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Start des ersten OTV (X-37B)
das OTV 1 vor dem Schließen der Nutzlastverkleidung
Inspektion des OTV nach dem ersten orbitalen Flug

Zu einer geheimnisvollen Mission startete am 22.04.2010 von Cape Canaveral eine Atlas V Mod. 501. Unter der großvolumigen Nutzlastverkleidung, soviel war bekannt, verbarg sich eine Miniatur-​Raumfähre namens OTV 1  (Orbital Test Vehicle). Deren Entwicklung war ursprünglich ab 1999 im Auftrag der NASA für das X-​37  Programm begonnen worden. Das Projekt war die Fortführung des X-​40  Programms, mit dem lediglich einige Abwurftests vom Hubschrauber unternommen worden waren. Die X-​37  sollte zunächst einmal in der Nutzlastbucht des Space Shuttle in den Orbit gelangen und nach einer unbemannten Erprobung im Gleitflug zur Erde zurückkehren. Später hoffte die NASA, aus der X-​37  ein Rettungsraumschiff für die ISS ableiten zu können. Doch nach dem „Columbia“ Unglück im Februar 2003 waren diese Pläne Makulatur. Nun wurde erwogen, die X-​37  unverkleidet an der Spitze einer Delta II zu starten. Es gab jedoch begründete Sorgen, daß die Delta II nicht die notwendigen Steuerkräfte aufbringen konnte, um die aerodynamischen Einflüsse zu kompensieren, die auf den Orbiter an der Spitze der Rakete wirken würden. Daher kam man rasch zu dem Entschluß, die gesamte X-​37  verkleidet zu starten. Als Trägerrakete empfahl sich die Atlas V. Nachdem die NASA mehrere 100 Mio. $ in das Projekt investiert hatte, zog sie sich 2004 aus der Entwicklung zurück. Das Programm wurde per 13.09.2004 von der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) übernommen. Zwischen Frühjahr und Herbst 2006 wurden dann atmosphärische Testflüge unter dem „White Knight“ Trägerflugzeug von Scaled Composites unternommen, die in mehreren Abwurftests mit anschließender autonomer Landung gipfelten. Im November 2006 gab die USAF bekannt, daß man beabsichtigte, den NASA Entwurf X-​37 A zur USAF X-​37 B weiterzuentwickeln. Die Umsetzung der Pläne erfolgte auch weiterhin in den Boeing Phantom Works. Rätselhaft blieb weiterhin das Ziel dieser Entwicklung. Offiziell wurde die X-​37  lediglich als Erprobungsträger für neue Technologien und Lösungen bezeichnet. So war der Hitzeschild eine fortschrittliche Weiterentwicklung der Silizium-​Kacheln des Space Shuttle. Und das autonome Landesystem erprobte nun Techniken, die einst ebenfalls für das Shuttle Programm konzipiert worden waren. Auffallend war jedoch die Auslegung der X-​37  für einen bis zu 9-​monatigen Weltraumaufenthalt. Zwar war die Nutzlastkapazität mit 250 kg ebenso bescheiden wie die Größe der Nutzlastbucht (2,13×1,22 m). Doch zusammen mit einer ausklappbaren Solarzellenfläche und einer beachtlichen Manövrierfähigkeit durch den verbauten Hydrazin-​Antrieb ergab sich mit der X-​37 B aus Sicht vieler Experten durchaus eine agile Aufklärungsplattform.
Nach einer Reihe von Terminverschiebungen erreichte die erste X-​37 B unter der Codebezeichnung USA 212 schließlich am 22.04.2010 ihre Bahn. Bereits deren Parameter unterlagen der Geheimhaltung. Und so verlief auch der Rest der Mission bis zur Ankündigung der bevorstehenden Landung. Doch schon nach vier Wochen hatte ein Netzwerk von weltweit agierenden Amateuren die X-​37  auf ihrer Bahn aufgespürt und verfolgte danach akribisch alle ihre Bahnmanöver. Ihren Beobachtungen zufolge bewegte sich das OTV 1 auf einer Bahn, die den Überflug eines bestimmten Punkts auf der Erdoberfläche alle vier Tage sicherstellte. Und die zudem sowohl über Afghanistan, als auch über Nordkorea führte. Alles Indizien dafür, daß es sich bei der X-​37 B nicht nur um den Technologiedemonstrator eines rückführbaren Raumschiffs handelte. Am 30.11.2006 gab die USAF dann bekannt, daß die Landung der X-​37 B innerhalb einer Woche stattfinden würde. Am 03.12.2010 um 09:16 UTC setzte das Mini-​Shuttle schließlich vollautomatisch gesteuert auf der Runway der Vandenberg AFB in Kalifornien auf. Einziger Zwischenfall dabei war ein geplatzter Reifen. Abgesehen von kleineren Schäden an der Unterseite präsentierte sich die X-​37  danach in ausgezeichnetem Zustand. Das bereitete den Weg zum Start eines Schwesterschiffs, der bereits am 05.03.2011 erfolgte.