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die „Atlantis“ auf dem Crawler unterwegs zum Pad-39B
Begrüßung von Kevin Chilton durch Juri Onufrijenko
Clifford und Godwin bei ihrer EVA
der Polished Plate Micrometeorid Debris Collector (PPMDC)
STS-76 Post Flight Presentation
die „Atlantis“ im Landeanflug auf die EAFB

Zur dritten Shuttle-​Mir Mission startete die US Raumfähre „Atlantis“ am 22.03.1996 um 08:13 UTC von Cape Canaveral. Ein erster Countdown für einen Start einen Tag zuvor war bereits während der Betankung abgebrochen worden, als die Wetteraussichten für den 21.03.1996 keine Besserung versprachen. Böeige Winde und die rauhe See verletzten die Startkriterien. Die Mission STS-​76  „Atlantis“ F-​16  hatte ihren Schwerpunkt in der Anlieferung von Versorgungsgütern zur Raumstation und im Transport der Gastastronautin Shannon Lucid. Aber auch das erste Außenbordmanöver amerikanischer Astronauten an der Mir stand auf dem Programm. Und in der Nutzlastbucht war das Spacehab 4 Modul installiert, das eine Reihe kleinerer Nutzlasten beherbergte. So auch Schülerexperimente aus dem „Kidsat“ Programm. Kommandant der Mission war Kevin Chilton, Pilot Richard Searfoss und als Missionsspezialisten waren an Bord Linda Godwin, Michael Clifford sowie Ronald Sega. Bereits kurz nach dem Start zeigte die Telemetrie einen Druckabfall in einem der drei redundanten Hydraulikkreisläufe, die zum Betrieb diverser Systeme nur in der Start– und Landephase benötigt wurden. Da nach dem Abschalten des betroffenen Kreislaufs kein weiterer Druckverlust beobachtet werden konnte und die Regularien eine Fortsetzung der Mission mit zwei intakten Systemen zuließen, entschied sich Houston auch entsprechend. Am dritten Flugtag hatte sich die „Atlantis“ der Raumstation bis auf wenige Meter genähert und koppelte schließlich am 24.03.1996 um 02:34 UTC ohne Schwierigkeiten an. Dabei bewährte sich das bei STS-​74  dauerhaft an der Mir belassene Docking Modul. Nach der Begrüßung durch die Stammbesatzung der Mir, Juri Onufrijenko und Juri Ussatschow, wurden insgesamt 862 kg Material aus dem Shuttle entladen. Darunter Gyroskope zur Lageregelung der Mir, ein Strom-​Umformer, Batterien, Experimente, Nahrungsmittel, Wasser, Filme, Bekleidung und der Konturensitz für die Rückkehr von Lucid an Bord einer Sojus Kapsel. Umgekehrt wurden Blut-​, Speichel– und Urinproben der Kosmonauten, aber auch Materialproben sowie ausgediente Gerätschaften an Bord der „Atlantis“ für die Rückführung zur Erde verstaut. Nachdem die zum Transport eines Teils der Versorgungsgüter genutzte Luftschleuse der „Atlantis“ freigeräumt war, begaben sich die beiden Missionsspezialisten Clifford und Godwin am 27.03.1996 dann in die Nutzlastbucht des Space Shuttle und von dort zum Kopplungsadapter. Erstmals unternahmen damit amerikanische Astronauten ein Außenbordmanöver an einer russischen Raumstation und verwirklichten damit Ideen, die mehr als 15 Jahre zuvor in Fortsetzung des ASTP (Apollo-​Sojus-​Test-​Projekt) geboren worden waren. Die mit dem SAFER (Simplified Aid For EVA Rescue) System ausgerüsteten Astronauten montierten insgesamt vier Proben-​Container am Dockingmodul. Zwei registrierten auftreffende Mikrometeoriten, wobei der Orbital Debris Collector (ODC) auch vom Menschen verursachte Verunreinigungen, also z.B. winzige Farbpartikel von der Außenhaut von Satelliten, auffangen sollte. Die beiden POSA I und POSA II (Passive Optical Samples) Pakete hingegen beinhalteten dagegen unterschiedlichste Materialproben (Farbschichten, Glas, Isolationsmaterialen und Metalltafeln), wie sie beim Bau der ISS zum Einsatz kommen sollten. Die EVA diente auch der Erprobung neuentwickelter Halteseile und Fußhalterungen, die zu russischen und amerikanischen Raumanzügen kompatibel waren. Am Ende der EVA wurde eine Videokamera, mit der das Manöver dokumentiert worden war, wieder demontiert und an Bord des Shuttle zurückgenommen. Der gesamte Ausstieg hatte 6:02 h gedauert. Im Spacehab liefen unterdessen die Experimente mit dem europäischen BioRack. Diese Anlage umfaßte mehrere Inkubatoren und eine Tiefkühlanlage für die Proben. Mit vielfältigem Probenmaterial wurden die Widerstandsfähigkeit gegen kosmische Strahlung sowie die Auswirkungen der Schwerelosigkeit erforscht. Auch außerhalb des BioRack wurde geforscht. So wurden u.a. die niedrig-​energetische Teilchenstrahlung innerhalb der inneren Magnetosphäre gemessen, das elektrische Feld in der Umgebung der Mir erforscht und technologische Versuche unternommen. Bereits einen Tag später, am 28.03.1996 um 01:08 UTC koppelte die „Atlantis“ wieder von der Raumstation ab. Dort blieb die Missionsspezialistin Lucid zurück, vor der ein fünfmonatiger Weltraumaufenthalt an Bord der Mir lag. Die für den 30.03.1996 vorgesehene Landung der „Atlantis“ mußte unerwartet um einen Tag verschoben werden, da das Wettergeschehen sowohl in Florida als auch im Ausweichlandegebiet in Kalifornien „zu dynamisch“ war. Um die Überhitzung zu verhindern, mußten die bereits geschlossenen Laderaumtore mit den darunterliegenden Radiatoren wieder geöffnet werden. Nach dem Befehl zum Öffnen meldete ein Sensor jedoch hartnäckig, daß sich eine Verriegelung nicht gelöst hätte. Der Öffnungsprozeß wurde abgebrochen. Erst nachdem Missionsspezialistin Godwin die Stellung der Verriegelungen mit der Dokumentation verglichen hatte und klar war, daß es sich um einen Sensorfehler handelte, erhielt die Crew die Erlaubnis, die Automatik per Hand zu übersteuern. Nur zehn Minuten später hätte anderenfalls die Notlandung eingeleitet werden müssen. So aber kehrte die „Atlantis“ am 31.03.1996 zur Erde zurück — ohne ihre Missionsspezialistin Lucid, die seit dem 24.03.1996 offizielles Mitglied der Mir EO-​21  Besatzung war. Allerdings war die geplante Landung in Florida wetterbedingt bis zuletzt unmöglich. So setzte der Orbiter nach 221:16 h am 31.03.1996 um 11:29 UTC auf der Runway 22 der Edwards AFB in Kalifornien auf. Elf Minuten vor Sonnenaufgang.