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die startbereite Atlas-LV3 Agena-A mit SAMOS I
SAMOS I bei der Startvorbereitung
Anfang der 1950er Jahre wurden in den USA erste Untersuchungen bezüglich des Einsatzes von Satelliten für Aufklärungszwecke angestellt. Am 01.03.1954 veröffentlichte die RAND Corp. ihre Studie, die zwei Monate später zum Projekt 1115 (PIED PIPER) führte, welches dann die offene Bezeichnung WS-​117 L erhielt. Am 16.03.1955 gab die USAF den Anforderungskatalog No. 80 heraus. Schließlich erhielt die Firma Lockheed am 29.10.1956 den Entwicklungsauftrag für das Satellitensystem, bei dem sowohl Varianten mit Kapselrückführung als auch mit Funkübertragung der Bilder und mit IR-​Sensoren enthalten waren. Aus dem WS-​117 L war mittlerweile das klassifizierte Programm SENTRY geworden. Verwirklicht wurden davon die Serien CORONA („Discoverer“), MIDAS und SAMOS.
Unter der Bezeichnung SAMOS I (der Codename geht übrigens ursprünglich auf die gleichnamige griechische Insel zurück und ist nicht, wie häufig publiziert, die Abkürzung für Satellite and Missile Observation System) wurde am 11.10.1960 der erste Startversuch mit einem Fotoaufklärungssatelliten unternommen, der im Gegensatz zu den Discoverer Satelliten die Aufnahmen auf funktechnischem Weg zur Erde übertragen sollte. Auf dieses Verfahren setzten zahlreiche Programmverantwortliche große Hoffnungen, insbesondere nachdem die Kapselrückführung bei den Discoverer Satelliten immer wieder fehlgeschlagen war. Neben der fotografischen E-​1  Nutzlast war ein F-​1  (Ferret) Subsystem zur funkelektronischen Aufklärung mit der Kameranutzlast kombiniert worden. Konkret sah das so aus, daß die Agena im Orbit mit der „Nase“ zur Erde orientiert werden sollte. Die TV-​Kamera der E-​1  Nutzlast hätte durch ein Loch in der S-​Band Horn-​Antenne der F-​1  Nutzlast hindurch die Aufnahmen gewinnen müssen. Da das den Blickwinkel drastisch einschränkte, sollte die F-​1 Nutzlast während des 21. Erdumlaufs (wenn deren Batterien erschöpft waren) abgetrennt werden. Dieser Kompromiß war auf Anforderung der ARPA (Advanced Research Projects Agency) ausgearbeitet worden, die auf Kosteneinsparungen gedrängt hatte. Das F-​1  System (rückwirkend 698BK I genannt) war in vieler Hinsicht einmalig in der US Raumfahrt. Das Entwicklungsteam der Airborne Instrument Labs hatte bei seinem Entwurf auf ein bereits Ende der 1940er Jahre zum Einsatz auf Flugzeugen entwickeltes System zurückgegriffen. Der Einsatz von Elektronenröhren und motorbetriebenen „Kämmen“ zur Frequenzumschaltung wich schnell modernerer Halbleitertechnik. Auch die überwachten Frequenzen im S– und X-​Band, 2 bis 4 GHz und 8 bis 10 GHz (in einigen Quellen leicht abweichende Angaben), waren eher auf Radarsysteme aus den 1940er Jahren abgestimmt, als auf neuere Entwicklungen.
Der erste Start einer Atlas-​LV3 Agena-​A von der Vandenberg AFB mißlang jedoch, weil die Agena-​Stufe beim Start beschädigt worden war. Dabei hatte der Start für die zahlreich anwesenden Pressevertreter zunächst noch vollkommen normal ausgesehen. Wegen eines Montagefehlers der Bodenmannschaften bei den Startvorbereitungen hatte sich jedoch eine Versorgungsleitung nicht sauber gelöst. Die aufsteigende Rakete riß daher die Tankzuleitungen mit sich. Während des Aufstiegs strömte nun der gesamte Stickstoffvorrat des Lageregelungssystems aus den beschädigten Tanks der Agena. Die unstabilisierte Oberstufe zündete in falscher räumlicher Lage und stürzte mit der Nutzlast nach etwa 10 min in den Pazifik.