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Start der Atlas-I mit BS-3h

Im Auftrag der nationalen japanischen Sendeanstalt NKH (Nippon Hoso Kyokai) und des Satellitenbetreibers JSBC (Japanese Satellite Broadcasting Company) startete am 18.04.1991 eine Atlas-​I Rakete von Cape Canaveral. Sie hatte den Kommunikationssatelliten BS-​3h bzw. „Yuri“ 3h an Bord. Dieser sollte die durch verschiedene Ausfälle reduzierten Kommunikationssatelliten-​Kapazitäten Japans verstärken. BS-​3a arbeitete seit seinem Start mit nur 75% der projektierten elektrischen Leistung, BS-​2 b hatte seine Designlebensdauer längst überschritten und der als Ersatz vorgesehene BS-​2x war im Februar 1990 beim Fehlstart einer Ariane-44L verlorengegangen. Daher orderte die NHK während der Farnborough Air Show 1990 kurzfristigen Ersatz. GE Astro-​Space erhielt den Auftrag, weil das Unternehmen den Start eines seiner Satelliten bis spätestens zum 30.04.1991 garantierte. Möglich war das, weil die Satellite Television Corporation, eine COMSAT Tochter, ihre Pläne zurückgenommen hatte, mit einer eigenen Satellitenflotte in das Geschäft mit direktstrahlenden TV-​Satelliten einzusteigen. Bereits bei BS-​2x hatte es sich um den vormaligen STC 1 gehandelt. Nun wurde auch STC 2 nach Japan verkauft. Die Wahl der Trägerrakete wurde von der raschen Verfügbarkeit des „neuen“ Atlas Modells bestimmt. Vollkommen überraschend versagte die Atlas-​I, bei der es sich eigentlich doch nur um die modernisierte Variante der für ihre relative Zuverlässigkeit bekannten Atlas-​Centaur handelte. Nach der Zündung der „Centaur“ Oberstufe wich das zweite Exemplar zunehmend vom Kurs ab und mußte schließlich nach 6:01 min (laut anderen Quellen nach 7:21 min) gesprengt werden. Der Fehlstart traf alle beteiligten Unternehmen hart. NHK Präsident Keiji Shima sah sich massiven Anfeindungen ausgesetzt und mußte schließlich wegen einer Bagatelle zurücktreten. General Electric hatte vertraglich die Übergabe eines voll funktionstüchtigen Satelliten zugesichert und sah nun Regreßforderungen entgegen. Und auch für den Hersteller der Rakete, damals noch General Dynamics, bedeutete der Mißerfolg nach dem geglückten Jungfernflug der Atlas-​I einen schweren Rückschlag in den Bemühungen um eine kommerzielle Vermarktung. Eine Untersuchungskommission kam zu dem Ergebnis, daß Verunreinigungen in einer Turbopumpe der zwei RL-​10  „Centaur“ Triebwerke zum Ausfall des Triebwerks und der Kursabweichung geführt hatten. Daraufhin wurden schärfere Kontrollen und strukturelle Verstärkungen (für den Fall eines „langsamen“ Turbopumpenstarts) eingeführt sowie die Steuerungssoftware der Centaur so überarbeitet, daß die Zündsequenz ein weiteres Mal eingeleitet werden konnte. Tatsächlich war die Fehlerursache aber wohl eine andere als angenommen. Nach einem weiteren ähnlichen Fehlstart im August 1992 kamen die Ingenieure einem Szenario auf die Spur, bei dem sich ein Eisblock in der Wasserstoffturbopumpe bilden konnte. Rückblickend wurde das auch als wahrscheinlichste Ursache für den Verlust von AC-​70 angesehen.
In Japan stagnierte aufgrund der wiederholten Fehlstarts und Ausfälle vorübergehend die Entwicklung des direktempfangbaren Satellitenfernsehens. Die ursprüngliche weltweite Führungsrolle drohte verlorenzugehen, was auch die bedeutende Rolle japanischer Unternehmen der Unterhaltungselektronikbranche bedrohte. Dabei war das Land gerade dabei, mit den ersten HDTV Sendungen neue Standards zu setzen. Gerade noch rechtzeitig sorgte im August 1991 der erfolgreiche Start des BS-​3 b Satelliten für Entlastung.