Nach dem Fehlstart der ersten Ariane-5ECA, der die Verantwortlichen bei ESA und Arianespace vollkommen überraschend getroffen hatte (war das neue Modell doch als evolutionäre Weiterentwicklung ohne besondere Entwicklungsrisiken angesehen worden), fand sich die europäische Raumfahrt in einer kritischen Situation wieder. In Erwartung eines reibungslosen Übergangs vom Ariane-5G Ursprungsmodell zur neuen „10 Tonnen Ariane“ war die Fertigung der kryogenen Hauptstufe der Ariane bereits komplett auf das neue Modell umgestellt worden. Bei unveränderten Außenabmessungen verfügte die Stufe nun über mehr (und anders aufgeteiltes) Tankvolumen, war aber auch deutlich schwerer. Zur Überbrückung der Zeit bis zum Abschluß der Re-Qualifikation der Ariane-5ECA mußte aber eine Lösung gefunden werden, Arianespace im Startgeschäft zu halten. Also entschied man sich für eine Hybridvariante, bei der eine Reihe von Maßnahmen die Nutzlasteinbuße durch die schwerere EPC (étage principal cryogénique) Hauptstufe bestmöglich kompensieren sollten. Eine überarbeitete Variante des bisherigen „Vulcain“ Nebenstromtriebwerks wurde eingeführt, Anpassungen an die geänderten Tankvolumina vorgenommen. Aus dem „Evolution“ Programm, in dem bereits Schritte zur Weiterentwicklung der Ariane definiert waren, wurden Modifikationen der EAP (étages d’accélération à poudre) übernommen. Speziell betraf das das oberste (S1) Segment, dessen Treibstoffzuladung um rund 2,4 Tonnen gesteigert werden konnte. Weiterhin bestanden die Booster aus zwei zwei großen Segmenten, die erst vor Ort in Kourou mit dem Treibstoff befüllt wurden, und zwei kurzem Kopfstück, das bereits in Colleferro (Italien) befüllt wurde. Ursprünglich wurden die Stahlgehäuse mit sogenannten Clevis/Tang verbunden, welche eine höhere Sicherheit gegen ein Durchbrennen boten, als dies beim Space Shuttle selbst nach den Modifikationen infolge des „Challenger“ Unglücks der Fall war. Allerdings war die Lösung noch immer relativ schwer, so daß ebenfalls im Rahmen des „Evolution“ Programms eine geschweißte Verbindung entwickelt wurde. Neben niedrigeren Kosten resultierte daraus eine insgesamt um drei Tonnen niedrigere Masse, entsprechend einem Nutzlastzuwachs von 150 kg. Um den gewünschten Schubverlauf zu erreichen, waren die drei Segmente der Booster im Querschnitt unterschiedlich ausgeführt. Beim S1 Segment handelte es sich um einen Sterninnenbrenner, was für einen hohen Startschub sorgte, der rechtzeitig zum Zeitpunkt der maximalen aerodynamischen Beanspruchung (Max Q) auf ein Minimum absank. S2 und S3 waren als Kreisinnenbrenner gestaltet und ließen den Schub auf ein Maximum im Vakuum ansteigen. Zum Zweck der Schubvektorkontrolle konnten die Düsen der Booster um zwei Achsen maximal 6,5° ausgelenkt werden. Die modifizierten Booster hatten auch verlängerte Düsen erhalten, die für den Betrieb im Vakuum weiter optimiert worden waren. Auch bei der wiederzündbaren EPS (étage à propergols stockables) Oberstufe konnte die maximal mögliche Treibstoffmenge um etwa 300 kg erhöht werden. Das „Aestus“ Triebwerk war zur Steuerung um Nick– und Gierachse um zwei Achsen schwenkbar. Von der Ariane-5ECA übernahm man Material und Fertigungsverfahren für die leichtere VEB (Vehicle Equipment Bay). Deren Unterbau bestand nun aus einer Wabenstruktur mit einer Beplankung aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. In der VEB waren der Großteil der Avionik und Telemetrie, die Kreiselplattformen und das Lageregelungssystem mit seinen Hydrazin-Triebwerken untergebracht (bis auf die dort nicht benötigten Hydrazin-Triebwerke ebenfalls von der VEB-C der Ariane-5ECA übernommen). Die EPS saß weiterhin im Inneren der ringförmigen VEB Struktur. Obwohl prinzipiell alle drei Längen der Nutzlastverkleidung für die Ariane-5 GS verfügbar waren, kam nur die mittlere (medium/moyenne) — mit und ohne SYLDA (Système de Lancement Double Ariane) Doppelstartvorrichtung — zum Einsatz. Die Doppelstartmissionen (Flüge zwei bis fünf) setzten ausschließlich die SYLDA E mit einem 30 cm Erweiterungssegment (Gesamthöhe 5,2 m) ein.
Gesamtsystem | |
Nation | Europa (ESA/Arianespace) |
Bezeichnung(en) | Ariane-5 GS, AR-5 GS |
Entwicklungszeitraum | 1995 – 2005 |
erster Start | 11.08.2005 |
Einsatzzeitraum | 2005 – 2009 |
Stufenzahl | 2 + 2 Feststoffbooster |
Gesamthöhe | ca. 54,0 m |
Basisdurchmesser | 5,46 m |
max. Nutzmasse | ca. 6.500 kg (GTO — Single Start) ca. 6.000 kg (GTO — Dual Start) ca. 20.000 kg (LEO) |
Trockenmasse | |
Treibstoffmasse | |
Startmasse | um 747.000…753.000 kg |
Startschub | 11.629 kN [] |
Feststoff-Starthilfen | |
Hersteller | EADS SPACE Transportation |
Bezeichnung(en) | EAP (P240) |
Länge | 31,61 m |
Durchmesser | 3,05 m |
Basisdurchmesser | 3,71 m |
Leermasse | 2× um 31.000 kg |
Treibstoffmasse | 2× um 238.000 kg |
Gesamtmasse | 2× um 277.500 kg |
Antrieb | je 1 Feststofftriebwerk Europropulsion MPS |
Treibstoff | Feststoff HTPB 1814 |
Startschub | [] |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | |
Brenndauer | 129…130 s |
1. Stufe | |
Hersteller | EADS SPACE Transportation |
Bezeichnung(en) | EPC (H158) |
Länge | 30,53 m |
Durchmesser | 5,46 m |
Leermasse | ca. 12.200 kg |
Treibstoffmasse | ca. 157.000…158.000 kg |
Gesamtmasse | |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk „Vulcain“ 1 b |
Treibstoff | Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff |
Startschub (nominal) | 897 kN [] |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | [] |
Brenndauer | 590 s |
2. Stufe | |
Hersteller | EADS SPACE Transportation |
Bezeichnung(en) | EPS (L9.7) |
Länge | 3,36 m |
Stufendurchmesser | 3,96 m |
Leermasse ohne Adapter | ca. 1.200 kg |
Treibstoffmasse | ca. 9.700 kg |
Gesamtmasse | |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk „Aestus“ |
Treibstoff | MMH + Stickstofftetroxid |
Vakuumschub | 29 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 321 s |
Brenndauer (total) | ca. 1.000 s |
Nutzlastverkleidung | |
Hersteller | Contraves Space |
Länge | ca. 13,8 m |
max. Durchmesser | 5,40 m |
Konstruktionsmasse | 2.130 kg |
Quellen:
ESA: Die Versionen der Ariane 5[A]Arianespace / EADS Astrium Launch Kits
ESA Bulletin (div. Ausgaben)