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Start  zur Mission „Atlantis“ F-25
der S0 Truss am Manipulatorarm des Shuttle
Lee Morin bei seiner EVA am 13.04.2002
Jerry Ross mit einem zu installierenden Scheinwerfer während der EVA vom 16.04.2002
STS-110 Post Flight Presentation
17.04.2002: die „Atlantis“ entfernt sich von der ISS
die „Atlantis“ im Landeanflug auf Runway 33

Nach mehrfacher Verschiebung des Starttermins, vorgesehen gewesen waren u.a. der 22.03.2002 und der 04.04.2002, hob am 08.04.2002 um 20:44 UTC die Raumfähre „Atlantis“ zur Mission STS-​110  ab. Zuletzt war der laufende Countdown am 04.04.2002 einige Stunden vor dem geplanten Startzeitpunkt abgebrochen worden, nachdem Sensoren ein Wasserstoffleck in einer Entlüftungsleitung entdeckt hatten. Die Inspektion zeigte den Riß einer bald zwanzig Jahre alten Schweißnaht im Rohrleitungssystem des MLP-​3  „Crawlers“. Als temporäre Maßnahme wurde eine Manschette über die Schadstelle gesetzt. Auch am 08.04.2002 hatten Computerprobleme den Countdown soweit verzögert, daß der Start ganz elf Sekunden vor dem Schließen des Startfensters erfolgte. Ziel des Unternehmens war die Raumstation ISS, wo weitere Elemente montiert werden sollten. Der Flug „Atlantis“ F-​25  trug daher auch die Bezeichnung ISS 8 A. Schon im Vorfeld hatte die NASA das Unternehmen als die bis dato komplexeste zum Aufbau der ISS charakterisiert. An Bord des Orbiters befanden sich Kommandant Michael Bloomfield, Pilot Stephen Frick und die Missionsspezialisten Jerry Ross, Steven Smith, Ellen Ochoa, Lee Morin sowie Rex Walheim. In der Nutzlastbucht verstaut war die Integrated Truss Structure S0 (auch Starboard Zero S0 genannt). Dabei handelte es sich um eine 13,47 m lange Gitterkonstruktion mit hexagonalem Querschnitt, die wiederum in fünf Buchten unterteilt war. Zahlreiche vormontierte Versorgungsleitungen liefen durch die Struktur und eine GPS Installation sollte zukünftig die Ortung und Navigation der ISS über das amerikanische Navigations­satelliten­system ermöglichen. Außen angebracht waren zudem bereits Geländer für Außenbordtätigkeiten und entlang einer der Außenflächen lief der Mobile Transporter (auch Mobile Base System genannt), eine Art elektrisch angetriebener Schlitten, der den Transport schwerer Lasten unterstützen sollte. Nach einem Routineanflug fand das Docking am PMA 2 Adapter der ISS am 10.04.2002 um 16:04 UTC statt. Zwei Stunden später wurden die Luken der Luftschleuse geöffnet und die Mannschaften der beiden Raumfahrzeuge begrüßten sich. Die Montage des S0 Truss begann damit, daß Missionsspezialistin Ochoa die mehr als 12 Tonnen wiegende Konstruktion mit dem Manipulatorarm des Shuttle aus der Nutzlastbucht heraushob und in die Arretierungen am „Destiny“ Modul einklinkte. Vier Außenbordeinsätze der Shuttle Crew waren vorgesehen, die Montage zu vollenden. Zum Auftakt verließen Smith und Walheim am 11.04.2002 um 14:36 UTC die Luftschleuse des „Quest“ Moduls. Walheim positionierte sich an der Spitze des Canadarm 2 Auslegers der Raumstation, während Smith, nur gesichert durch ein Seil, als „Free Floater“ arbeitete. Gemeinsam montierten sie u.a. ein Führungsseil für den Mobile Transporter. Die Arbeiten nahmen aber mehr Zeit in Anspruch, als zunächst vorgesehen. Daher mußten weitere Arbeiten an der Elektroinstallation auf den nächsten Ausstieg verschoben werden. Doch auch so war es mit 7:48 h eines der längsten Außenbordmanöver der Raumfahrtgeschichte. Das nächste Außenbordmanöver folgte am 13.04.2002 ab 14:09 UTC. Beteiligt waren diesmal die Missionsspezialisten Ross und Morin. Während letzterer sich des