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Orion 3 Satellit

Nach dem spektakulären Fehlstart der ersten Delta III Rakete hatte Boeing weitreichende Modifikationen an der Konstruktion des Trägers vorgenommen. Angesichts des Entwicklungsvorsprungs von Arianespace mit der Ariane 5 mußte Boeing baldmöglichst die Markteinführung des direkten Konkurrenzmodells gelingen. Trotz des Drucks waren dem zweiten Start umfangreiche Tests vorausgegangen, so daß man optimistisch an das Unternehmen heranging. Das zeigte sich auch darin, daß wieder eine kommerzielle Nutzlast befördert werden sollte. Loral Space & Communications, die 1997 die Orion Asia Pacific Corporation übernommen hatte, war zuversichtlich genug, ihren Satelliten Orion 3 der Delta III anzuvertrauen. Am 05.05.1999 hob die Delta 8930  von Cape Canaveral ab. Ursprünglich war der Start bereits für den 05.04.1999 geplant gewesen, doch die meteorologischen Bedingungen, Ausfälle von Bodeninstallationen und auch technische Probleme an der Rakete hatten zu mehreren Startverschiebungen und auch –abbrüchen geführt. Zudem waren während der Startvorbereitungen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Oberstufentriebwerks aufgekommen, so daß Boeing dessen Austausch veranlaßt hatte. Und ein defekter Kran verhinderte die pünktliche Montage der Feststoffbooster. Nun aber sollte die Rakete das verlorengegangene Vertrauen wiedergewinnen. Die erste Phase des Starts am 05.05.1999 verlief auch vollkommen nach Plan und Orion 3 erreichte die vorgesehene Parkbahn. Dann erfolgte die Wiederzündung der Centaur Oberstufe. Doch nach weniger als einer Sekunde registrierten die Sensoren kurzzeitig einen Überdruck in der Sauerstoffpumpe des Pratt & Whitney RL-​10 B-​2  Triebwerks und unmittelbar darauf die vorzeitige Abschaltung des Triebwerks. Orion 3 war auf einer unbrauchbaren Umlaufbahn in einigen 100 km Höhe gestrandet. Damit konnte er seine Aufgabe, die Verteilung von TV-​Programmen im asiatisch-​pazifischen Raum sowie die Übertragung kommerzieller Datendienste mit ingesamt 33 Ku– und 10 C-​Band Transpondern nicht erfüllen. Eine Rettung aus diesem Orbit war unmöglich. Orion 3 wurde zwar noch auf eine annähernde 2.500 km Kreisbahn manövriert, dann aber als Totalverlust bei der Versicherung abgeschrieben. Die Untersuchung des Fehlstarts zeigte als wahrscheinlichste Ursache das Bersten der Centaur Brennkammer. Diese war nach einem modifizierten Verfahren gefertigt worden, das offensichtlich Mängel aufwies. Vor allem aber war es zu Unklarheiten bei der Qualitätskontrolle gekommen. Nach einem statischen Brennversuch war ein kleiner Defekt der fraglichen Brennkammer durch Hartlöten repariert worden. Die mangelnde Abdeckung der Naht war zwar aufgefallen, aber als noch eben ausreichend interpretiert worden. Außerdem überstand das Triebwerk Dutzende weiterer Tests und auch noch die erste Zündung im Flug. Doch dann versagte die (wohl auch noch durch Lufteinschlüsse geschwächte) Naht. In den 36 Jahren zuvor war es zu keinem Versagen einer RL10 Brennkammer im Einsatz gekommen. Hersteller Pratt & Whitney vermutete daher noch einen weiteren äußeren Einfluß, konnte das aber nicht belegen. Als Konsequenz wurden die Centaur Stufen diverser zum Start bereitstehender Raketen nochmals untersucht, was den 1999er Startplan für eine Reihe von Missionen erheblich durcheinander brachte. Obwohl die Versicherung den Schaden regulierte, war der Verlust des Satelliten auch für die Loral Corporation als Mutter der Orion Asia Pacific Corporation ein schwerer Rückschlag. Denn dem Satelliten mit seinen 10 C-​Band und 33 Ku-​Band Transpondern war eine zentrale Rolle bei der Versorgung Koreas, Chinas, Indiens, Japans, Australien, Südostasiens, Ozeaniens und Hawaiis mit modernsten Kommunikationsangeboten zugedacht gewesen.