Mit je 18,46 MN Schub statt wie bisher 15,66 MN sollte jeder der Booster nun auch weitaus mehr zum Gesamt-​Startschub des Systems beitragen. Als Maßnahme zur Gewichtsreduzierung waren die ASRMs bereits gestrichen worden. Der Beginn einer langen Serie von Maßnahmen zur Reduzierung der Startmasse. Bereits im Deztember 1972 machten sich die nächsten einschneidenden Änderungen erforderlich. Die Startmasse des Orbiters (exklusive Nutzlast) wurde auf 68,18 Tonnen von zuvor 77,72 Tonnen reduziert. Damit ging einher eine Verringerung der Lande-​Nutzlast von bisher geforderten 18,18 Tonnen auf nur noch 11,36 Tonnen. Das Requirements Change Board der NASA versprach sich von diesen Maßnahmen, die insgesamt eine Verkleinerung des Orbiters bei ggleichbleibender Nutzlast bedeuteten, eine grundsätzliche Verringerung der Betriebskosten. Statt 12 Mio. $ sollte ein Flug jetzt noch 10 bis 10,5 Mio. $ kosten. Für NAR bedeuteten die geänderten Designkriterien eine Überarbeitung ihres Entwurfs. Die neue Konfiguration trug die Bezeichnung Vehicle 2 A. Sie wurde bis zum 20.01.1973 erarbeitet. Die Aerodynamik des Shuttle hatte erheblich überarbeitet werden müssen. Ursprünglich sollte der Orbiter eine Gleitzahl von 5,7 erreichen. Bereits die Vehicle 2 Konfiguration vom November 1972 mit ihrem 50° Pfeilflügel kam nur noch auf eine Gleitzahl von 5,1. Der nun gewählte Doppel-​Delta-​Flügel (45°/79° Pfeilung) erreichte nur noch eine Gleitzahl von 4,9. Damit wuchs aber auch die minimale Landegeschwindigkeit auf 308 kmh–1 , ein Zuwachs von 28 kmh–1 . Orbiter, Booster und Außentank schrumpften spürbar in ihren Abmessungen.
Am 02.04.1973 forderte die NASA Boeing, Chrysler, Martin Marietta und McDonnell Douglas zur Abgabe von Angeboten für den Shuttle Außentank auf. Auf Grundlage der vollkommen unrealistischen Flugzahlen wurden 445 Tanks angefragt, die bis 1988 zu liefern waren. Immerhin waren die Unternehmen aufgefordert, auch Zahlen auf der Basis eines Bedarfs von nur 242 Flügen bis 1988 abzugeben.
Unterzeichnung des MOU zum SpacelabMitte April 1973 kam es am Marshall Space Flight Center zu einem Treffen zwischen NASA Ingenieuren und Vertretern der ERNO und europäischer Raumfahrtunternehmen. Diskutiert wurden Eckpunkte eines Entwurf für das geplante Shuttle Forschungslabor „Sortie Lab“. Am 03. und 04.05.1973 wurden die Beratungen auf höherer Ebene in Washington fortgeführt. Schließlich wurde ein Vertrag unterzeichnet, der den Europäern die Entwicklung des „Spacelab“ im Wert von 300 bis 400 Mio. $ übertrug. Die Kosten für die Entwicklung und den Bau des ersten flugfähigen Exemplars sollte die Europäer tragen. Vier weitere Exemplare würde die NASA beschaffen. In der Realität entwickelte sich das Geschäft vollkommen anders. Zwar erlangte insbesondere die deutsche Raumfahrtindustrie, die mit VFW-​Fokker/ERNO am ausführenden MESH Konsortium beteiligt war, wertvolle Kompetenzen. Doch die Kosten stiegen auf über 1 Mrd. $. Und die NASA kaufte nur ein Spacelab für 250 Mio. $. Das erste Exemplar wurde hingegen im Austausch für Mitfluggelegenheiten europäischer Astronauten der NASA unentgeltlich überlassen.
