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Das Space Shuttle Programm (Teil III)

Hintergrundartikel

Ein Programm in Bildern

Taufe der „Enterprise“Mit dem feierlichen Rollout und der Taufe des Orbiters OV-​101 auf den Namen „Enterprise“ gewann das Space Shuttle Programm 1976 endlich an Kontouren. Mit dem Ende des Skylab Programms und nach der ASTP Mission 1975 verfügten die USA erstmals seit 1961 nicht mehr über ein bemanntes Raumfahrzeug. Zwar verbanden sich mit dem Shuttle Hoffnungen auf eine quasi permanente Präsenz im All dank Starts im Wochenabstand. Doch selbst nach optimistischen Schätzungen sollten bis dahin noch einige Jahre vergehen…

erster Freiflug der „Enterprise“Am 12.08.1977 über der Edwards AFB einen atmosphärischen Freiflug mit dem Space Shuttle Erprobungsträger „Enterprise“. Dieser Orbiter war nicht für Raumflüge ausgelegt, entsprach aber sonst weitgehend den in Bau befindlichen Orbitern „Columbia“ und „Challenger“. Seit einigen Monaten hatte man zunächst unbemannte und dann bemannte Flüge unternommen, bei denen der Orbiter auf dem Rücken des Trägerflugzeugs verankert blieb. Sowohl die Crew des Boeing B-​747SCA Trägerflugzeugs als auch die des Shuttle konnten sich so eingewöhnen und die Aerodynamik des Gesamtsystems studieren. Nach dieser Serie von „captive flights“ wurde am 12.08.1977 die „Enterprise“ erstmals ausgeklinkt. Innerhalb von 5:21 min unternahmen die Piloten Gordon Fullerton und Fred Haise dann einen Landeanflug auf die Runway 17 der EAFB. Sicher setzten sie das Shuttle dort auf und zeigten sich hinterher sehr zufrieden mit der Handhabung des „fliegenden Bügeleisens“. Der für das Erprobungsprogramm verantwortliche Manager, Ex-​Astronaut Donald Slayton gab unmittelbar darauf ebenfalls bekannt, daß auf einen der geplanten fünf Erprobungsflüge verzichtet werden könnte. Trotz der bereits eingetretenen Verzögerungen gab sich die NASA zu diesem Zeitpunkt noch immer optimistisch, den Termin für die erste orbitale Mission im März 1979(!) einhalten zu können.

die „Columbia“ nach ihrem historischen FlugDie fortwährenden Verzögerungen bei der Shuttle-​Entwicklung und Erprobung hatten erst im Frühjahr 1981 ein Ende. Die wurde auf ihren ersten Start vom Kennedy Space Center vorbereitet. Dabei ging man ein hohes Risiko ein. Nicht nur war mit dem Shuttle erstmals ein derart komplexes System zu großen Teilen im Computer berechnet und seine aerodynamischen Eigenschaften dort simuliert worden. Erstmals verfügte ein bemanntes US-​Raumfahrzeug auch nicht über ein adäquates Rettungssystem für die Besatzung. Lediglich für die ersten Testflüge sollten Katapultsitze eingebaut werden. Und auch diese boten nur während einer kurzen Flugphase im Unterschallbereich eine Überlebenschance.

Der Jungfernflug des Space Shuttle geriet für die NASA zum Triumph. Nach fast sechs Jahren Abwesenheit waren die USA ins All zurückgekehrt. Und sie verfügten fortan über ein Raumfahrzeug, von dessen technischen Möglichkeiten die Sowjetunion nur träumen konnte. Im allgemein Jubel ging dabei fast unter, daß der Flug trotz aller Simulationen beinahe mit einer Katastrophe geendet hätte. Schon beim Start waren Shuttle und Startkomplex unerwarteten dynamischen Belastungen ausgesetzt gewesen, die sowohl an LC-​39 A als auch an der „Columbia“ deutliche Schäden hinterließen. Glücklicherweise konzentrierten sich die Schäden des Hitzeschildes am Orbiter auf Bereiche, die beim Wiedereintritt nicht übermäßig beansprucht wurden. Mindestens ebenso gefährlich waren aber die Unterschiede des tatsächlichen Flugverhaltens des Orbiters im Vergleich zu den Simulationen. Mit Glück und Erfahrung meisterten die erfahrenen Testpiloten John Young und Robert Crippen aber auch diese Situation.

