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die Delta IV Heavy mit „Orion“ auf SLC-37B
Computergrafik von „Orion“ EFT-1
„Orion“ Kapsel nach dem EFT-1 Flug auf dem Weg zur Landung
Einheiten der USS Anchorage sichern die „Orion“ Kapsel nach dem EFT 1 Flug

Als im Jahr 2006 der damalige US Präsident George W. Bush das Raumfahrtprogramm „Constellation“ initiierte, das bemannte Flüge in die Erdumlaufbahn sowie zum Mond und Mars vorsah, schien der Kurs der NASA nach der angekündigten Einstellung des Space Shuttle Programms absehbar. Allerdings gab es schon damals Kritik an dem breit gestreuten Programm und der nicht im Geringsten ausreichenden Finanzierung. Und so übernahm der neue US Präsident Barack Obama 2009 zwar zunächst das ungeliebte „Constellation“ Programm, ließ es aber durch die hochkarätig besetzte Augustine-​Kommission kritisch auf seine Umsetzbarkeit (und Finanzierbarkeit) überprüfen. Anfang 2010, zu diesem Zeitpunkt waren bereits rund 5 Mrd. $ in das Projekt geflossen, wurde der Abbruch angeordnet. Die Unterfinanzierung des Projekts hatte bereits zu erheblichen Verzögerungen geführt, während ein klares Ziel nicht erkennbar war. Zwar war das Shuttle Programm um ein weiteres Jahr verlängert worden (was aber wiederum die Budgetsituation verschärfte), doch zeichnete sich ab, daß das geplante Nachfolgesystem aus Ares I Rakete und Orion Raumschiff frühestens 2017 bereit stehen würde. Obamas neues Konzept sah nun vor, die Privatwirtschaft stärker zu Investitionen in den Raumfahrtsektor zu animieren. So wurde der NASA die Zuständigkeit für die Versorgung der ISS mit Nachschubgütern entzogen. Vielmehr sollte diese koordinierend tätig werden und sich ansonsten auf Missionen mit dem Multi-​Purpose Crew Vehicle (MPCV) — vormals Orion — jenseits der Erdumlaufbahn konzentrieren. Eine Rückkehr zum Mond wurde dabei allerdings als nicht sinnvoll angesehen. Stattdessen sollten Flüge beispielsweise zu einem Asteroiden helfen, das know-​how für die ultimative Mars-​Mission zu sammeln. Auch das neue Konzept klammerte viele Fragen aus und litt darunter, daß US Senatoren vor allem um den Erhalt von Arbeitsplätzen in ihren Wahlbezirken kämpften. Technisch entsprach das neue Space Launch System als Nachfolger der Ares Rakete wieder nicht unbedingt dem optimalen Entwurf. Dafür fanden sich viele Teile des Space Shuttle Programms (Booster, Erststufentriebwerke, Tankstrukturen u.a.m.) darin wieder. Spötter übersetzten SLS daher schon bald mit Senate Launch System. Noch immer war allerdings die Finanzierung des Programms kaum ausreichend, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Das und die in den letzten Jahrzehnten verlorengegangene Erfahrung der NASA beim Management vergleichbarer Programme führten dazu, daß der erste (unbemannte) Erprobungsflug eines vollwertigen MPCV auf einem Entwicklungsmuster des SLS erst Ende 2018 erwartet wurde. Um auf dem Weg dahin praktische Erfahrungen sammeln zu können — und wohl auch wichtige Öffentlichkeitsarbeit zur Unterstützung des Projekts zu leisten — wurde ein Exploration Flight Test konzipiert. Für den für 2014 geplanten EFT 1 standen allerdings weder die SLS Rakete noch ein Servicemodul für das Raumschiff zur Verfügung. Daher plante man von Beginn an den Start auf einer Delta IV Heavy. Statt eines echten Servicemoduls mit Solarzellenflächen bildete eine stark vereinfachte Ausführung mit Batterien zur Energieversorgung den Übergang zwischen Raumkapsel und Delta Cryogenic Second Stage (DCSS).
Da andere ULA (United Launch Alliance) Missionen Vorrang erhalten hatten und um mehr Zeit zur Vorbereitung des Fluges zu haben, wurde bereits im März 2014 entschieden, den Test von September auf Dezember 2014 zu verschieben. Am 04.12.2014 stand die Rakete auf SLC-​37 B zu der mit Spannung erwarteten Mission bereit. Fünf Jahrzehnte zuvor waren von diesem Startkomplex die ersten Saturn Raketen gestartet, die den Weg zur bemannten Mondlandung bereitet hatten. Ein Start beim ersten Countdown war der EFT 1 Mission nicht vergönnt. Starke Höhenwinde und Ventilprobleme erzwangen einen Aufschub um einen Tag. Immerhin gelang am 05.12.2014 um 12:05 UTC ein Bilderbuchstart von Cape Canaveral. Die kritischen Elemente des Aufstiegs wurden fehlerfrei bewältigt. So erfolgte nach 6:15 min der Abwurf der ungewöhnlichen dreiteiligen Nutzlastverkleidung, gefolgt vom Launch Abort System fünf Sekunden später. Zwei Zündungen der Delta Zweitstufe brachten das Orion Raumschiff auf eine hochelliptische Bahn, die bis auf 5.800 km Höhe und durch die van-​Allen Strahlungsgürtel führte. Fast dreieinhalb Stunden entsprechend zwei Erdumläufen vergingen, bis sich die Orion Kapsel von ihrem Servicemodul und der DCSS trennte. Unter Kontrolle der Bordcomputer und Einsatz des Reaction Control System (RCS) stürzte die Kapsel nun mit bis zu 32.000 kmh–1  zur Erde zurück. Das mehrstufige Fallschirmsystem stabilisierte und bremste die Kapsel während der letzten vier Minuten des Fluges. Etwa 1.030 km süd-​süd-​östlich von San Diegeo wasserte die Orion Kapsel schließlich am 05.12.2014 um 16:29 UTC im Pazifik. Eine Predator-​Drohne lokalisierte sie als erste. Die USS Anchorage (LPD-​23), ein amphibisches Transport Dock Schiff, stand in der Landezone bereit und barg wenig später ohne Probleme die Kapsel. Mehr als 1.200 Sensoren hatten eine Fülle an Daten zum Verlauf des Fluges gesammelt, ergänzt von den Bildern mehrerer Kameras. Die Auswertung des Materials nahm zwar Monate in Anspruch. Doch die erste Einschätzung von NASA und Lockheed Martin Ingenieuren deutete auf einen weitgehend fehlerfreien Flug.