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Start von MA-1
Nach dem Testflug einer Mercury-​Attrappe unter der Bezeichnung „Big Joe“ stand im Sommer 1960 der erste Testflug einer echten Mercury Kapsel an der Spitze einer Atlas-​D Rakete an. Ziel des Unternehmens war es, die Kombination Atlas - Kapsel in ihrer Gesamtheit zu testen. Geplant war ein ballistischer Flug, der das aerodynamische Verhalten und die Auslegung des Hitzeschildes der Kapsel bestätigen sowie die sichere Funktion des Fallschirmsystems etc. nachweisen sollte. Auch die strukturelle Integrität der Übergangssektion von der Rakete zur Kapsel sollte überprüft werden. Am 23.05.1960 kam die Kapsel #4 auf Cape Canaveral an und wurde in den folgenden Wochen für den Flug ausgerüstet. 50 Temperatursensoren und zahlreiche weitere Meßwertgeber gehörten ebenso zur Instrumentierung wie zwei Bandaufzeichnungsgeräte und zwei Kameras. Am 29.07.1960 hob die Atlas-​LV3 B Mercury Rakete schließlich von LC-​14  auf Cape Canaveral zur Mission MA-​1  ab. Zunächst sah alles nach einem normalen Flug aus. Doch nach 58,99 s brach jeglicher Funkkontakt zur Rakete ab. Was sich genau abspielte, konnte nie geklärt werden, da eine dichte Wolkendecke und Regen jeden Sichtkontakt auf die Rakete verhinderten. Möglicherweise explodierte die Atlas oder es gab einen strukturellen Fehler in der Übergangssektion zur Kapsel. Letzte Telemetriedaten zeigten, daß es bei T+57,6 s zu einer Erschütterung gekommen war, der eine Beschleunigung der Kapsel in Flugrichtung mit 22 g und eine Abbremsung der Atlas mit etwa 2 g folgte. Jedenfalls stürzte die Mercury Kapsel mit den Resten der Rakete rund 9,5 km vor der Küste ins Meer. Das Unternehmen war ein totaler Fehlschlag. Schlimmer war aber noch, daß die Ursache nicht geklärt werden konnte. Eine eingeleitete Untersuchung brachte auch nichts neues zutage, obwohl dafür zahlreiche Trümmer aus dem Meer geborgen und Teile der Rakete sowie fast die komplette Kapsel rekonstruiert worden waren. Dafür versagte im Dezember wieder eine Atlas der NASA, diesmal beim Start einer Raumsonde. Das ließ Zweifel an der Zuverlässigkeit der Atlas insgesamt aufkommen. Zumal in beiden Fällen eine mögliche Erklärung im strukturellen Versagen der Rakete im Bereich des oberen Sauerstofftankdoms bestand. Doch letztlich entschied man sich, auch weiterhin auf die Atlas zu vertrauen. Allerdings gab es zu dieser Zeit auch keine echte Alternative.