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die „Challenger“ vor ihrem vierten Start
Bruce McCandless an der Spitze des RMS
Bruce McCandless im Freiflug mit der MMU
Bruce McCandless beim Ansetzen des TPAD
die „Challenger“ bei STS 41-B aufgenommen von Bruce McCandless
die erste Shuttle Landung am KSC

Nach viermonatiger Unterbrechung der Shuttle Flüge hob am 03.02.1984 um 13:00 UTC die Raumfähre „Challenger“ zu ihrem vierten Flug ab. Beginnend mit „Challenger“ F-​4  galt für die Shuttle Missionen ein neues Bezeichnungssystem. Darin trug der zehnte Shuttle Flug den Namen STS 41-​B. Wobei die „4“ für das Haushaltsjahr 1984, die „1“ für den Startort Cape Canaveral und das „B“ für die (laut Planung) zweite Mission des Haushaltsjahres standen. Um die Verwirrung komplett zu machen, verwendete die NASA teils noch das alte Bezeichnungssystem. Doch da die ursprüngliche Mission STS-​10  gestrichen worden war, lief der zehnte Flug darin unter dem STS-​11 Code… Als die „Challenger“ abhob, lag ein anspruchsvolles Programm vor der fünfköpfigen Besatzung (Kommandant Vance Brand, Pilot Robert Gibson und die Missionsspezialisten Bruce McCandless, Ronald McNair und Robert Stewart). Neben einigen Experimenten, insbesondere zur Materialforschung, hatten sie das Aussetzen mehrerer Satelliten zu betreuen und sollten erstmals die Manned Maneuvering Unit (MMU), eine Freiflug-​Manövriereinheit für Astronauten im Weltraum erproben. Und dies alles innerhalb einer Woche. Bereits am 04.02.1984 sollten zwei Nachrichtensatelliten, die als kommerzielle Nutzlast mitgeführt wurden, aus der „Challenger“ ausgestoßen werden. Den Anfang machte Westar VI, der im Auftrag des Kommunikationskonzerns Western Union mitgeführt wurde. Der spinstabilisierte Hughes HS-​376  Satellit wurde mit einem Federmechanismus aus der Nutzlastbucht ausgestoßen und sollte von einer PAM-​D Kickstufe auf eine Synchronbahn befördert werden. Doch nach der Triebwerkszündung ging der Funkkontakt verloren und erst nach Stunden konnte er vom damaligen North American Aerospace Defense Command (NAADC) auf einer viel zu niedrigen Bahn per Radar wieder lokalisiert werden. Während die Suche nach Westar noch lief, wurde ein kleiner Ballonsatellit ausgesetzt. Doch das Integrated Rendezvous Target (IRT) löste sich nicht aus seinem Startcontainer und platzte, als es mit Druckgas befüllt wurde. Seine Funktion als Zielobjekt für ein Shuttle Rendezvous konnte der Satellit so nicht erfüllen. Die Crew nutzte immerhin die recht gut sichtbaren Überreste des Satelliten für einige Simulationen. Nach eingehender Beratung erhielten die Astronauten schließlich die Anweisung, den nächsten Kommunikationssatelliten doch noch auszusetzen. Palapa-​B2  sollte die Kommunikation in und nach Indonesien verbessern. Obwohl auch dieser Satellit vom Typ HS-​376  war und über eine identische Antriebsstufe wie Westar VI verfügte, überwog bei den Experten am Boden die Meinung, daß der Verlust von Westar auf einen einmaligen Defekt zurückzuführen sei. Doch auch Palapa-​B2  blieb nach der Triebwerkszündung „verschollen“ und fand sich schließlich auf einer zu niedrigen Umlaufbahn wieder. Von den primären Missionszielen blieb nun nur noch die Erprobung der MMU’s in Verbindung mit dem deutschen SPAS-​01 A. Dazu verließen McCandless und Stewart am 07.02.1984 die Raumfähre und begaben sich durch die Luftschleuse in die Nutzlastbucht. Hier legten sie ihre MMU an und begannen mit der Erprobung, wobei McCandless den aktiveren Part übernahm, während Stewart aus der Nutzlastbucht sicherte. Erstmals nicht mit einem Seil gesichert bewegte sich McCandless, einer der Co-​Designer der MMU, bis zu über 90 m von der Raumfähre fort. Dabei wurden einige Mängel deutlich, doch insgesamt arbeitete der „Raketenrucksack“ wie erwartet. Auch das „Docking“ mit einer Attrappe der Elektronikbox des Forschungssatelliten Solar Max gelang und bereitete den Weg für die geplante Servicemission an dem defekten Satelliten. Nach 5:55 h war das erste Außenbordmanöver erfolgreich abgeschlossen. Zwei Tage später wurde die Erprobung der MMU fortgesetzt. Diesmal sollte die deutsche Forschungsplattform SPAS, die ihren zweiten Einsatz erlebte, mit dem Manipulatorarm ausgesetzt werden. Vorgesehen war, daß die Astronauten an dem rotierenden Satelliten unter realistischen Bedingungen das Einfangen von SMM probten. Doch eines der RMS Gelenke blockierte und so konnte der Satellit nicht ausgesetzt werden. Stattdessen setzten McCandless und Stewart ihre bisherigen Übungen fort. Zusätzlich erprobten sie das Umtanken von Treibstoffen (damals wurde die Betankung von Satelliten als eine der wichtigen zukünftigen Shuttle Aufgaben angesehen). Während Kommandant Brand den Orbiter manövrierte, setzte McCandless außerplanmäßig seine MMU ein, um eine gelöste Fußhalterung wieder einzufangen. Die NASA bewertete dies als gelungene Demonstration für die Fähigkeit, einen mit defekter MMU gestrandeten Astronauten zu retten. Mit 6:17 h war die zweite EVA noch länger als die vorangegangene. Der Shuttle Pallet Satellite absolvierte währenddessen am RMS eine Wiederholung seiner Mission vom Juni 1983. Auch die Instrumentierung entsprach der des ersten Einsatzes. Dabei waren u.a. wieder MAUS (Materialwissenschaftliche Autonome Experimente unter Schwerelosigkeit), das Friction Pressure Loss Experiment, das BNMS (Bonn Neutral Mass Spectrometer), ein Heat Pipe Experiment und MOMS (Modular Optoelectronic Multispectral Scanner). Mit einer sehr durchwachsenen Bilanz kehrte die „Challenger“ am 11.02.1984 um 12:16 UTC zur Erde zurück. Die Landung nach 191:16 h erfolgte erstmals auf der neuen Betonpiste von Cape Canaveral und verlief immerhin problemlos, abgesehen von den schon üblichen Schäden an den Bremsen. Die Inspektion ergab, daß alle vier Reifen des Hauptfahrwerks ersetzt werden mußten. Das traf auch 31 Kacheln des TPS (Thermal Protection System) zu. Auffällig war zudem, daß die Cockpit Scheiben zahlreiche kleine Krater aufwiesen und teils wie gesandstrahlt wirkten. Obwohl sich bei beiden Feststoffboostern jeweils einer der Fallschirme nicht geöffnet hatte, war dadurch ihre Bergung nicht gefährdet gewesen. Die Inspektion der SRBs nach dem Flug zeigte aber bei beiden erhebliche Erosion bis zu den Dichtungsringen zwischen den Booster-​Segmenten. Dem maß man damals nicht die notwendige Bedeutung bei. Das sollte sich zwei Jahre später rächen, als die „Challenger“ bei ihrem zehnten Einsatz eben wegen dieses Problems verunglückte.