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Testlauf der Falcon 1 am 21.03.2006
Falcon 1 F1 Rocketcam
FalconSat 2 in der Nutzlastverkleidung

Der seit den 1980er Jahren erste Versuch eines Privatunternehmens, mit einer eigenentwickelten Rakete einen revolutionär günstigen Zugang zum Weltraum anzubieten, scheiterte am 24.03.2006 auf dem Kwajalein Atoll. Jedenfalls beim Jungfernflug. Der erfolgreiche Unternehmer Elon Musk hatte ein kleines Team erfahrener Raumfahrttechniker und junger Ingenieure um sich geschart und im Juni 2002 die Firma Space Exploration Technologies Corporation (kurz SpaceX) gegründet. Ihr erstes Projekt war die zweistufige Falcon 1  Rakete. Ausgelegt auf eine hohe Zuverlässigkeit bei perspektivisch teilweiser Wiederverwendbarkeit der Stufen sollte sie zu sehr günstigen Preisen bis zu 570 kg auf erdnahe Umlaufbahnen transportieren können. Die Rakete, eine vollkommene Neuentwicklung, setzte andererseits auf bewährte Komponenten aus anderen Raumfahrtprogrammen. Vor allem die Triebwerke wurden komplett neu entwickelt und nicht von einem der etablierten Triebwerkshersteller bezogen. Und so zog sich die Fertigstellung der Rakete doch länger hin, als SpaceX erwartet hatte. Noch im Oktober 2003 erwartete man den Jungfernflug der Falcon 1 im Januar 2004. Aber erst im Oktober 2004 konnte die Rakete auf der Vandenberg AFB für Abnahmetests aufgerichtet werden. Im Mai 2005 fand dort ein heißer Triebwerkslauf der startbereiten Rakete statt. Doch auch der nun für Anfang 2005 geplante Start mußte verschoben werden. Nun kamen nämlich auch noch Bedenken der USAF hinzu, die eine Gefährdung einer in Vandenberg startbereit stehenden Titan IV Rakete sahen, sollte der Jungfernflug der Falcon 1 mißlingen. SpaceX mußte den Start von Vandenberg auf das Kwajalein Atoll verlegen, wo man eine provisorische Startanlage errichtet hatte. Kleinere technische Probleme verzögerten den nun für September 2005 anberaumten Start immer weiter. Schließlich wurde der 26.11.2005 als Starttermin festgesetzt. Meteorologische und technische Probleme erzwangen ein mehrfaches Anhalten des Countdowns. Schließlich mußte der Startversuch abgebrochen werden, als sich zeigte, daß die Heliumvorräte nicht so schnell ersetzt werden konnte, wie sie bei den tropischen Temperaturen verdampften. Ein falsch eingestelltes Ventil hatte zum Verlust eines großen Teils des flüssigen Sauerstoffs geführt, der nicht nur als Oxidator diente, sondern auch die Heliumtanks kühlte. Eine Analyse der Situation führte schließlich zum Abbruch des Countdowns. Der nächste Startversuch am 19.12.2005 endete mit der Beschädigung der ersten Stufe. Zu heftige Höhenwinde hatten den Start unmöglich gemacht. Und so wurde mit dem Enttanken der Rakete begonnen. Ein elektrischer Defekt an der Ventilsteuerung führte dabei dazu, daß sich im Kerosintank der Erststufe ein Vakuum bildete und die Tanks sich verformten. Nachdem eine neue Stufe eingeflogen worden war, wurde als neuer Starttermin der 09.02.2006 festgesetzt. Im Ergebnis eines weiteren heißen Triebwerkstests wurde der Start aber verschoben. Ein erneuter Testlauf machte endlich den Weg frei für einen Start am 24.03.2006. An diesem Tag hob die Falcon 1 mit ihrer Nutzlast, dem kleinen, von Studenten der U.S. Air Force Academy gebauten, FalconSAT 2, von Omelek Island ab. Nach einem zunächst scheinbar reibungslosen Start geriet die Rakete nach wenigen Sekunden Flug außer Kontrolle. Eine erste Analyse zeigte unmittelbar nach dem Start den Ausbruch eines Feuers im Triebwerksbereich. Dies führte nach 25 s zu einem Druckverlust im Heliumsystem. Als ein kritischer Wert erreicht war, wurde nach 29 s der Treibstoffzufluß abgestellt. Einige Sekunden später schlug die Falcon 1 auf dem Meer auf. Der Satellit stürzte hingegen zusammen mit anderen Trümmern über Omelek ab und durchschlug ein Hallendach.
Der bei dem Fehlstart verlorengeangene FalconSAT 2 war ursprünglich zum Start bei der Space Shuttle Mission STS-​114  im Januar 2003 vorgesehen gewesen. Doch nach dem Verlust des Orbiters „Columbia“ war ein Starttermin nicht mehr abzusehen. Die USAF, die Interesse am SpaceX Falcon Programm hatte, buchte so den Jungfernflug der Falcon 1. Mit FalconSAT 2 war die Untersuchung von Plasma-​Phänomenen geplant gewesen, die u.a. die GPS Signalübertragung beeinträchtigten. Vor allem aber sollten die Kadetten Erfahrungen beim Design, Bau und Betrieb des Mikrosatelliten sammeln.
Die Untersuchung des Fehlstarts ergab, daß schon Minuten vor dem Start Kerosin ausgetreten war, das sich dann entzündete. Zunächst wurde menschliches Versagen als Ursache des verhängnisvollen Feuers angesehen, da zuvor ein Techniker an einer Zuleitung des Treibstoffsystems gearbeitet hatte. Entgegen der Annahme, er habe die Verschraubungen nicht wieder korrekt angezogen, fanden sich dann aber korrodierte Aluminium-​Überwurfmuttern. Bis zum ersten erfolgreichen Flug einer Falcon 1 sollte es noch ein langer Weg sein. Und ein kommerzieller Erfolg wurde die Rakete auch nicht. Doch konnte SpaceX hier tatsächlich die wertvollen Erfahrungen sammeln, die zu dem für die etablierte Konkurrenz vollkommen überraschenden Erfolg der Falcon 9 Familie Jahre später führten. Auch auch aus diesem Fehler wurden die richtigen Schlüsse gezogen. Die Muttern wurden gegen korrosionsbeständigere wenn auch schwerere aus Edelstahl getauscht. Vor allem aber verdreißigfachte man die Zahl der Computer-​Parameterabfragen vor dem Start.