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die GSLV-D1

Indiens Bestrebungen, Unabhängigkeit von ausländischen Dienstleistern beim Start geostationärer Satelliten zu erlangen, manifestierten sich in den 1990er Jahren in der Entwicklung der GSLV Trägerrakete. Ausgerüstet mit einer kryogenen Oberstufe, sollte diese Nutzlasten von bis zu 2.500 kg auf geostationäre Transferbahnen befördern können. Die Entwicklung der Rakete verlief nicht problemlos. Im Januar 1991 hatte die ISRO einen Vertrag mit dem russischen Außenhandelsunternehmen Glawkosmos über die Lieferung von KWD-​1  Triebwerken und der entsprechenden Technologie für die GSLV abgeschlossen. Auf Druck der USA kündigte Rußland jedoch im August 1993 die Vereinbarung, woraufhin Indien mit der eigenständigen Entwicklung eines kryogenen Triebwerks bekann. Nicht unerwartet, traten dabei erhebliche Probleme auf. Schließlich lieferte Rußland aber doch noch die Triebwerke für eine erste Serie von GSLV Raketen. Der Technologietransfer wurde dagegen auf ein Minimum beschränkt. Zudem explodierten die Kosten. Für den sechsfachen des ursprünglich vereinbarten Preises erhielt Indien insgesamt nur sieben KWD-​1  Triebwerke. Doch Anfang des Jahres 2001 stand auf der umgebauten PSLV Startrampe die erste GSLV Mk. I (v.1) zum Jungfernflug bereit. Als Nutzlast war der experimentelle Kommunikationssatellit GSAT 1 (GramSat) gewählt worden. Dabei handelte es sich um eine verkleinerte Ausführung des INSAT Typs, der später die Hauptnutzlast der Rakete bilden sollte. Drei C-​Band und zwei S-​Band Transponder bildeten die Kommunikationsnutzlast des Satelliten, der zur Ausstrahlung landesweiter Bildungsprogramme vorgesehen war. Am 28.03.2001 war schließlich der Tag gekommen, auf den Tausende Techniker mehr als zehn Jahre lang hingearbeitet hatten. Doch bei T-​1 s löste das Automatic Launch Processing System den Abbruch des Countdowns aus, als es registrierte, daß einer der L40 Flüssigkeitsbooster nicht den erforderlichen Schub erreicht hatte. Zwar brach daraufhin kurzzeitig ein kleines Feuer im Heck der Rakete aus, das einen Teil der Isolierung an den Boostern verschmorte, doch konnten alle Systeme gerade noch rechtzeitig gesichert werden, bevor die 129 Tonnen HTPB Treibstoff der Erststufe gezündet worden wären. Die Untersuchung der Rakete nach dem „heißen“ Startabbruch förderte die Ursache der Anomalie zu Tage, eine fehlerhafte Verbindung in der Oxidator-​Zuleitung des Triebwerks. Das Triebwerk wurde ausgetauscht und schon am 16.04.2001 begann der nächste Countdown. Am 18.04.2001 hob die Rakete schließlich problemlos ab. Zunächst sah alles nach einem perfekten Start aus und die ISRO veröffentlichte eine entsprechende Pressemeldung. Doch eine genauere Analyse zeigte, daß sowohl die Zweit-​, als auch die Drittstufe einige Sekunden vorzeitig Brennschluß gehabt hatten. Das Defizit bei der kryogenen Endstufe erwies sich als schwerwiegend. Die erreichte Brennschlußgeschwindigkeit lag um 60 ms–1  oder 0,6% unter dem erforderlichen Wert. Noch hoffte man im Kontrollzentrum, unter Zuhilfenahme des LAM Antriebs des Satelliten diesen auf eine geostationäre Bahn anheben zu können. Doch dabei trat ein weiteres Problem auf. Die Entleerung der beiden Treibstofftanks geschah nicht gleichmäßig, was zu einem höheren Treibstoffverbrauch bei niedrigerem Schub führte. GSAT 1 strandete in einem leicht inklinierten Orbit zwischen 33.806 und 35.665 km Bahnhöhe. Da auch die letzten Treibstoffvorräte aufgebraucht waren, driftete der Satellit zudem ostwärts. Zwar testete die ISRO kurz die Transponder des Satelliten, doch mußten diese aufgrund einer Forderung der ITU deaktiviert werden, um Störungen anderer Satelliten auszuschließen. Offiziell wertete die ISRO die erste GSLV Mission als Erfolg. Tatsächlich konnte diese Betrachtungsweise aber nur bei sehr viel Wohlwollen aufrechterhalten werden. Immerhin, das generelle Konzept der Rakete war bestätigt worden.