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Verabschiedung der Sojus 8 Mannschaft
A. Jelissejew und W. Schatalow neben ihrer gelandeten Kapsel
chronicle
Eine logistische Meisterleistung vollbrachte das Bodenpersonal in Baikonur, als es binnen weniger als 48 h die dritte Sojus 11A511 Rakete startklar machte und innerhalb derselben Zeitspanne sogar zwei Starts von Startkomplex 31 realisierte. Sojus 8 startete am 13.10.1969 um 10:19 UTC zu einer spektakulären Docking Mission. Doch am 15.10.1969 mußten die Besatzungen aller drei beteiligten Raumschiffe erfahren, daß technische Defekte das Manöver unmöglich machten. Mehrere Versuche endeten damit, daß keine ausreichende Annäherung zum Aktivieren der Handsteuerung erreicht werden konnte. Da das „Igla“ Radar offenkundig nicht arbeitete, unternahmen die Besatzungen erfolglos Versuche mit optischer Navigation. Schließlich war aber der zur Verfügung stehende Treibstoff ohne Ergebnis aufgebraucht, das primäre Missionsziel mußte aufgegeben werden. Sojus 8 Kommandant Wladimir Schatalow und sein Bordingenieur Alexej Jelissejew widmeten sich daraufhin dem verbliebenen Forschungsprogramm. Hauptsächlich waren das neben den üblichen biomedizinischen Untersuchungen meteorologische, glaziologische, ozeanografische und geografische Beobachtungen sowie astrophysikalische Forschungen. Am 18.10.1969 um 09:10 UTC nach einem Flug von 118:51 h endete die Mission trotz extrem schlechten Wetters mit einer sicheren Landung im Gebiet von Karaganda.
Wenn auch das eigentliche Ziel dieser spektakulären Dreifachmission verfehlt wurde, unterstrichen die Flüge von Sojus 6, 7 und 8 doch eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit der sowjetischen Raumfahrt. Den Start von drei Raumschiffen innerhalb so kurzer Zeit vorzunehmen, sie im Orbit zu einem Rendezvous zusammenzuführen und ihre sichere Landung in einem begrenzten Zielgebiet zu gewährleisten, war schon eine Leistung, die mit den Herausforderungen eines bemannten Mondfluges vergleichbar ist. Die USA hatten den Wettlauf zum Mond zwar in beeindruckender Weise gewonnen, die Sowjetunion verfolgte ihre eigenen Pläne aber scheinbar zielstrebig weiter. Noch war nicht klar, wie die neue Ausrichtung der sowjetischen Raumfahrt aussah. Doch nur 1½ Jahre später umkreiste mit Saljut 1 die erste einer langen erfolgreichen Reihe sowjetischer Raumstationen die Erde.
Tatsächlich war der Mißerfolg der Dreiermission aber zunächst ein schwerer Rückschlag. Und die Ausrichtung des sowjetischen Raumfahrtprogramms war zu jener Zeit gar nicht so sicher. Um jedoch jeden Anschein eines Fehlschlags zu vermeiden, wurden die sieben Kosmonauten nach ihrer Landung in einer auch für sowjetische Verhältnisse ungewöhnlichen Intensität gefeiert. Sie wurden von Tausenden Schaulustigen in Moskau mit einer Parade begrüßt und alle mit dem Titel „Held der Sowjeunion“ ausgezeichnet. Glücklicherweise hatten die Pressemeldungen zum Start der Raumschiffe eine Kopplung nie erwähnt und so wurde diese auch als Missionsziel ausdrücklich verneint. Während also westliche Beobachter noch über das wirkliche Ziel dieser aufwendigen Mission grübelten, wurde in der Sowjetunion in aller Stille die Fehlerursache untersucht. Wie sich zeigte, hatte die Verwendung einer 95 %igen Helium-​Gasmischung bei Tests am Boden die Elektronik des „Igla“ Systems beschädigt. Andere Gasmischungen verhinderten später eine Wiederholung des Mißgeschicks.