Payload Flight Test ArticleEines der Systeme, das das Shuttle so einzigartig und vielseitig machte, war der kanadische Manipulatorarm RMS (Remote Manipulator System), bekannter als Canadarm. Der mehr als 15 m lange Ausleger konnte von einer Konsole im hinteren Teil des Flugdecks gesteuert werden. Er konnte Frachten von bis zu 29 Tonnen Masse bewegen und konnte dank seiner sechs Freiheitsgrade auch an schwer zugänglichen Positionen außerhalb der Nutzlastbucht operieren. Das Aussetzen und Warten des Hubble Space Telescope wären ohne das RMS ebensowenig denkbar gewesen wie der Aufbau der Internationen Raumstation. Ähnlich dem europäischen (deutschen) Beitrag Spacelab war der Canadarm eines der frühen Beispiele für den Nutzen der internationalen Kooperation in der bemannten Raumfahrt.

Trümmer der „Challenger“Mit der Inbetriebnahme des zweiten Orbiters „Challenger“ konnte die NASA ab 1983 die Startfrequenz erhöhen. 1972, in der Studienphase, sahen die Planungen vor, 1978 den Flugbetrieb mit sechs Starts aufzunehmen. Für die Folgejahre wurden 15, 24, 32 und 40 Einsätze erwartet. Ab 1983 sollten schließlich kontinuierlich 60(!) Starts unternommen werden. Als die „Challenger“ am 04.04.1983 zu ihrer ersten Mission abhob, war schon klar erkennbar, daß dieses Ziel illusorisch war. Dennoch veröffentlichte die NASA Ende Dezember 1985 ein Start Manifest, das nicht weniger als 15 Shuttle Starts mit vier Orbitern in den kommenden 12 Monaten auswies. Darunter zwei Missionen von der Vandenberg AFB. Und so stand das Programm Anfang 1986 unter einem noch nie dagewesenen Zeit– und Erfolgsdruck. Das Militär forderte, endlich mit dem Shuttle die geplanten Geheimmissionen auf polare Bahnen fliegen zu können. Die in– und ausländischen Wissenschaftler drängten auf die vereinbarten Starts zeitkritischer wissenschaftlicher Missionen innerhalb der vorgegebenen Zeitfenster. Und das NASA Management wollte ebenso wie die zahlenden Kunden endlich Erfolge beim Transport kommerzieller Nutzlasten sehen. Das führte zu der Situation, daß z.B. im Mai 1986 im Abstand von nur fünf Tagen die Raumfähren „Challenger“ und „Atlantis“ starten sollten, um die Raumsonden „Ulysses“ und „Galileo“ rechtzeitig auf ihre mehrjährigen Missionen zu schicken. Trotz warnender Stimmen wurden offenkundige Risiken verdrängt, um die ehrgeizigen Pläne nicht zu gefährden. Doch schon der zweite Start des Jahres 1986, der 25. des Space Shuttle Programms, endete in einer Katastrophe. Bei Temperaturen um 0 °C wurde der Start der „Challenger“ freigegeben, obwohl bekannt war, daß die Dichtungen zwischen den einzelnen Segmenten der Feststoffbooster bei diesen Bedingungen an Elastizität verloren. 86 s nach dem Start wurde die „Challenger“ bei mehrfacher Schallgeschwindigkeit zerrissen, nachdem heiße Gase aus einer defekten Booster-​Dichtung ausgetreten waren und die Struktur des Shuttle-​Stacks geschwächt hatten. Sieben Astronauten verloren ihr Leben, darunter mit Christa McAuliffe eine Lehrerin, deren Mitflug die Öffnung des Shuttle Programms für weitere Kreise außerhalb des Astronautencorps symbolisieren sollte.

