Address:
Aufrichten der Trägerrakete mit EgyptSat-A auf Platz 31 in Baikonur
Sen streams 4K video from space

Ägypten, das seiner ersten beiden Erderkundungssatelliten aus der Ukraine bzw. Rußland bezogen hatte, schloß auch den Vertrag über Lieferung und Start eines dritten Exemplars wieder mit Rußland ab. Dabei waren die Ergebnisse der vorangegangenen Missionen eher ernüchternd gewesen. Zum von KB Juschnoje entwickelten EgyptSat 1 war nach gut drei Jahren der Kontakt abgebrochen. Und EgyptSat 2 von RKK Energija geriet sogar schon nach einem Jahr außer Kontrolle. Der Auftrag für EgyptSat-​A war dann auch eher das Resultat von Verpflichtungen, die RKK Energija im Vertrag über EgyptSat 2 eingegangen war. Ausgehend von den Erfahrungen bei dessen Betrieb, und insbesondere den Umständen, die zu seinem Verlust geführt hatten, wurden beim Design des ähnlichen EgyptSat-​A einige Verbesserungen eingeführt. Zwar basierte er wieder auf dem 559 GK Bus von RKK Energija. Und das optische System (Auflösung 1 m panchromatisch, 4 m multispektral) lieferte erneut das weißrussische Unternehmen OAO Peleng. Doch waren das Energieversorgungs– und Kommunikationssystem überarbeitet worden. Die Entwicklung verlief offenbar nicht ganz unproblematisch, Probleme bereitete wohl vor allem die Substitution von Elektroniksystemen aus westlicher Produktion, die nach der Annexion der Krim einem Lieferembargo unterlagen. Dies führte dazu, daß die Tests des Satelliten erst nach dem ursprünglich bekanntgegebenen Starttermin abgeschlossen werden konnten. Der zum Jahresende 2018 geplante Start war damit hinfällig. Sattdessen wurde das Unternehmen als erster russischer Satellitenstart des Jahres für den Februar 2019 angesetzt. Am 21.02.2019 hob die Sojus-2.1 b 14A14 mit Fregat 14S44  Bugsierstufe von Baikonur ab. Ziel war ein sonnensynchroner Orbit in 650 km Höhe, eine eher ungewöhnliche Bahn für einen Start von Baikonur. Im Gegensatz zu ähnlichen Missionen, bei denen der Start auch schon einmal in Richtung Süden erfolgt war, flog die Rakete diesmal einen nördlichen Kurs. Kurze Zeit nach dem Start kamen in den russischen Medien erste Meldungen auf, die von Problemen mit der Rakete berichteten. Doch EgyptSat-​A erreichte die geplante Bahn. Das aber nur dank der Tatsache, daß die eingesetzte Raketenkombination erhebliche Leistungsreserven besessen hatte, ja eigentlich sogar erheblich überdimensioniert gewesen war. Tatsächlich hatte nämlich die dritte Raketenstufe vorzeitig Brennschluß gehabt und die Bugsierstufe mit der Nutzlast knapp 60 km zu niedrig ausgesetzt. Doch die Fregat konnte das während ihrer zweiten Brennphase nahezu perfekt kompensieren — und anschließend sogar noch die Bahnabsenkung für ihren gezielten Wiedereintritt einleiten.
Das neuerliche Oberstufenproblem ließ unmittelbar Befürchtungen hinsichtlich anderer Sojus-​Missionen (bemannt und unbemannt) aufkommen. Tatsächlich liefen gerade in Französisch Guyana die Vorbereitungen für eine Sojus/Fregat Mission, die auch prompt angehalten wurden. Doch vier Tage nach dem Zwischenfall war klar, wo die Ursache zu suchen war. Einmal mehr handelte es sich um menschliches Versagen. Diesmal war die Tankvorrichtung falsch eingestellt und daher zu wenig Oxidator getankt worden. Das bereitete den Weg für die rasche Wiederaufnahme der Sojus Starts. Doch die Zweifel am Zustand der russischen Raumfahrt in Gänze verstärkten sich eher noch.
Auch wenn als offizieller Betreiber des Satelliten die ägyptische National Authority for Remote Sensing and Space Sciences (NARSS), eine zivile Behörde, fungierte, war es doch ein offenes Geheimnis, daß zu den bevorzugten Nutzern des Bildmaterials der EgyptSat Satelliten das Militär zählte. Entsprechend detailarm war die Berichterstattung im Vorfeld des EgyptSat-​A Starts. Eine eigentlich angekündigte Live-​Übertragung des Starts im Internet wurde im letzten Augenblick ohne Angabe von Gründen abgesagt. Auch danach gab es keine öffentlich zugänglichen Erdaufnahmen, die die Qualität des Systems hätten bestätigen können. Doch im Mai 2019 trat eine bis dahin wohl nur Insidern bekannte Sen Corporation Ltd. mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Schon zuvor waren einige Aufnahmen öffentlich geworden, die offenbar von einer auf EgyptSat-​A installierten Videokamera stammten. Wie sich nun herausstellte, stand dahinter das britische Unternehmen Sen, das sechs 4 K Video-​Kameras, davon zwei robotisch schwenkbare, auf dem Satelliten untergebracht hatte. Charles Black, Gründer des Space Exploration Network, hatte sich der Idee der „Demokratisierung der Raumfahrt“ verschrieben und wollte mit einer Video-​Streaming-​Plattform für 4 K Videos aus dem Orbit ebenso Begeisterung für die Raumfahrt auslösen wie zum Schutz des Planeten aufrufen. Zugleich bot er Raumfahrtunternehmen die Chance, den Zustand ihrer Satelliten mittels schwenkbarer Kameras in Echtzeit zu bewerten.