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Verabschiedung von W. Bykowski durch S. P. Koroljow
Waleri Bykowski mit „Dreitagebart“ (die Aufnahme entstand vermutlich direkt im Anschluß an seinen Wostok 5 Flug)

Der Start von Wostok 5 war der Auftakt für eine weitere propagandistisch angelegte Raumfahrtmission der Sowjetunion. Unter dem Druck der amerikanischen Entwicklungen auf dem Raumfahrtsektor mußte ein neuer Erfolg die Führungsrolle der Sowjetunion auf diesem Gebiet demonstrieren. Doch das Spektrum der Möglichkeiten der Wostok Kapsel war (ähnlich wie bei der amerikanischen Mercury) inzwischen eigentlich ausgeschöpft. Somit mußte man sich noch mehr als bisher auf eine Mission mit hohem Schauwert verlegen — den ersten Raumflug einer Frau im Rahmen einer Doppelmission wie 1962 mit Wostok 3 und 4.. Eine ungewöhnlich heftige solare Aktivität und verschiedene technische Probleme hatten den Flug von Waleri Bykowski, der als erster starten sollte, jedoch seit dem 10.06.1963 immer wieder verzögert. Nach einer letzten Verschiebung um einen Tag wegen schlechten Wetters und einem mehrstündigen Halt des Countdowns wegen einer Anomalie am Energieversorgungssystem erfolgte dann am 14.06.1963 um 11:59 UTC der Start zu einem auf 8 Tage angelegten Flug (zwei Tage zuvor hatte NASA Direktor James E. Webb offiziell bekanntgegeben, daß es keinen 10 Tage Flug einer Mercury Kapsel geben würde). Während des Countdowns war es mehrfach zu technischen Problemen mit der Trägerrakte bzw. dem Wostok-​Raumschiff gekommen. Ein defektes Gyroskop in der dritten Raketenstufen konnte gerade noch rechtzeitig getauscht und getestet werden, bevor sich das Startfenster schloß. Unmittelbar nach dem Erreichen der Umlaufbahn wurde den sowjetischen Technikern aber klar, daß eines der Missionsziele, das Aufstellen eines neuen Flugzeitrekords, kaum zu realisieren war. Die erreichte Bahnhöhe war wegen Problemen mit der Wostok 8K72 K Rakete zu gering ausgefallen und sank aufgrund der noch immer heftigen Sonnenaktivität rasch weiter. Die Temperatur im Versorgungsmodul stieg dafür langsam aber stetig an und würde in absehbarer Zeit kritische Werte erreichen. Dennoch wurde beschlossen, das geplante Programm verkürzt durchzuführen. Nach Berechnungen der Wissenschaftler standen 5 bis 6 Tage bis zum Wiedereintritt zur Verfügung. Das reichte, um den zweiten Gruppenflug zweier bemannter Wostok Kapseln zu realisieren. Am 16.06.1963 startete Wostok 6 — an Bord die Kosmonautin Walentina Tereschkowa. Damit war das primäre Ziel der Mission, über das zuvor mangels offizieller Verlautbarungen heftig spekuliert worden war, klar. Obwohl die Bedingungen in Wostok 5 wegen eines Defekts am Toilettensystem ziemlich unkomfortabel waren und auch die Klimatisierung Probleme bereitete, führte Bykowski sein Erprobungsprogramm, zu dem insbesondere auch das Fotografieren irdischer und kosmischer Objekte gehörte, planmäßig durch. Doch bestätigte sich der vorzeitige Wiedereintritt des Raumschiffs aufgrund der starken solaren Aktivität. Die geplanten acht Tage waren nicht zu erreichen. Daher wurde die Landung für den 19.06.1963 geplant. An diesem Tag kehrte zunächst Tereschkowa mit Wostok 6 zur Erde zurück. Als deren sichere Landung nach einer Phase der Unsicherheit endlich bestätigt war, erhielt auch Bykowski den Auftrag, sich auf die Rückkehr zur Erde vorzubereiten. Der Wiedereintritt des Raumschiffs in die Atmosphäre gestaltete sich wieder einmal außerplanmäßig. Wie schon bei früheren Wostok Missionen trennte sich das Service Modul nicht sauber von der Landesektion ab. Damit trat das noch mit einigen Spannbändern verbundene System wild taumelnd in die Atmosphäre ein. Die Spannbänder verbrannten jedoch rechtzeitig und die Kapsel stabilisierte sich schließlich doch noch. Mit der sicheren Landung am 19.06.1963 um 11:06 UTC nach 119:06 h (entsprechend knapp unter fünf Tagen) endete der bis heute längste Solo-​Raumflug eines Menschen. Allerdings mit erheblicher Abweichung vom geplanten Zielgebiet — 194 km südwestlich von Petropawlowsk. Genauer gesagt auf einem Feld der kasachischen Sowchose „Pereleski“ im Rajon Denisow. Mit Hilfe zweier Mechanisatoren legte Bykowski seinen Raumanzug ab und machte sich auf den Fußmarsch zur Verwaltung der Sowchose, als der erste Hubschrauber vor Ort eintraf.