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Sojus TM-9
A. Balandin (links) und G. Strekalow mit dem „Banner des Friedens“

Die Ablösung für die Kosmonauten Alexander Serebrow und Alexander Viktorenko auf der Raumstation Mir startete am 11.02.1990 um 06:16 UTC mit einer Sojus-​U2 11A511U2 Rakete vom Kosmodrom Baikonur. An Bord des Raumschiffs Sojus TM-​9  befanden sich Kommandant Anatoli Solowjow und Bordingenieur Alexander Balandin. Nach einem Routineanflug koppelte Sojus-​TM 9  am 13.02.1990 um 06:38 UTC an der der Mir an und wenig später wechselte die Besatzung in den Orbitalkomplex hinüber. Obwohl Rendezvous und Docking als Routineoperation erschienen waren, zeigte sich beim Anflug doch ein ernstes Problem mit dem Sojus-​Raumschiff. Drei Bahnen der Thermoisolierung an der Landekapsel hatten sich gelöst und „flatterten“ lose an der Außenhaut. Der eigentliche ablative Schutz vor der Hitze des Wiedereintritts war dadurch nicht gefährdet. Doch kühlte sich das Innere des Raumschiffs stärker ab bzw. heizte sich stärker auf, als es für zahlreiche Systeme gut war. Kondenswasser gefährdete die Elektronik und die extremen Temperaturschwankungen konnten die sichere Funktion der Pyroladungen beeinträchtigen. Im Juli 1990 unternahmen Solowjow und Balandin daher ein Außenbordmanöver zur Inaugenscheinnahme der Situation. Offenkundige Schäden waren nicht auszumachen. Und ihre Ausrüstung erlaubte es nur, die losen Bahnen einzufalten und so zu fixieren, daß sie die Sensoren nicht irritieren konnten. Die Landung vier Wochen später verlief zu aller Erleichterung dann aber ohne Zwischenfälle.
Die neu auf der Mir eingetroffenen Kosmonauten führten u.a. ein „Banner des Friedens“ mit sich. Dieses geht auf den russischen Maler, Schriftsteller, Archäologen, Wissenschaftler und Philosophen Nicholas Roerich (eigentlich Nikolai K. Rerich) zurück, der sich bereits während des Ersten Weltkriegs für den Schutz von Kulturgütern durch die kriegsführenden Parteien stark gemacht hatte. 1935 unterzeichneten tatsächlich die USA und 20 lateinamerikanische Staaten den Roerich-​Pakt, der völkerrechtlich verbindlich den Schutz von Kulturgütern regelte. Auch wenn die praktische Bedeutung des Abkommens gering blieb, bildete es doch die Grundlage für die 1954 beschlossene Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten. Roerich, dessen kurz vor seinem Tod 1947 geäußerter Wunsch nach einem Einreisevisum für die Sowjetunion abgelehnt worden war, wurde anläßlich seines 100. Geburtstags auch in der damaligen Sowjetunion umfassend gewürdigt. Die Perestroika Politik der späten 1980er Jahre erlaubte eine noch stärkere Identifikation mit dem zuvor als unbequem empfundenen Patrioten Roerich. Höhepunkt des Umdenkens war nun aus Anlaß des 55. Jahrestages des Inkrafttretens des Roerich-​Pakts die Mitnahme verschiedener Devotionalien zur Mir und die wiederholte Präsentation des Friedensbanners im Laufe der Mission.
Ausdruck der sich radikal verändernden Verhältnisse in der Sowjetunion war nicht nur die Live-​Übertrageung des Starts im sowjetischen Fernsehen und Rundfunk. Bemerkenswert war noch mehr die Anwesenheit von gleich vier NASA Astronauten in Baikonur: Daniel Brandenstein, Ronald Grabe, Jerry Ross (aktive Astronauten) und Paul Weitz.