Aussetzen von Syncom-IV F-5Wenig Fortune hatte die NASA mit dem Einsatz des Shuttle als Transporter kommerzieller Kommunikationssatelliten. Nach nur wenigen Starts waren die Kosten des Shuttle Programms bereits regelrecht explodiert. Außerdem erwies sich die Startvorbereitung für jede einzelne Mission als ungleich langwieriger, als ursprünglich kalkuliert. Die Vorstellung, mit Dutzenden Starts innerhalb eines Jahres die Kosten auf ein sensationell niedriges Niveau senken zu können, hatte sich als Illusion erwiesen. Ja, die Realität begann, das Gegenteil zu zeigen. Dennoch unternahm die NASA eine Reihe von Shuttle Starts, die mehr oder weniger ausschließlich dem Transport von Kommunikationssatelliten dienten. Doch gleich mehrfach erreichten die aus dem Shuttle ausgesetzten Satelliten nicht ihren Zielorbit. Diese Pannen waren zwar nicht unmittelbar darauf zurückzuführen, daß ihr Start nicht mit einer konventionellen Rakete erfolgt war. Doch demonstrierte Mitte der 1980er Jahre gerade die europäische Ariane Rakete, daß herkömmliche „Wegwerfraketen“ weiterhin eine ernstzunehmende Konkurrenz auf diesem Gebiet darstellten.

For SaleWährend der Transport der Satelliten auf ihre Bahnen nicht immer erfolgreich verlief, bewährte sich das Shuttle als „Pannenhelfer“ bei im niedrigen Erdorbit gestrandeten Satelliten. Einige wurden geborgen, in der Nutzlastbucht zur Erde zurückgebracht, dort aufgearbeitet und erfolgreich neu gestartet. Andere wurden in der Umlaufbahn mit einer neuen Kickstufe versehen und dann auf ihre Synchronbahn angehoben. Damit erfüllte das Shuttle außerplanmäßig an diversen kommerziellen Nutzlasten eine Aufgabe, für die es scheinbar schon immer prädestiniert gewesen war: die Wartung von Satelliten im All. Ursprünglich hatte die NASA erwartet, ab den 1980er Jahren eine Vielzahl von Satelliten im Einsatz zu sehen, die konstruktiv bereits für eine solche Wartung ausgelegt waren. Tatsächlich erwies sich aber auch dieses Konzept als Fehlschlag. Denn in der Praxis wogen die Einschränkungen, die das neuartige Buskonzept mit sich brachte, den Vorteil der Wartbarkeit auf. Und so wurde lediglich ein Satellit, SMM („Solar Max“), tatsächlich vom Space Shuttle gewartet. Beim technisch auf eine Wartung vorbereiteten Landsat Satelliten unterblieb diese. Und danach wurde die Idee nicht mehr weiter verfolgt.

erste Hubble Wartungsmission 1993Ohne das Space Shuttle wäre ein anderes Raumfahrtgroßprojekt nicht denkbar gewesen. Der Start des Hubble Space Telescope im April 1990 war eine der frühesten Missionen, die fest für das Shuttle gebucht waren. Abmessungen und Masse des HST waren auf das Shuttle zugeschnitten und ließen praktisch auch keine Alternativen zu. Zudem bot das Shuttle einen verleichsweise „sanften“ Start für das empfindliche Teleskop. Doch die große Stunde des Shuttle sollte erst nach dem Aussetzen des HST folgen. Denn bei dessen Inbetriebnahme zeigte sich, daß dessen Optik wegen eines Fertigungsfehlers einer Korrektur bedurfte. Zum Glück war das HST von Anfang an für die Wartung durch das Space Shuttle konzipiert gewesen. Im Dezember 1993 erhielt das HST bei einer Servicemission durch die „Endeavour“ nicht nur die Korrekturoptik COSTAR, sondern auch weitere neue Instrumente und Systeme. Weitere Wartungsmissionen folgten 1997, 1999, 2002 und 2009. Über zwei Jahrzehnte wurde damit nicht nur die Leistungsfähigkeit des HST erhalten, sondern sogar noch weiter gesteigert. Doch die extrem komplexen Missionen waren auch mit Risiken für die Crew verbunden, die spätestens nach dem Verlust eines zweiten Orbiters, der „Columbia“ im Februar 2003, das NASA Management nicht mehr akzeptieren wollte.

