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Start von New Horizons
New Horizons in der Payload Hazardous Servicing Facility
Jupitermonde Io (mit Vulkantätigkeit) und Europa
Pluto Kompositaufnahme vom 13.07.2015 aus 450.000 km Entfernung
die erstaunlich strukturreiche Oberfläche von Charon

Mehrfach war der Start der ersten Raumsonde zum Planeten (heute Zwergplaneten) Pluto verschoben worden. Zunächst hatte Lockheed Martin, Hersteller der Trägerrakete, Zeit für zusätzliche Kontrollen der Rakete erbeten. Im September waren Probleme mit einem nach einem neuen Verfahren gefertigten Treibstofftank entdeckt worden, wie er in ähnlicher Form auch bei der Atlas V für die Raumsonde New Horizons eingesetzt wurde. Da das Startfenster sich aber am 11.01.2006 für immerhin 35 Tage öffnete, sah man darin noch keine Gefährdung der Mission, als das Problem am 16.12.2005 bekannt wurde. Am 06.01.2006 waren die Überprüfungen dann auch abgeschlossen und die Rakete wurde freigegeben. Der Start wurde nun für den 17.01.2006 geplant. Doch starke Höhenwinde außerhalb der zulässigen Limits erzwangen an diesem Tag eine Verschiebung um 24 Stunden. Am 18.01.2006 führten heftige Stürme in Maryland zu einem Stromausfall im Kontrollzentrum für New Horizons. Zwar verfügte das Johns Hopkins Applied Physics Laboratory über eine Notstromversorgung, doch wollte niemand ein unnötiges Risiko eingehen. Am nächsten Tag gab es dann einen reibungslosen Countdown und Start. Die Atlas V Mod. 551 (mit zusätzlicher Star-​48 B Stufe) beschleunigte New Horizons auf annähernd 58.350 kmh–1 . Nach knapp 45 min wurde New Horizons von der Feststoff-​Kickstufe abgetrennt, die ihr die letzte Beschleunigung gegeben hatte. Trotz der Rekordgeschwindigkeit lag ein Weg von neuneinhalb Jahren vor der Sonde bis zur Ankunft an Pluto, dem äußersten Planeten(?) unseres Sonnensystems. Gerade als die letzten Tests für die Mission liefen, war nämlich eine Diskussion aufgekommen, ob Pluto überhaupt zu den Planeten zu zählen war. Außerdem wurde 2003 ein Himmelskörper entdeckt, der auf einer Bahn weit außerhalb der von Pluto um die Sonne kreist. Das Sedna getaufte Objekt wurde von manchen Wissenschaftlern als zehnter Planet angesehen. Natürlich nicht von jenen, die schon Pluto diesen Status absprachen. An Bord der Raumsonde flog auch eine winzige Menge Asche des Pluto Entdeckers, des amerikanischen Astronomen Clyde W. Tombaugh. Der hatte 1930 eher durch Zufall den lange gesuchten neunten Planeten entdeckt. Als er 1997 starb, war die Realisierung der von ihm so erhofften Mission zum Pluto noch nicht gesichert. Doch nun ehrte die NASA ihn, indem sie ihm eine „Reise“ zu „seinem“ Planeten ermöglichte. Die wissenschaftliche Mission von New Horizons bestand, nach einem swing-​by Manöver an Jupiter, in der Kartierung der Oberfläche von Pluto und Charon (seines größten Mondes), der Charakterisierung ihrer Geologie und Morphologie, der Untersuchung der Atmosphäre Plutos, der Suche nach einer Atmosphäre von Charon, der Messung der Oberflächentemperatur beider Himmelskörper und schließlich der Suche nach weiteren Monden. Als Bonus hofften die Wissenschaftler auf die Erforschung weiterer Objekte des Kuiper-​Gürtels. Nach zwei kleinen Bahnkorrekturen am 28.01.2006 und 30.01.2006 war New Horizons exakt auf Kurs zu einem imaginären Punkt im Jupiter-​System, an dem Ende Februar 2007 das „Gravity Assist“ Manöver für die weitere Beschleunigung in Richtung Pluto geplant war. Am 28.02.2007 erfolgte das Swing-​by-​Manöver am Jupiter. Dabei gewann New Horizons 3.890 ms–1  und wurde um etwa 2,5° aus der Ekliptik ausgelenkt. Damit stand der Kurs zu Pluto. Der Vorbeiflug lieferte die Gelegenheit, einige der Instrumente zur Erkundung von Jupiter und seinen Monden einzusetzen. Beispielsweise konnte der Ausbruch des Tvashtar Vulkans auf dem Jupitermond Io beobachtet werden. Nach dem Jupiter-​Swing-​by und der Übertragung der dabei gewonnenen Daten wurde die Sonde am 28.06.2007 in einen mehrjährigen „Winterschlaf“ versetzt. Gelegenheiten für sinnvolle wissenschaftliche Beobachtungen anderer Planeten oder Asteroiden ergaben sich danach zunächst nicht mehr. Und so begannen erst Anfang 2015 wieder in größerem Umfang mit der Annäherung an Pluto die Forschungen. Immer detailreichere Bilder von Pluto und Charon konnten gewonnen werden, bis am 14.07.2015 um 11:50 UTC Pluto in etwa 12.500 km Entfernung passiert wurde, gefolgt von Charon wenige Minuten später. Eine Woche später wurden vorab einige der vielversprechendsten Bilder und Daten übertragen. Aufgrund der großen Distanz dauerte die Übertragung sämtlicher Informationen, vor allem der unkomprimierten Bilddaten, rund ein Jahr. Unterdessen flog New Horizons hinaus in den Kuipergürtel. Bis zum Herbst 2014 hatte die NASA in einer Kampagne mit Unterstützung interessierter Laien Aufnahmen des Hubble Space Telescope ausgewertet, um nach neuen möglichen Zielen für New Horizons jenseits der Pluto Bahn zu suchen. Fünf Kandidaten kamen in die engere Wahl, bevor man sich für 2014 MU69  entschied, ein auf 25 bis 45 km Durchmesser geschätztes Objekt, das zum Jahreswechsel 2018/19 erreicht werden sollte. Die maximale Annäherung auf etwa 3.000 km war am Neujahrstag 2019 erreicht. Unter Einsatz der kompletten Instrumentensuite erfolgte die Erkundung des schließlich (486958) Arrokoth getauften Objekts, das sich als Doppelsystem aus zwei pfannkuchenförmigen Körpern erwies. Der Erfolg auch dieser Kampagne bestärkte die NASA darin, nach weiteren Kuipergürtelobjekten zu suchen, die für eine Erkundung durch New Horizons in Betracht kamen. Zunächst bis Ende 2021 war die Finanzierung der Kuiper Belt Extended Mission (KEM) sichergestellt.