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Ausstoß der Eintauchsonden von der PVM Muttersonde
PVO Poster

Die zweite Raumsonde des Pioneer-​Venus Programms startete am 08.08.1978 um 07:33 UTC mit einer Atlas-​SLV3D Centaur-​D1AR von Cape Canaveral. Eigentlich hätte der Start bereits zwei Tage früher erfolgen sollen. Doch bei der Betankung der Oberstufe mit flüssigem Helium mußte die Bodenmannschaft überrascht feststellen, daß der Transporter zu wenig davon geladen hatte. Sowohl der Einflug in einen Parkorbit um die Erde als auch die Wiederzündung der „Centaur“ Stufe zum Abflug in Richtung Venus verliefen ohne Probleme. Der Bus von Pioneer-​Venus 2  (Pioneer 13) entsprach dem der Schwestersonde, allerdings trug sie anstelle des Antennenmastes und der Retrotriebwerke eine große und drei kleine atmosphärische Eintauchsonden, weshalb sie auch als Pioneer Venus Multiprobe, kurz PVM, bezeichnet wurde. Der Einsatz eines einfachen spinstabilisierten Busses für beide Hauptsonden der Pioneer-​Venus Doppelmission war einer der Ansätze, mit dem die Kosten des Projekts niedrig gehalten werden sollten. Während die Pioneer Venus Orbiter Mission aber langfristig angelegt war, unternahm die PVM einen „Kamikaze“ Flug. Denn nicht nur die Eindringsonden sollten in die Venusatmosphäre eintauchen und beim Abstieg zahlreiche Meßdaten übermitteln. Auch der Bus trat, ungebremst, in die Venusatmosphäre ein. Die am Projekt beteiligten Forscher hegten jedoch die Hoffnung, daß eine oder mehrere der Sonden den Abstieg und Aufprall auf der Oberfläche überleben würden (was dann auch geschah). Bis zur Ankunft an der Venus vergingen nach dem Start aber noch einige Monate, in denen u.a. noch drei Kurskorrekturen erfolgten. Das erste derartige Manöver fand am 15.08.1978 statt, die beiden anderen erfolgten am 20.10.1978 und 09.11.1978. Am 16.11.1978 wurde zunächst die große Sonde ausgesetzt, gefolgt von den drei kleineren am 20.11.1978. Alle nunmehr fünf Sonden traten am 09.12.1978 an unterschiedlichen Punkten in die dichte Venusatmosphäre ein. Während die Eintauchsonden über einen aerodynamischen Schild und einen Fallschirm verfügten, wurde der Pioneer-​Venus Bus erwartungsgemäß schon bald zerstört. Lediglich für 2 Minuten übertrug er Daten aus den oberen Atmosphärenschichten. Eine der drei kleinen Eintauchsonden erreichte dagegen nicht nur intakt die Planetenoberfläche, sie überlebte sogar den mit etwa 35 kmh–1  erfolgten Aufprall und sendete für weitere 67 min Meßdaten. Sie registrierte u.a., wie minutenlang der beim Aufprall aufgewirbelte Staub zu Boden sank. Die anderen Sonden überstanden erwartungsgemäß den Aufprall nicht, lieferten aber eine Fülle von Daten hauptsächlich zu Druck, Temperatur und chemischer Zusammensetzung der Atmosphäre. Die große, Sounder Probe genannte, Eintauchsonde begann 22 min vor dem erwarteten Eintritt in die Venusatmosphäre Daten zur Erde zu senden. Eine maximale Verzögerung von 280 g wurde registriert. Zunächst wurde ein Pilotschirm ausgestoßen, gefolgt vom Hauptschirm. Sobald sich der Abstieg stabilisiert hatte, wurde in etwa 66 km Höhe auch die schützende Aeroshell abgeworfen. 45 km über der Venusoberfläche erfolgte das Kommando zur Trennung des Fallschirms. Von hier an fiel die Sonde frei durch die Atmosphäre. Die drei kleinen Eindringsonden ähnelten konstruktiv ihrer großen Schwester. Allerdings behielten sie ihre Aeroshell bis zur Venusoberfläche und verfügten über keinen Fallschirm. Die drei Sonden traten mit einer Geschwindigkeit von rund 42.000 kmh–1  in einem Fächer unter unterschiedlichen Winkeln in die Atmosphäre der Venus ein. Daraus resultierten Verzögerungswerte zwischen 223 g und 458 g! In 70 km Höhe öffneten sich die Abdeckungen über den jeweils drei Instrumenten, der nach ihren Zielregionen North Probe, Day Probe und Night Probe genannten Sonden. Zwischen 53 und knapp 56 Minuten übertrugen die Sonden ihre Meßwerte direkt zur Erde. Die auf der Tagseite der Venus niedergegangene Sonde war jene, die noch knapp 68 weitere Minuten von der Venusoberfläche sendete.