Bruce McCandless mit der MMUTrotz der Erfahrungen, die die USA im Gemini-​, Apollo– und Skylab-​Programm hinsichtlich von Außenbordmanövern gesammelt hatten, galt es in den 1980er Jahren einiges gegenüber der Sowjetunion aufzuholen. Dort hatte man sich seit Anfang der 1970er Jahre auf den Betrieb von Raumstationen konzentriert. Damit verbunden gewesen war auch die Notwendigkeit, hin und wieder Außenbordmanöver zu unternehmen. Seltener, um Experimente auszutauschen. Eher ungeplant hatte man einen erheblichen Erfahrungsschatz aufbauen können hinsichtlich der Wartung und Reparatur von Bordsystemen. Einige der Kosmonauten hatten sich umfangreiche Kenntnisse auf diesem Gebiet erarbeitet. Und auch die Trainingsmethoden trugen dem mittlerweile Rechnung. Der NASA war klar, daß das Shuttle seine Aufgaben nur erfüllen konnte, wenn Missionsspezialisten für geplante und ungeplante Außenbordmanöver bereit standen. Und so wurde nicht nur ein neuer Raumanzug für das Space Shuttle Programm entwickelt. Mit der Manned Maneuvering Unit wurde zudem die Idee eines Raketenrucksacks zur Serienreife gebracht, die seit den 1960er Jahren immer wieder aufgebracht worden war. Die MMU erlaubte es einem Astronauten sich autonom außerhalb eines Raumschiffs zu bewegen. Sie verfügte über ein eigenes Lebenserhaltungssystem und ein Druckgas-​System für den Antrieb. Die redundante Auslegung aller lebenswichtigen Systeme sollte es erlauben, die MMU ohne Sicherungsleine zu betreiben. Das demonstrierte im Februar 1984 erstmals Bruce McCandless, der sich rund 100 m von der „Challenger“ entfernte. Letztlich erwiesen sich aber auch die MMUs als zu komplex, zu teuer und zu umständlich in der Handhabung. Nach nur drei Einsätzen verzichtete die NASA auf dieses System.

ACCESSAls die Idee des Space Shuttle in den späten 1960er Jahren an Kontouren gewann, war eines der erklärten Ziele des Projekts der Aufbau und die Versorgung einer Raumstation. Das Budget der NASA ließ jedoch zunächst nur den Aufbau einer Shuttle Flotte zu. Der Traum von einer Raumstation mußte zurückgestellt werden. Doch 1984 kam Hoffnung auf, als US Präsident Ronald Reagan in einer Ansprache zur Lage der Union den Aufbau der Raumstation „Freedom“ zur nationalen Aufgabe erhob. Ausreichende finanzielle Mittel blieben zwar zunächst aus, doch konnten eine Reihe von kobkreten Studien erstellt werden. Und die großen Raumfahrtkonzerne bauten bereits die Attrappen einiger Module. Bei der NASA ging man zunächst davon aus, große Teile der Raumstation aus kleineren vorgefertigten Baugruppen in der Umlaufbahn zu montieren. Auch die errechnete Zahl von Hunderten Außenbordmanövern schreckte zunächst nicht ab. Zu einem Umdenken trug schließlich u.a. das EASE/ACCESS Experiment während der STS-​61 B Mission bei. Die Astronauten Jerry Ross und Sherwood Spring montierten dabei aus zwei Sätzen von Aluminiumrohren die Tetraederstruktur EASE (Experimental Assembly of Structures in EVA) und den Gittermasten ACCESS (Assembly Concept for Construction of Erectable Space Structures). Dank einer guten Trainingsvorbereitung in Houston gingen die Arbeiten erstaunlich reibungslos vonstatten. Dennoch zeigte die gründliche Auswertung des Experiments, daß die Montage einer Raumstation aus großen Modulen und ihre Ausrüstung mit Equipment während zusätzlicher EVAs wohl der bessere Weg war. Die Erfahrungen beim Aufbau der ISS sollten dies letztlich bestätigen.