Manipulatorarms bediente, operierte Amerikas erfahrenster Astronaut frei an der „Baustelle“. Ross, der mit dieser Mission bereits seinen siebten Raumflug unternahm, absolvierte an diesem Tag zudem seine achte EVA. Gemeinsam befestigten sie zwei weitere Stützstreben und entfernten Abdeckungen, die empfindliche Bereiche während des Starts und in der ersten Montagephase geschützt hatten. Dann installierten sie einen von Hand zu betreibenden Notantrieb für den Mobile Transporter. Probleme bereitete jedoch eine Art „Guillotone“, mit der im Notfall das Führungsseil am MT durchtrennt werden konnte. Ein Sicherungsbolzen ließ sich nicht entfernen. Die Lösung dieses Problems wurde von der Bodenkontrolle aber zurückgestellt. Nach 7:30 h war auch dieses Außenbordmanöver beendet. Am 14.04.2002 ab 13:48 UTC führten Smith und Walheim dann die Arbeiten fort. Vor allem mußten zahlreiche Kabel neu verlegt werden, die den Canadarm 2 vom S0 Truss aus mit Energie versorgen sollten. Nachdem diese Arbeiten abgeschlossen waren, konnten die Arretierungen des rund eine Tonne schweren Schlittens am MT gelöst werden. Der Mobile Transporter war bereit für seine „Jungfernfahrt“. Obwohl die beiden Missionsspezialisten erfahren und gut trainiert waren, blieb auch diesmal eine Arbeit unerledigt. Eine fünf Meter lange Leiter, die vom S0 Truss zur „Quest“ Luftschleuse führen sollte, konnte in der verfügbaren Zeit nicht mehr installiert werden. Insgesamt hatte der Ausstieg 6:27 h gedauert. Am 16.04.2002 ab 14:29 UTC schlossen Ross und Morin bei ihrem zweiten Ausstieg die noch ausstehenden Arbeiten dann ab. Zunächst montierten sie die Leiter, was ihren Kollegen am Vortag aus Zeitmangel nicht mehr möglich gewesen war. Dann überprüften sie die elektrischen Kontakte am S0 Truss, die bei nachfolgenden Erweiterungen als Signalgeber für eine einwandfreie Montage der Anbauten fungieren sollten. Schließlich wurden mehrere Scheinwerfer am „Unity“ und am „Destiny“ Modul installiert, die bei zukünftigen Außenbordmanövern ein Arbeiten auch im Erdschatten ermöglichen sollten. Zahlreiche weitere kleine Arbeiten mußten noch erledigt werden. Letzter großer Auftrag war die Befestigung einer Arbeitsplattform zur Unterstützung der Astronauten bei zukünftigen EVAs. Da es die Zeit noch zuließ, versuchte Ross nochmals, den Sicherungsbolzen am MT zu entfernen, blieb aber wieder erfolglos. Auch wurde auf die Installation eines Gas-​Analyse-​Gerätes verzichtet, da dieses offenbar defekt war. Nach 6:37 h wurde auch diese EVA für beendet erklärt. Während ein Teil der Mannschaft direkt oder indirekt mit den Außenbordmanövern beschäftigt war, schleppte der andere Versorgungsgüter in die Lager der ISS und übernahm im Gegenzug Forschungsergebnisse, Materialproben und defekte Teile, die zur Analyse auf die Erde zurückkehrten. Rund eine Tonne Versorgungsgüter, 100 kg Atemluftgemisch und etwa 660 kg Wasser waren abgesehen vom S0 Truss geliefert worden. Am 17.04.2002 nahte dann für die beiden Mannschaften der Abschied. Um 18:31 UTC wurden die Verriegelungen gelöst und die „Atlantis“ löste sich von der ISS. Als der Abstand sich auf 120 m vergrößert hatte, leitete Shuttle Pilot Frick die übliche Umfliegung der ISS ein, bevor sich der Orbiter auf den Rückflug zur Erde begab. Während der nächsten eineinhalb Tage bereitete die Mannschaft nun die Landung vor. Fracht mußte sicher verstaut werden, die Ku-​Band Antenne wurde eingeklappt und das OMS System überprüft. Dann setzte die „Atlantis“ zur Landung in Cape Canaveral an. Am 19.04.2002 um 16:27 UTC setzte der Orbiter sicher nach einem Flug von 259:43 h auf der Runway 33 des KSC auf.