Ende April 1973 entschied die NASA, auf das bisher vorgesehene Thrust Termination System bei den Feststoffboostern zu verzichten. Bis dahin war geplant, daß dieses im Fall einer ernsten Booster-​Fehlfunktion dem Nasenkonus der Booster absprengen sollte. Damit wäre der Schub unmittelbar zusammengebrochen, was es dem Orbiter erlauben sollte, sich vom Rest des Stacks zu lösen und eine Notlandung einzuleiten. Die strukturellen Belastungen, denen ein Orbiter bei einem solchen Manöver ausgesetzt gewesen wäre, waren jedoch enorm. Berechnungen ergaben, daß sich die notwendigen strukturellen Verstärkungen auf 8,9 Tonnen summierten. Dieses Gewicht wollte man nun sparen.
Im Laufe des April 1973 fanden neue Berechnungen Eingang in das Shuttle Design. Die Abmessungen der nunmehr als Vehicle 3 A bezeichneten Konfiguration hatten sich geringfügig geändert. Vor allem war ein neuer Doppel-​Delta-​Flügel (45°/81° Pfeilung) eingeführt worden. Damit sollte das Shuttle nun in der Lage sein, bis zu 14,55 Tonnen Nutzlast zur Erde zurückzubringen. Weitere Detailänderungen führten in den nächsten Wochen zum Vehicle 4 Design. Trotz der fortwährenden Änderungen hoffte man noch immer auf einen Erstflug im dritten Quartal 1978.
Am 18.07.1973 fragte die NASA bei Aerojet, Thiokol und UTC Angebote für einen partiell wiederverwendbaren Booster zum Einsatz mit dem Space Shuttle an. Vorgegeben war, daß die ausgebrannten Booster aus dem Meer geborgen, überprüft, neu befüllt und wieder eingesetzt werden sollten. Bis September 1979 waren die Booster für sechs Testflüge zu liefern. Ab Anfang 1978 mußte die Kapazität bestehen, neue und wiederaufgearbeitete Booster für 54 Flüge bereitzustellen. Und ab Juli 1980 mußten 385 Flüge sichergestellt werden. Bis Ende August 1973 mußten die Angebote vorliegen.
Den Auftrag zum Entwurf, Test und Bau der Shuttle-​Außentanks vergab die NASA am 16.08.1973 an den Martin Marietta Konzern. Entgegen früherer Konzepte, die noch explizit ein Retrotriebwerk an dem Tank vorsahen, sollte dieser nun im freien Fall über dem Indischen Ozean in die Atmosphäre eintreten und dort zerstört werden. Die Fertigung der Tanks sollte in der Michoud Assembly Facility der NASA in New Orleans erfolgen.
Der nächste Großauftrag, den die NASA am 20.11.1973 im Rahmen des Shuttle Programms vergab, betraf die Feststoffbooster. Hier hatte sich die Thiokol Chemical Corp. durchgesetzt. Die Vergabe wurde jedoch von der unterlegenen Lockheed Propulsion Co. angefochten, so daß der Vertrag erst am 27.06.1974 rechtswirksam wurde. Lockheed hatte die zugrundeliegenen Zahlen von Thiokol als unrealistisch angezweifelt und eine unabhängige Prüfung gefordert. Das angerufene General Accounting Office konnte aber keinen Fehler entdecken und gab die Entscheidung zurück an die NASA.
Im Februar hielt die NASA ihre PDR zum Shuttle Design ab. Grundlage war das Vehicle 5 Design. Gegenüber dem vorherigen Entwurf hatten sich dabei nur noch geringe Änderungen ergeben. Doch die Leermasse des Orbiters war trotz aller Bemühungen um Reduzierung inzwischen auf 85,4 Tonnen angewachsen. Und die berechnete Landegeschwindigkeit betrug 319 kmh–1 . Inzwischen hatte die NASA entschieden, auf die für die atmosphärische Erprobung und Überführungsflüge vorgesehenen Jet-​Triebwerke zu verzichten. Stattdessen sollten die Orbiter nun huckepack auf Modifizierten Boeing B-​747  oder Lockheed C-​5 A transportiert werden. Die Budgetentwicklung bestimmte auch eine weitere zeitliche Streckung des Programms. Atmosphärische Testflüge sollten nun erst im zweiten Quartal 1977 aufgenommen werden, der erste bemannte Flug wurde knapp zwei Jahre später erwartet.
