Address:
die erste Commercial Titan-3 auf LC-40

Anfang der 1980er Jahre zeichnete sich für den damaligen Raumfahrtkonzern Martin Marietta (heute Lockheed Martin) eine drohende Auftragsflaute im Raketengeschäft ab. Die Pläne von Pentagon und NASA sahen vor, zukünftig alle Nutzlasten nur noch mit dem Space Shuttle zu befördern. Demgegenüber vertraute Martin Marietta auf das seit Jahrzehnten bewährte Konzept der Titan 3 Reihe und versuchte mögliche Weiterentwicklungen voranzutreiben. Vergeblich. Gleichzeitig entstand mit der europäischen Arianespace ein neuer Wettbewerber im Satellitenstartgeschäft. Martin Marietta erkannte seine Marktchance und versuchte, ähnlich wie Arianespace, erstmals kommerziell Satellitenstarts auf dem Weltmarkt anzubieten. Dafür war aber eine Erlaubnis des Pentagon erforderlich, das der Auftraggeber für die Entwicklung der Titan-​34D gewesen war. Nach einigem Zögern erhielt Martin Marietta 1984 unter Auflagen die Freigabe. Dennoch gab es zunächst keine Startaufträge. Arianespace und vor allem die NASA, die an Bord des Space Shuttle nahezu jede Nutzlast zum Dumpingpreis mitnahm, ließen Martin Marietta keine Chance. Doch dann kam im Januar 1986 die „Challenger“ Katastrophe und im August 1986 wurden alle US Raketenhersteller von der Regierung aufgerufen, ihre Raketen selbst zu vermarkten, während sich die NASA aus dem kommerziellen Satelliten Geschäft zurückziehen mußte. Martin Mariettas Pläne für diese Situation lagen fertig vor. Mit wenigen Modifikationen wurde so aus der militärischen Titan-​34D die zivile Commercial Titan-3. Wie bei der Ariane erhielt auch sie eine Doppelstartvorrichtung zum Start von jeweils zwei Satelliten und eine Nutzlastverkleidung von jetzt 4 m Durchmesser. Ein Jahr später wurde der offizielle Nutzungsvertrag über den Startkomplex LC-​40  auf Cape Canaveral zwischen Martin Marietta und der USAF, der die Anlagen gehörten, abgeschlossen. Als erster Kunde konnte Intelsat gewonnen werden. Es folgten das britische Verteidigungsministerium und das japanische Kommunikationsunternehmen JCSAT (seit 1993 Japan Satellite Systems Inc. = JSAT). Der Start der britischen und japanischen Nutzlast war dann auch am 01.01.1990 (Ortszeit 31.12.1989) der Jungfernflug der Commercial Titan-​3 . Nach einem makellosen Start, der allerdings zuvor seit dem 08.12.1989 neunmal wegen technischen oder Wetterproblemen verschoben werden mußte, wurden die Kommunikationssatelliten Skynet 4 A für das britische MoD und JCSat 2 für die Japan Communications Satellite Company auf einer geostationären Übergangsbahn ausgesetzt.
Skynet 4 A war der zweite von drei militärischen Skynet 4 Kommunikationssatelliten Großbritanniens, die im 7 – 8 GHz Band sowie im 250 – 260 MHz und 305 – 315 MHz Band arbeiteten. Ursprünglich sollten sie, betreut von britischen Nutzlastspezialisten, mit dem Shuttle ins All transportiert werden. Die „Challenger“ Katastrophe hatte auch hier eine Neuorientierung erzwungen. Anfangs operierte der Satellit über 5° Ost, später über 29° Ost. Während des Zweiten Golfkriegs wechselte er dann sogar auf 65° Ost. Ab Anfang 1995 bis zur Außerdienststellung am 20.06.2005 wurde er über 34° Ost betrieben, allerdings auf einer zunehmend inklinierten Bahn.
JCSat 2 dagegen, ein Satellit vom Typ Hughes HS-​393, arbeitete im Ku-​Band und verfügte über 32 Kanäle mit einem 20 W Transponder. Für den kommerziellen Fernseh-​Direktempfang über das JCSAT System wurden lediglich Antennen von ca. 1,2 m Durchmesser benötigt. Weiterhin diente JCSat 2 auch der Daten-​, Sprach-​, Fax– und Videoübertragungen innerhalb Japans. Im Juni 2002 wurde der Satellit mit dem verbliebenen Resttreibstoff auf einen „Friedhofsorbit“ angehoben. Die projektierte Lebensdauer hatte er da um mehr als zwei Jahre übertroffen.