Ulf Merbold während der Spacelab-1 MissionUm während der vergleichsweise kurzen Space Shuttle Missionen wissenschaftliche Forschungen in größerem Umfang betreiben zu können, war bereits in der Designphase des STS die Idee eines Raumlabors entstanden, das in der Nutzlastbucht des Shuttle untergebracht werden sollte. Unter deutscher Führung entstand daraus der europäische Beitrag zum Shuttle Programm, das Spacelab. Gebaut wurden mehrere Flugeinheiten des druckbeaufschlagten Forschungslabors sowie eine Reihe von offenene Paletten, auf denen Instrumente und Apparaturen montiert werden konnten. Zwar bewährte sich das Spacelab als ein vielseitiges Raumlabor bei einer Reihe spezialisierter Forschungsmissionen. Hohe Kosten und die aufwendige Vorbereitung der Missionen trugen aber neben dem Kompetenzgerangel zwischen den europäischen und amerikanischen Partnern dazu bei, daß nur wenige Flüge absolviert wurden. 

Bergung der LDEFGroße Hoffnungen hatte man nicht nur bei der NASA mit dem Einsatz von freifliegenden Forschungsplattformen verbunden, die vom Shuttle gestartet, gewartet und schließlich zur Erde zurückgebracht werden sollten. Vor allem für Mikrogravitationsexperimente und Langzeituntersuchungen auf dem Gebiet der Materialforschung bot sich diese Variante an. Das Beispiel der Long Duration Exposure Facility verdeutlichte aber auch die Schwächen des Konzepts. Gestartet im April 1984 sollte die LDEF eigentlich nach zehn Monaten wieder geborgen werden. Durch die fortwährenden Terminverschiebungen innerhalb des Shuttle Programms verzögerte sich ihre Rückholung aber auf das Jahr 1986. Die „Challenger“ Katastrophe ließ dann jedoch die Bergung endgültig in weite Ferne rücken. Erst im Januar 1990, nach fast sechs Jahren Flug, wurde die LDEF von der „Columbia“ angeflogen und geborgen. Zweifelsohne lieferte die Mission interessante und wertvolle Erkenntnisse zum Verhalten bestimmter Materialien unter Weltraumbedingungen. Doch die Nichtverfügbarkeit des Shuttle über einen derart langen Zeitraum hatte andere Experimente vollkommen ruiniert. Wie die NASA hatten auch die europäische ESA und die japanische NASDA große Hoffnungen auf freifliegende Forschungsplattformen gesetzt. Sowohl EURECA (European Retrievable Carrier) als auch SFU (Space Flyer Unit) waren an sich sehr erfolgreich, demonstrierten aber auch die Abhängigkeit vom Space Shuttle, dessen Starts sich fortlaufend verspäteten.