Den Auftrag zur Entwicklung des Fallschirmsystems für die Booster erhielt die Goodyear Airospace Corp. Das Unternehmen hatte langjährige Erfahrungen auf diesem Gebiet. So hatte man bereits in den 1950er Jahren das Fallschirmsystem zur Bergung des MGM-​1 „Matador“ Marschflugkörpers entwickelt. Am 11.06.1974 demonstrierte man NASA Vertretern am Kennedy Spacer Center einen 40 m Durchmesser Schirm. Drei dieser Schirme wurden benötigt, um einen ausgebrannten Booster soweit zu verzögern, daß er den Aufprall auf der Wasseroberfläche unbeschadet überstehen konnte.

STA-099 im BauOffizieller Baubeginn des ersten Space Shuttle Orbiters war der 04.06.1974. Die Arbeiten begannen mit der Konstruktion der Mannschafts-​Kabine von Orbiter OV-​101 , der später auf den Namen „Enterprise“ getauft wurde. Von Beginn an klar war, daß dieses Shuttle ausschließlich atmosphärischen Tests dienen sollte. Zwei Jahre später gingen zwei weitere Shuttles in Bau, deren Namen auf immer besonders eng mit dem Programm verbunden werden bleiben. Dabei war OV-​099 , mi dessen Bau am 14.06.1976 begonnen worden war, ursprünglich nie für einen Raumflug vorgesehen. Vielmehr sollte dieser Orbiter als Ingenieurmodell am Boden bereitstehen. Erst später wurde entschieden, ihn flugfähig herzurichten und als „Challenger“ in Dienst zu stellen. Der erste für Weltraumeinsätze konzipierte Orbiter war OV-​102 . Sein offizieller Baubeginn war der 28.06.1976. Mit der „Columbia“ begann am 12.04.1981 dann auch tatsächlich die Ära der Shuttle Flüge.
Der erste (nicht flugtaugliche) Prototyp des Space Shuttle Main Engine (SSME) wurde offiziell am 13.03.1975 fertiggestellt. Bekannt auch als Integrated Subsystems Test Bed (ISTB) diente dieses Triebwerk der Feinabstimmung des Designs. Seinen ersten Testlauf auf minimalem Schubniveau erlebte es am 23.07.1975 auf dem A-​1  Teststand der National Space Technology Laboratories (heute John C. Stennis Space Center). Einen Monat zuvor, am 24.06.1975 war erstmals eine SSME Brennkammer für SSME Testlauf1 s gezündet worden. Während der nächsten sieben Monate wurde der Schub auf etwa 20% des projektierten Wertes gesteigert. Am 12.03.1976 wurden dann mit dem ISTB 65% des Nominalschubs bei einer Brenndauer von 42,5 s erreicht. Doch bis zur Serienreife verlief die Entwicklung nicht ohne Rückschläge. Vor allem Turbopumpenprobleme begleiteten die frühen Entwicklungsphasen. Aber auch Treibstofflecks, Vibrationen, Brände usw. blieben nicht aus. Am 16.03.1977 erreichte das Programm einen weiteren Meilenstein, als Triebwerk #0002 erfolgreich den variablen Schub demonstrierte, der eines der innovativen Features des SSME darstellte. Um die Belastungen während des Starts in genau definierten Grenzen zu halten, war das SSME ausgelegt, in einem Bereich zwischen 67 und 109% des Nominalschubs zu arbeiten. Diese Fähigkeit war nun erfolgreich nachgewiesen worden. Der kritische 24 s Prüflauf auf Teststand A-​2  des NSTL brachte die seit Mai 1975 akkumulierte Testzeit über die 3.500 s Marke. Nur wenige Tage später, am 21.03.1977 demonstrierte ein anderes Triebwerk bei einem Testlauf von 9 min erstmals eine Brenndauer, die jenseits der Zeit bis zum Erreichen eines Orbits lag. Zur Erprobung der kompletten Triebwerksanordnung war extra ein spezielles Schubgerüst, der Main Propulsion Test Article, konstruiert worden. Der beschädigter Hitzeschild der „Columbia” nach einem ÜberführungsflugBei der Auslegung des Hitzeschildes des Space Shuttle war man recht früh zu der Überzeugung gelangt, daß ein ablativer Schutz nicht in Frage kam. Tests mit neuartigen Silizium-​Werkstoffen waren jedoch vielversprechend verlaufen. Schließlich