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Schonin und Kubassow beim Training mit der „Vulkan“ Apparatur
Im Schatten der amerikanischen Raumfahrterfolge innerhalb des Apollo Mondlandeprogramms betrieb die Sowjetunion ihr Sojus Programm weiter, wenn auch die bemannten Mondmissionen, für die Sojus einmal konzipiert worden war, nicht mehr zur Debatte standen. Die Flexibilität des Designs ließ ohne große Probleme eine Anpassung an Missionen im Erdorbit zu. Und so waren bereits in der Entwicklungsphase von Sojus verschiedene Entwürfe entstanden, die unterschiedlichen Aufgabenstellungen im Erdorbit gerecht werden konnten. Nachdem Sojus 4 und Sojus 5 im Januar 1969 ein Docking mit Besatzungstausch demonstriert hatten, plante Wassili P. Mischin für den August 1969 eine spektakuläre Wiederholung dieser Mission. Diesmal allerdings mit drei Raumschiffen, von denen zwei koppeln sollten, während das dritte das Manöver beobachtete und filmisch dokumentierte. 1969/70 waren dann noch zwei weitere Rendezvous-​Missionen vorgesehen, deren letzte dann endlich auch das gegenüber dem „Igla“ System fortgeschrittenere „Kontakt“ Rendezvous-​Radar aus dem Mondprogramm testen sollte. Doch nach dem Flug von Apollo 11 war dieser Plan in Frage gestellt. Das für Raumfahrt zuständige Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU, Dmitri F. Ustinow, lehnte die Startfreigabe ab. Wie andere Entscheidungsträger auch fürchtete er einen Fehlschlag so wenige Tage nach der Apollo 11 Mission. Erst auf einer Sitzung des Politbüros Ende September 1969 wurde der Weg für die Mission freigemacht. Das Unternehmen begann mit dem Start von Sojus 6 mit einer Sojus 11A511 Rakete am 11.10.1969 um 11:10 UTC von Baikonur. Während am Boden Startkomplex 31 für den Start von Sojus 8 vorbereitet wurde, lief auf Startkomplex 1 bereits der Countdown für Sojus 7. Sojus 6 Kommandant Georgi Schonin und sein Bordingenieur Waleri Kubassow, beides Raumfahrtneulinge, hatten am ersten Tag im Orbit nicht viel zu tun. Sie betreuten einige kleinere Experimente, erprobten Verfahren zu Astro-​Navigation und führten fotografische Aufgaben aus. Am nächsten Tag startete Sojus 7 und wieder einen Tag später erreichte auch Sojus 8 seine Umlaufbahn. Doch das Hauptziel der Mission konnte nicht erreicht werden. Trotz gegenteiliger Instrumentenanzeigen arbeitete das „Igla“ Rendezvous-​System von Sojus 8 nicht korrekt. Auch wiederholte Versuche erbrachten keine so weitgehende Annäherung, daß ein manuell gesteuertes Rendezvous möglich geworden wäre. Nachdem das klar war, widmete sich die Besatzung von Sojus 6 ihren sekundären Missionszielen. Neben biologischen Untersuchungen und der militärisch motivierten Beobachtung von Raketenstarts war das vor allem die Erprobung von Schweißverfahren im Vakuum. Dazu wurde die Orbitalsektion enthermetisiert und die automatische Schweißapparatur „Vulkan“ in ihr in Betrieb genommen. Schonin steuerte die Elektronenstrahl-​, Plasma– und Lichtbogenschweißungen von einer Konsole in der Kommandosektion, während Kubassow in seinem Raumanzug die Schweißungen in der Orbitalsektion überwachte und angeblich auch Handschweißungen versuchte (dies wird jedoch von einer Reihe wichtiger Quellen nicht erwähnt!). Insgesamt verliefen die Experimente laut sowjetischen Angaben sehr ermutigend und entschädigten für die ausgefallene Kopplung, die ohnehin hauptsächlich als Propagandaunternehmen geplant gewesen war. Bei der Begutachtung der Ergebnisse der Schweißungen entdeckten die Kosmonauten, daß sie beinahe eine Katastrophe ausgelöst hätten. Eines der Schweißexperimente war offensichtlich außer Kontrolle geraten und hatte in einem kleinen Bereich die Innenwand der Kabine aufgeschmolzen! Unmittelbar im Anschluß an die Bergung der Proben aus der Orbitalsektion begannen die Vorbereitungen für die Rückkehr zur Erde. Nach 118:43 h Flugzeit landete Sojus 6 schließlich am 16.10.1969 sicher im Zielgebiet bei Karaganda, jedoch außerplanmäßig 20 km vom Zielpunkt entfernt direkt neben einer Schule.