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Thor-​SLV2 Agena-​D mit ungewöhnlich voluminöser Nutzlastverkleidung zum Start der Composite 3 Nutzlasten
POPPY Satellit (frühes Modell)
Fünf (laut anderen Quellen eventuell sogar sechs) Satelliten gelangten am 15.06.1963 beim Start einer Thor-​SLV2 Agena-​D von der Vandenberg AFB auf ihre Umlaufbahnen. Die Programme der mitgeführten Satelliten wurden alle mehr oder weniger durch den Umstand beeinträchtigt, daß die zweite Zündung des Agena-​D Antriebs zur Zirkularisierung der Bahn fehlgeschlagen war. Statt auf einer Kreisbahn in etwa 925 km Höhe endeten die Nutzlasten auf elliptischen Bahnen mit Perigäen zwischen 155 und 180 km. Bekannt wurden für die Satelliten die Namen LOFTI IIA, SolRad 6 (SolRad 6 A), RADOSE 112 und SURCAL 1 B sowie FTV-​1292  (laut US Navy SR VI, LOFTI IIB, PL 112, Dosimeter und SURCAL III). Bei LOFTI IIA handelte es sich um einen kleinen Satelliten, dessen Sender Signale auf extrem niedrigen Frequenzen (VLF) ausstrahlten. Untersucht wurde damit die Ausbreitung derartiger Signale in der Ionosphäre. Daher der Name Low-​Frequency Trans-​Ionosphere. Auch die militärische Verwendbarkeit wurde geprüft, da man die Eignung derartiger Frequenzen zur Kommunikation mit getauchten U-​Booten vermutete (was sich aber nur bedingt bestätigte). Beim NRL beobachtete man zunächst intensiv den Bahnverlauf, auch um zu entscheiden, ob die VLF Dipol-​Antenne auf die volle Länge von 12,2 m (40 ft.) ausgefahren werden sollte. Man entschied sich dafür, obwohl das die Mission weiter verkürzen würde. Am achten Tag wurde das Kommando gesendet, woraufhin sich die Sinkrate auch tatsächlich erhöhte. SolRad setzte offiziell eine Reihe von Forschungssatelliten fort, die insbesondere den solaren Strahlungsfluß im Röntgenbereich untersuchten. An Bord einiger dieser Satelliten war in der Vergangenheit aber auch eine geheime ELINT Nutzlast mit Namen GRAB geflogen. Obwohl das NRO diese Cover Story der US Navy eigentlich nicht fortführte, bildete SolRad 6 (NRL PL110) eine Ausnahme hiervon. Auch RADOSE und FTV-​1292  (NRL PL130) waren, wie man heute weiß, in Wirklichkeit ebenfalls ELINT Satelliten. RADOSE 112 (NRL PL112) trug vermutlich zusätzlich ein Strahlungsdosimeter zu entsprechenden Messungen (wobei andere Dokumente nahelegen, daß lediglich PL130 zur Aufrechterhaltung der Cover-​Story einer wissenschaftlichen Mission ein Dosimeter an Bord hatte). Die ELINTs des POPPY Programms fingen die Radarsignale sowjetischer Marineverbände ab und leiteten sie zur Analyse weiter. Aber auch die Suche nach landgestützten Frühwarnradars stand weiter im Fokus des POPPY Programms. Bei dieser Mission waren neue Frequenzspektren in die Suche nach Radarinstallationen aufgenommen worden. Wegen der ungünstigen Bahn und der kurzen Verweildauer im Orbit lieferten die POPPY IV Satelliten aber nur wenige verwertbare Daten. Immerhin eine hochinteressante Radarsignatur fand sich bei der Auswertung. Auch SURCAL, der der Kalibrierung des NAVSPASUR Bahnverfolgungssystems dienen sollte, konnte in der kurzen Zeit bis zum Wiedereintritt kaum genutzt werden.
Manche Quellen nennen eine sechste geheime Nutzlast, die bei diesem Start eine Umlaufbahn erreichte. Das macht Sinn, da die Nutzmasse der anderen fünf Satelliten die Kapazität der Agena-​D nicht auslastete und diese normalerweise selbst über eine integrierte Nutzlast verfügte. Somit ist die Existenz eines weiteren Geheimsatelliten durchaus nicht unwahrscheinlich, in diesem Fall wohl sogar die primäre Nutzlast der Mission. Gelegentlich wird der Codename EROS mit diesem geheimnisvollen Objekt in Verbindung gebracht. Tatsächlich war der Experimental Reflector Orbital Shot aber drei Tage zuvor im Rahmen einer CORONA Mission geflogen. Im Rahmen des AFTRACK Programms flog auf der Agena jedenfalls die WILD BILL IV Nutzlast, Mission 7216. Diese sammelte erfolgreich größere Mengen an Signalmustern. Darunter am 26.06.1963 erstmals ein brauchbares Muster des mit dem Codenamen HEN HOUSE bedachten leistungsfähigen sowjetischen Bahnverfolgungs– und Frühwarnradars. Auf dem Testgelände in Sary-​Schagan am Balchaschsee hielt das sowjetische Militär zu dieser Zeit offenbar eine umfangreichere Übung ab. Mit 37 Tagen war es die längste und bis dahin erfolgreichste WILD BILL Mission.