wurde ein Thermal Protection System entworfen, daß aus Tausenden individuell geformten Kacheln bestand. Sie entstanden in einem komplexen Fertigungsprozeß aus einer porösen Quarzglasfaserschicht mit einer Deckschicht aus Borsilikat. Dank einer extrem geringen Wärmeleitfähigkeit leiteten sie die Oberflächentemperatur, die beim Wiedereintritt 1.650 °C erreichen konnte, kaum an die darunterliegende Aluminium-​Titan-​Struktur des Shuttle weiter. Dazu kamen an weniger beanspruchten Flächen auch Isoliermatten und z.B. an den Flügelvorderkanten Formteile aus keramischen Faserverbundwerkstoffen. Insgesamt sieben verschiedene Materialien kamen zum Einsatz. Speziell zur Fertigung der Hitzeschutzkacheln (rund 34.000 Stück je Orbiter) eröffnete die Lockheed Missiles & Space Company Inc. am 15.09.1976 eine neue Fertigungsanlage. Während sich das Material für die Kacheln bewährte, bereitete die Befestigung anfangs größte Probleme. So gingen bereits bei Überführungsflügen zahlreiche Kacheln verloren und mußten in aufwendiger Handarbeit ersetzt werden. Zweifel, ob das TPS tatsächlich den Belastungen bei einem echten Raumflug gewachsen sein würde, trugen daher auch nicht unerheblich zu den Verzögerungen des Programms bei.
Nur 27 Monate nach Baubeginn wurde am 17.09.1976 das erste Space Shuttle aus der Rockwell Fertigungshalle in Palmdale, Kalifornien gerollt. In einer großen öffentlichen Zeremonie erhielt OV-​101  den Namen „Enterprise“. Die NASA hatte ursprünglich den Namen „Constitution“ gewählt gehabt, mußte sich aber einer vollkommen unerwarteten Kampagne von Star Trek Fans geschlagen geben. Für die „Trekkies“ kam natürlich nur ein Name in Frage. Mehr als 100.000 von ihnen schrieben ans Weiße Haus, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Die NASA konnte sich damit trösten, daß auch die „Enterprise“ in der Tradition berühmter Forschungsschiffe stand. Man machte aus der Not eine Tugend und lud u.a. Gene Roddenberry und den größten Teil der „Enterprise“ Crew zur Taufe des Raumschiffs ein.
die „Enterprise” beim StraßentransportAm 31.01.1977 wurde die „Enterprise“ auf dem Landweg von Palmdale zum Dryden Flight Research Center (Edwards AFB) überführt. Am 08.02.1977 wurde sie erstmals auf dem Rücken des Shuttle Carrier Aircraft montiert. Eine Woche später wurden erste Rollversuche unternommen. Es folgte eine Serie von Tests, die unter dem Namen Approach and Landing Test (ALT) liefen. Zunächst flog die „Enterprise“ unbemannt auf dem Rücken der umgebauten Boeing B-​747  (erstmals am 18.02.1977). Es folgten Flüge mit einer zweiköpfigen Crew im Cockpit. Im August 1977 löste sich die „Enterprise“ schließlich erstmals vom SCA und wurde von Gordon Fullerton und Fred Haise sicher zurück zur Piste des DFRC gesteuert. Mehr als 60.000 Menschen hatten sich auf der Edwards AFB versammelt, um am 12.08.1977 Zeugen dieses Ereignisses zu werden!
DM-2 TestlaufWährend die Erprobung des Orbiters bereits lief, stand der entscheidende Test einer der zentralen Komponenten des Space Transportation System noch aus. Am 18.07.1977 war es soweit. Auf dem Testgelände der Thiokol Wasatch Division nahe Brigham City in Utah wurde erstmals ein Space Shuttle Solid Rocket Booster (SRB) gezündet. Während 2 min demonstrierte DM-​1  (Demonstration Motor) den berechneten Schub von über 12,2 MN, mehr als das Doppelte der SRMs der Titan-​Rakete. Die Erprobung wurde fortgesetzt mit DM-​2  (18.01.1978), DM-​3  (19.10.1978) und DM-​4  (19.02.1979). An die Entwicklungs– schloß sich eine Qualifikationsphase an. Weitere drei Booster wurden hierzu gezündet, QM-​1  am 13.06.1979, QM-​2  am 27.09.1979 und QM-​3  am 13.02.1980.
