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Discoverer Satellite 1(2)
Anfang der 1950er Jahre wurden in den USA erste Untersuchungen bezüglich des Einsatzes von Satelliten für Aufklärungszwecke angestellt. Am 01.03.1954 veröffentlichte die RAND Corp. ihre Studie, die zwei Monate später zum Projekt 1115 (PIED PIPER) führte, welches schließlich die offene Bezeichnung WS-​117 L erhielt. Daraufhin gab die USAF am 16.03.1955 den Anforderungskatalog No. 80 heraus. Und am 29.10.1956 erhielt die Firma Lockheed den Entwicklungsauftrag für das Satellitensystem, bei dem sowohl Varianten mit Kapselrückführung als auch mit Funkübertragung der Bilder und mit IR-​Sensoren enthalten waren. Aus dem WS-​117 L war mittlerweile das klassifizierte Programm SENTRY geworden. Verwirklicht wurden aber nur die Serien CORONA, MIDAS und SAMOS. Langfristig sollte ein anspruchsvolles Foto­aufklärungs­satelliten­programm durch die USAF umgesetzt werden. Bis zu dessen Einführung wurde aber zunächst ein Interimsprogramm von USAF und CIA gestartet. Das geheime CORONA Projekt erhielt schließlich die offene Bezeichnung „Discoverer“ und wurde mit der Cover-​Story versehen, wonach es sich um ein technologisches Programm handelte. Einige biomedizinische Flüge unter den ersten Missionen sollten helfen, die eigentliche Aufgabenstellung zu verschleiern. Denn in den USA der 1950er Jahre war man entsetzt, wie schnell die Sowjetunion das Kernwaffenmonopol gebrochen und mit der Produktion weitreichender Trägersysteme (Flugzeuge und Raketen) begonnen hatte. Niemand hatte aber eine klare Vorstellung davon, über wieviele einsatzbereite Waffensysteme die Sowjetunion tatsächlich verfügte. Auf dem Weg der klassischen Spionage hatte man nur wenige vertrauenswürdige Informationen erhalten. Der Einsatz von kamerabestückten Ballons hatte sich nicht bewährt. Erst die Flüge der U-​2  Höhenaufklärer verbesserten die Situation. Doch konnten diese immer nur einen kleinen Bereich des riesigen Landes aufklären. Und schon die ersten Flüge offenbarten die sowjetischen Bemühungen, mit Höhenjägern und Luftabwehrraketen diese Art der Aufklärung zu unterbinden. Auf Dauer konnten nur Satelliten Abhilfe schaffen.
Der erste Countdown zum Start eines CORONA Fotoaufklärungssatelliten endete am 21.01.1959 nach Abbruch des Countdowns nur 60 min vor dem geplanten Starttermin in einer Beinahe-​Katastrophe. Als das Hydraulik-​System der Agena Stufe zu Testzwecken unter Strom gesetzt wurde, begann eine Serie von Ereignissen, die erst im Flug hätten stattfinden sollen. Die Sprengbolzen zwischen den Stufen der Thor-​DM18 Agena-​A zündeten und ebenso die kleinen Feststofftriebwerke an der Agena, die eigentlich den Anpreßdruck im Treibstoffsystem für eine sichere Triebwerkszündung im All erzeugen sollten. Nur die Nutzlastverkleidung verhinderte, daß die Agena, die eine mit Sensoren bestückte experimentelle Discoverer Nutzlast trug, auf die Rampe stürzte. Doch die Schäden waren erheblich. Trotz Geheimhaltung wurden Gerüchte über den Zwischenfall laut und jahrzehntelang hielten sich Berichte, wonach am 21.01.1959 der Start eines Satelliten gescheitert sei, die USAF dies jedoch verheimlichte. Tatsächlich konnte die in den Zwischenfall involvierte Thor nach einer umfassenden Überholung anderthalb Jahre später sogar noch gestartet werden, während die Agena nur noch für den Schrott taugte.