SPAS-01Speziell für wissenschaftliche Forschungen war in Deutschland eine andere freifliegende Plattform entwickelt worden, der Shuttle Palette Satellite (SPAS). Dieser sollte lediglich während einer Shuttle Mission autonom operieren und vom selben Orbiter geborgen werden, der ihn auch ausgesetzt hatte. SPAS wurde insbesondere für astronomische Forschungen genutzt und konnte mit verschiedenen Teleskopen etc. ausgerüstet werden. Aber auch materialwissenschaftliche Experimente und Versuche zur Erderkundung wurden unternommen. Diese verliefen so erfolgreich, daß man beim Hersteller MBB (später Daimler Chrysler Aerospace bzw. DASA) begann, über eine kommerzielle Nutzung nachzudenken. Die erste Applikation sah man darin, den ebenfalls bei MBB entwickelten Modular Optoelectronic Multispectral Scanner (MOMS) in einen SPAS zu integrieren. Die bei der SPARX Mission gewonnenen Erderkundungsdaten sollten international kommerziell vermarktet werden. Doch der Land Remote Sensing Commercialization Act von 1984, der den USA praktisch die uneingeschränkte kommerzielle Nutzung aller mit Hilfe von US Raumfahrzeugen gewonnenen Erderkundungsdaten einräumte, ließ das Projekt scheitern und zerstörte das Vertrauen der internationalen Partner.

SRTMSchließlich wurde das Space Shuttle noch als Plattform für eine Reihe teils sehr innovativer Experimente genutzt. So wurden Versuche mit dem gefesselten Satelliten TSS (Tethered Satellite System) unternommen, der an einer 20 km langen Trosse hängend, abgespult werden sollte. Oder aber die Shuttle Radar Topography Mission. Bei dieser wurde ein Gittermastausleger aus der Nutzlastbucht der „Endeavour“ ausgefahren, an dem ein italienisches X-​SAR Radar montiert war. Gemeinsam mit dem SIR-​C C-​Band Radar der NASA lieferte dieses während der SRTM äußerst präzise Radardaten eines großen Teils der Erdoberfläche. Die Daten begeisterten die Wissenschaftler. Doch schon wenige Jahre später lieferten kommerzielle Radarsatelliten umfassendere Daten bei geringeren Kosten und über einen längeren Zeitraum. Der Aufwand für die dedizierte Shuttle Mission stand letztlich in keinem Verhältnis zum Aufwand.

MPLM LeonardoAb 1994 flog das Shuttle im Rahmen des Shuttle-​Mir Programms zunächst die russische Raumstation Mir an, später auch die Internationale Raumstation. Beschränkten sich die Flüge zur Mir auf den Austausch von Besatzungsmitgliedern und den Transport von Versorgungsgütern, spielte das Shuttle eine entscheidende Rolle beim Aufbau der ISS. Es brachte zentrale Konstruktionselemente und ganze Raumstationsmodule zur ISS, lieferte Versorgungsgüter, Ersatzteile und half beim Crewaustausch. Vor allem die Fähigkeit, sperrige Bauteile zu transportieren, machte das Shuttle unentbehrlich. Im Zusammenspiel mit dem RMS, speziellen Frachtcontainern und einer Vielzahl weiterer Lösungen erwies sich das Shuttle nun tatsächlich als ein enorm vielseitiges Raumschiff mit schier unbegrenzten Möglichkeiten. Doch der Verlust der „Columbia“ bei einer der wenigen Missionen, die nicht dem Auf– und Ausbau der ISS dienten, machte im Februar 2003 nochmals die nicht behebbaren Sicherheitsdefizite des Shuttle Designs deutlich. Das Shuttle-​Programm erhielt lediglich noch eine Gnadenfrist bist zur Fertigstellung der ISS. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges kam somit auch das Ende. Im Juli 2011 absolvierte diese unglaubliche Flugmaschine ihren letzten Einsatz. Ihre Außerdienststellung hinterließ eine gewaltige, nur schwer zu füllende, Lücke. Und noch immer träumen weltweit Ingenieure davon, ein wiederverwendbares Raumschiff zu schaffen, das Raumfahrt zur Routine machen und die Kosten drastisch senken kann…