Rollout des ersten External TankDer erste der gewaltigen Shuttle Außentanks wurde am 09.09.1977 aus der Fertigungshalle in Michoud gerollt. Der erste External Tank (ET) wog knapp über 35 Tonnen und faßte etwa 1.515 m³ Flüssigwasserstoff sowie 554 m³ Flüssigsauerstoff. Das erste (und zweite) Exemplar war noch mit einem weißen Anstrich aus Titandioxid-​Farbe versehen, der den darunter liegenden bräunlichen Isolierschaum vor der UV-​Strahlung schützen sollte. Als sich die UV-​bedingte Alterung als unproblematisch herausstellte, wurde auf diesen Anstrich verzichtet, was etwa 272 kg an Gewicht sparte. Für die Mission STS-​6  stellte Martin Marietta erstmals einen sogenannten Blick ins Innere eines External TankLightweight Tank (LWT) bereit. Strukturelle Veränderungen (weniger Stringer, geringere Wanddicke) und kraftaufnehmende Strukturen aus einer Titan-​Legierung führten zu einer auf rund 30 Tonnen verringerten Leermasse. 1998 flog erstmals ein Super Lightweight Tank (SLWT), bei dem durch den verbreiteten Einsatz einer Aluminium-​Lithium-​Legierung nochmals etwa 3.175 kg gespart werden konnten. Erst diese Massereduktion erlaubte es dem Shuttle, die Internationale Raumstation mit einer praktikablen Nutzlast anzufliegen.
die „Enterprise” im MVGVT StandIm März 1978 wurde die „Enterprise“ ins Marshall Space Flight Center überführt. Auf dem Mated Vertical Ground Vibration Test (MVGVT) Stand wurde der Orbiter einem Testprogramm unterzogen, mit dem die Belastungen während des Starts und beim Wiedereintritt in die Atmosphäre simuliert wurden. Zum Erschrecken der Ingenieure offenbarten die Tests einen Bedarf für erhebliche strukturelle Änderungen. Berechnungen zeigten, daß es mit diesen Modifikationen unsinnig war, die „Enterprise“ auf den Standard für Orbitalflüge umzurüsten, wie aus Kostengründen erwogen worden war. Stattdessen sollte nun OV-​099  entsprechend modifiziert werden.
Am 25.01.1979 gab die NASA die Namen der weiteren Space Shuttles bekannt. OV-​102  erhielt den Namen „Columbia“, OV-​099  wurde auf den Namen „Challenger“ getauft. Zwei noch zu bauende Orbiter, OV-​103  und OV-​104  hießen fortan „Discovery“ bzw. „Atlantis“. Rockwell International erhielt am 05.02.1979 den Auftrag zu Lieferung der beiden Orbiter sowie zur Umrüstung von OV-​099  auf Flugstandard. Die NASA hatte zwar Finanzmittel für insgesamt fünf Orbiter angefragt, jedoch nur die Gelder für drei und den Umbau der „Challenger“ bewilligt bekommen. 
Am 08.03.1979 verließ die „Columbia“ ihren Hangar bei Rockwell in Palmdale und wurde auf dem Rücken des SCA zum Kennedy Space Center überführt, wo sie am 25.03.1979 eintraf. Der Termin für den erstflug war mittlerweile auf den 09.11.1979 verschoben worden. Doch die Vorbereitungen für den ersten Start zogen sich länger als erwartet hin. Erst am 24.11.1980 sollte sie die Orbiter Processing Facility (OPF) verlassen, um zum Vehicle Assembly Building (VAB) überführt zu werden.
die „Enterprise” auf LC-39AIm April 1979 war auch die „Enterprise“ in Florida eingetroffen. Sie wurde mit dem zweiten Produktionsmuster des Außentanks und zwei nicht befüllten Feststoffboostern kombiniert. Mit diesem Testaufbau wurden in den folgenden Monaten zahllose Tests der Infrastruktur auf dem KSC unternommen. Am 01.05.1979 rollte so erstmals eine der für das Shuttle Programm modifizierten Mobile Launch Platforms („Crawler“) mit einem Shuttle Stack zum Startkomplex LC-​39 A. Erst am 23.07.1979 kehrte die „Enterprise“ zurück ins VAB und wurde vom Außentank abgenommen.
