Der offizielle Startschuß für das damals noch LLV (Lockheed Launch Vehicle) genannte Programm zur Entwicklung einer Familie leichter Raumfahrtträgerrakten fiel im Januar 1993. Lockheed wollte mit drei Versionen seiner Rakete kostengünstig Startkapazitäten für den Bereich von 1 t bis etwa 4 t bei einer Bahnhöhe von 185 km anbieten. Auch der Start leichter Raumsonden, wie sie zu dieser Zeit von der NASA studiert wurden, war vorgesehen. Optimistisch wurde der Jungfernflug der kleinsten Variante bereits für den November 1994 geplant. Doch die Entwicklung verlief nicht ohne Probleme. Schließlich wurde die Lockheed Missiles & Space Company auch noch von Martin Marietta übernommen. Das neue Unternehmen Lockheed Martin verfolgte das Projekt aber weiter. Als Erststufe für die nun LMLV (Lockheed Martin Launch Vehicle) genannte Raketenfamilie war das „Castor-120 “ Triebwerk von Thiokol ausgewählt worden. Dieser hochmoderne Antrieb war mit dem Ziel entwickelt worden, die Lücke zwischen den verfügbaren kleinen Feststofftriebwerken und den gewaltigen Boostern von Titan IV und Space Shuttle zu schließen. Bereits 1989 hatte Thiokol mit der Entwicklung begonnen. Dabei griff man auf die Erfahrungen aus dem Bau von Triebwerken für die Polaris, Poseidon und Trident Raketen zurück, setzte aber modernste Technik ein. Das Gehäuse der Stufe wurde aus Kohlefasern gewickelt, eine Schubvektorsteuerung erlaubte Manöver um bis zu 5°. Im April 1992 und März 1993 fanden die ersten Testläufe der Stufe statt. Im Juni 1994 folgte das „Orbus 21D“ Triebwerk der Zweitstufe. Dieses basiert auf dem „Orbus 21“, das sich als Antrieb für die erste Stufe der IUS, in der TOS und als Kickstufe verschiedener Satelliten und Raumsonden bewährt hatte. Einige Wochen zuvor war bereits die Modell 92 Nutzlastverkleidung erfolgreich getestet worden. Auch das Orbit Adjust Module (OAM), dessen 10 Kleintriebwerke eine exakte Orbiteinsteuerung der Nutzlast und die Achsenstabilisierung der gesamten Rakete übernehmen, wurde erprobt. Dieser Hydrazin Antrieb stammte von Olin Aerospace (später Primex Space Systems) und bestand aus 10 MR-107 Triebwerken von jeweils 222 N Schub bei maximal 1.500 s Brenndauer. Seine Leermasse betrug 714 kg, der maximale Hydrazinvorrat 4.354 kg. Nach Abschluß der Komponentenerprobung konnte schließlich im August 1994 das Demonstration Launch Vehicle (DLV) montiert werden. Doch es dauerte, auch wegen Problemen mit der Nutzlast, bis zum August 1995, bis dieser Prototyp des LMLV-1 seinen Start erlebte. Wegen technischer Probleme mußte die Rakete jedoch nach der Stufentrennung gesprengt werden. Der Fehler konnte aber rasch gefunden und durch geringfügige Modifikationen behoben werden. Zwei Jahre später gelang dann der Start der ersten Rakete aus der Serienproduktion. Nach dem mißglückten Jungfernflug erhielt die Rakete zunächst den Namen „Astria“, wurde aber später in „Athena“ umbenannt. Startrampen für die „Athena“ Familie waren in Cape Canaveral, Vandenberg und auf dem Kodiak Spaceport in Alaska verfügbar. Die kommerziellen Aussichten für die Athena Familie verschlechterten sich in den 90er Jahren jedoch zunehmend, da zahlreiche weitere Startanbieter in dieser Leistungsklasse aktiv wurden. Auch war die Leistungscharakteristik der nur zweistufigen Athena I Rakete, die zudem noch über eine relativ schwere Oberstufe verfügte, im Vergleich mit den Mitbewerbern ziemlich ungünstig. Und die Castor-120 Erststufenbooster stammten zwar von der militärischen Peacekeeper Rakete ab, wurden jedoch für die Athena gesondert gefertigt. Lockheed Martin konnte also im Gegensatz zur Konkurrenz zur Kostensenkung nicht auf überzählige militärische Triebwerke zurückgreifen. Im Jahr 2001 stellte Lockheed Martin daher das Athena Programm ein, auch wenn offiziell immer von einer Fortführung bei Bedarf geredet wurde. Doch der fortschreitende Konzentrationsprozeß in der Raumfahrtindustrie führte dazu, daß nach der Jahrtausendwende keine neuen Feststofftriebwerke mehr für die Athena Familie verfügbar waren. Das bedeutete unwiderruflich das Ende des Programms.
Gesamtsystem | |
Nation | USA |
Bezeichnung(en) | Athena I (ex {tip:: Lockheed Martin Launch Vehicle“>LMLV-1 „Astria“, ex {tip:: Lockheed Launch Vehicle“>LLV) |
Entwicklungszeitraum | 1993 – 1995 |
erster Start | 15.08.1995 (Fehlstart) |
Einsatzzeitraum | 1995 – 2001 |
Stufenzahl | 2 |
Gesamthöhe | 19,10 m |
Basisdurchmesser | 2,34 m |
max. Nutzmasse | 800 kg (auf 200 km Kreisbahn @ 28,5°) 800 kg (auf 200 km Polarbahn) |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Startmasse | 66.340 kg |
Startschub | 1.630 kN |
1. Stufe | |
Hersteller | Thiokol |
Bezeichnung(en) | Castor-120 |
Länge | 8,81 m |
Durchmesser | 2,34 m |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | 48.990 kg |
Gesamtmasse | 53.300 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk Cordant Technologies (Thiokol) |
Treibstoff | Feststoff HTPB |
Startschub | 1.630 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 280 s |
Brenndauer | 82..85,9 s |
2. Stufe | |
Hersteller | UTC |
Bezeichnung(en) | ESBM |
Länge | 3,15 m |
Durchmesser | 2,34 m |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | 9.780 kg |
Gesamtmasse | 10.580 kg |
Antrieb | 1 Feststofftriebwerk Pratt & Whitney (UTC) „Orbus 21D“ |
Treibstoff | Feststoff HTPB |
Vakuumschub | 194,47 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 293 s |
Brenndauer | 146..154 s |
Nutzlastverkleidung | |
Länge | |
max. Durchmesser | |
Strukturmasse |