Am 12.06.1979 war auf einem Teststand des NSTLs erstmals ein Testlauf eines Clusters von drei SSMEs bei voller leistung unternommen worden. Geplant für eine Dauer von 8:40 min wurde er wegen eines Sensorfehlers nach nur 55 s abgebrochen. Eine Wiederholung am 02.07.1979 endete ebenfalls vorzeitig. Zwar hatte am 27.06.1979 Triebwerk #2004 mit einem Testlauf über 13:43 min die vorläufige Flugqualifikation erlangt. Der entscheidende Test stand aber noch immer aus. Angesichts dessen und wegen weiterer Probleme u.a. mit der „Columbia“ selbst entschied die NASA daher im Sommer 1979, den Termin für den ersten orbitalen Testflug auf den März 1980 zu verschieben. Doch auch dieser Termin war schon bald hinfällig. Zwar konnte am 20.07.1979 das dritte und letzte der für den Jungfernflug vorgesehenen SSMEs bei einem Prüfstandlauf seine Flugqualifikation nachweisen. Doch andere Testläufe endeten immer wieder mit Abbrüchen. Im Laufe des Jahres 1980 ereigneten sich sogar zwei Zwischenfälle, die das Design des Triebwerks grundsätzlich in Frage stellten. Am 17.12.1979 demonstrierten erstmals drei SSMEs erfolgreich einen simulierten Start. Zwei der drei Triebwerke liefen über die volle Dauer von 9:10 min, das dritte mußte hingegen 5 s vorzeitig stillgelegt werden. Schubniveaus von 90%, 80% und 70% wurden erreicht. Trotz der ungeplanten Abschaltung eines SSMEs wurde der Test als Erfolg angesehen. Der Termin für den Jungfernflug der „Columbia“ war aber nun schon auf den 30.06.1980 gerutscht. Einen Erfolg konnte das Erprobungsprogramm am 14.04.1980 verzeichnen, als SSME #2004 einen Testlauf über 10:10 min ohne Zwischenfälle hinter sich brachte. Noch bedeutender war die Tatsache, daß für 6 min dabei ein Schubniveau von 109% aufrechterhalten werden konnte. In Notsituationen und für bestimmte Missionen war die Option vorgesehen, die SSMEs auch jenseits ihres Nominalschubs zu betreiben. Die Fähigkeit, dies auch über eine ausreichend lange Zeit zu tun, war nun erstmals demonstriert worden. Bis Anfang 1981 liefen die Testläufe zur Triebwerksqualifikation weiter. Der zwölfte und finale Cluster-​Test fand am 17.01.1981 statt.
Flight Readiness FiringDie letzte Phase der Vorbereitung auf den Jungfernflug des Space Shuttle begann Ende 1980. Am 29.12.1980 rollte die MLP mit dem Shuttle Stack zum Startkomplex LC-​39 A des Kennedy Space Centers. Anfang 1981 begann eine letzte Serie von Simulationen und Funktionsprüfungen. Nach Betankungstests am 22. und 24.01.1981 entdeckten Techniker kleine Risse in der Isolierung des Außentanks. Zunächst war unklar, wie gefährlich diese waren. Die NASA beschloß aber, die betroffenen Stellen in jedem Fall auszubessern. Damit war allerdings der angestrebte Starttermin 17.03.1981 nicht mehr haltbar. Davon nicht betroffen war eine Serie komplexer Startsimulationen, die am 10.02.1981 begannen und 11 Tage andauerten. Höhepunkt war eine 20 s Triebwerkszündung der „Columbia“ SSMEs am 20.02.1981, das Flight Readiness Firing. Es waren die letzten Schritte vor dem entscheidenden Countdown Anfang April 1981. Der Rest ist Geschichte…