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CZ-​4 A

Trägerrakete

CZ-4

Die konkrete Entwicklung der chinesischen Trägerraketenfamilie CZ-​4  reicht in das Jahr 1979 zurück, als bei der Shanghai Academy of Space Flight Technology (SAST) erste konkrete Studien für einen alternativen Träger zum Start geostationärer Nutzlasten angestellt wurden. Ausgegangen wurde von der unglücklichen FB-​1 , einem konkurrierenden Entwurf zur letztlich erfolgreichen CZ-​2  zum Start der ersten FSW Rückkehrsatelliten. Die CZ-​2 wiederum hatte der Chinese Academy of Launch Vehicle Technology (CALT) als Basis für den CZ-​2 B Entwurf gedient, der schließlich als CZ-​3  realisiert wurde. Riskantestes Element des Pekinger Modells war die neue Flüssigsauerstoff/-​wasserstoff Drittstufe. Als Rückfalloption kam der Shanghaier CZ-​2 A Entwurf ins Spiel, dessen Triebwerk auf die bewährte Treibstoffkombination aus UDMH und Stickstofftetroxid setzte. Noch vor dem ersten erfolgreichen Start der CZ-​3  (1984) wurde die CZ-​2 A Entwicklung 1982 abgebrochen bzw. neu ausgerichtet. Ziel war es jetzt, einen Träger für sonnensynchrone Orbits zu schaffen. Dieser Entwurf erhielt schließlich die Bezeichnung CZ-​4 A. Aufgrund ihrer gemeinsamen Ursprünge hatten die beiden neuen Raketenfamilien große Ähnlichkeiten. Im Detail und bei einer Reihe konstruktiver Lösungen bestanden allerdings durchaus Unterschiede. Beispielsweise verlängerte die SAST die erste Stufe um mehr als vier Meter, so daß auch das Volumen der zylindrischen Tanks (Oxidator oben, Treibstoff unten) anstieg. Als Erststufenantrieb kam eine leistungsstärkere Variante des YF-​21  zum Einsatz. Auch für den Zweitstufenantrieb wurden etwas bessere Werte genannt, als bei der CZ-​3  oder CZ-​2 C. Allerdings waren Pläne für eine YF-​22  Variante mit größerer Vakuumdüse verworfen worden. Und auch der Einsatz der YF-​23U Vernier-​Triebwerke aus der Feng Bao FB-​1  wurde zurückgestellt, nachdem diese leistungsgesteigerten Triebwerke 1979 einen Fehlstart verursacht hatten. Die Tanks der Zweitstufe wurden als getrennte Sphäroid-​Tanks (Oxidator oben, Treibstoff unten) ausgeführt. Bei der Endstufe beschritten die Entwickler dann aber vollkommen unterschiedliche Wege. Während für die CZ-​3  eine kryogene Oberstufe entworfen worden war, setzte man bei der CZ-​4  auf ein konservativeres Design. Das YF-​40  Triebwerk verfügte über zwei kardanisch aufgehängte Triebwerksdüsen mit gemeinsamer Druckgas-​Treibstofförderung. Die Stufe konnte sehr kompakt gehalten werden, verbaut wurde eine Sphäroid-​Tank mit gemeinsamem Tankboden. Das Triebwerk wurde wiederzündbar konzipiert, nach der Neuausrichtung der CZ-​4  Entwicklung aber ohne die entsprechenden sekundären Systeme verbaut — bei Tests hatte sich gerade die Wiederzündung des Triebwerks als noch sehr unzuverlässig erwiesen. Für eine Lagestabilisierung nach Brennschluß und kleine Bahnkorrekturen war in der Drittstufe noch ein FY-​82  Triebwerk verbaut. Dieses umfaßte mehrere Kleintriebwerke mit Schubstufen zwischen 10,8 und 196 N und arbeitete mit wasserfreiem Hydrazin. Der Entwicklungsbeginn des YF-​40  Triebwerks lag Jahre vor dem offiziellen Start der CZ-​2 A/CZ-​2 B Studienphase. Denn bereits 1970 waren erste Überlegungen für einen dreistufigen Träger angestellt worden. Im August 1973 waren die Anforderungen an das als eine Variante untersuchte UDMH/NO Drittstufentriebwerk festgeschrieben und im Januar 1974 begann auch offiziell dessen Entwicklung. Eine erste Testzündung war am 26.05.1976 erfolgt. Als Nutzlastverkleidung wurde ein neues kompaktes Modell von 2,90 m Außendurchmesser und 4,91 m Länge entwickelt. Das nutzbare Volumen war bei einem sich rasch verjüngenden Inndurchmesser von maximal 2,46 m und einer Maximalhöhe von 2,91 m sehr beschränkt, reichte aber für die ersten Nutzlasten des Typs FY-​1  aus. Die beiden Hälften der Nutzlastverkleidung bestanden größtenteils aus Aluminium — mit Anteilen von faserverstärktem Kunststoff (auch als „Fenster“ zur Telemetriedatenübermittlung der Nutzlast).
Als CZ-​4  zum Start auf geostationäre Transferbahnen hätte die Rakete bei einer Startmasse von typischen 248.926 kg eine Nutzmasse von 1.250 kg auf einen 400×35.786 km Orbit mit 30,7° Bahnneigung befördern können. Mit dem erfolgreichen Start der CZ-​3  (im zweiten Versuch) 1984 verabschiedete sich die CZ-​4  endgültig aus der Backup-​Rolle für diese. Umgekehrt konnten Bestrebungen abgewehrt werden, die CZ-​3  auch zum Start der ersten FY-​1  Satelliten auf sonnensynchrone Orbits einzusetzen.
Die CZ-​4 A erlebte in ihrer ursprünglichen Konfiguration nur zwei Einsätze, bevor sie von der leistungsfähigeren CZ-​4 B mit ihrer größeren Nutzlastverkleidung abgelöst wurde. Sie bildete aber die Basis für eine Raketenfamilie, die im Laufe der Jahre eine zunehmende Bedeutung in der zivilen wie militärischen chinesischen Raumfahrt erlangte.


Gesamtsystem
Nation China (SAST)
Bezeichnung(en) Chang Zheng 4 A (CZ-​4 A), Long March 4 A (LM-​4 A) 
Entwicklungszeitraum 1979 – 1988 
erster Start 09.06.1988 
Einsatzzeitraum 1988 – 1990 
Stufenzahl
Gesamthöhe 41,90 m 
Basisdurchmesser 3,35 m 
Spannweite der Stabilisierungsflächen 6,15 m 
max. Nutzmasse 1.500 kg (910 km SSO @99°)
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse (ohne Nutzlast) 241.092 kg 
Startschub 2.942 kN 
1. Stufe
Hersteller
Bezeichnung(en)
Länge 24,65 m 
Durchmesser 3,35 m 
Leermasse 9.830 kg 
Treibstoffmasse 177.430 kg []
Gesamtmasse 187.260 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk YF-​21 B bestehend aus 4 Einzeltriebwerken YF-​20 B 
Treibstoff UDMH + Stickstofftetroxid 
Startschub 2.942 kN 
spezifischer Impuls (Seehöhe) 260 s 
Brenndauer 151 s 
2. Stufe
Hersteller
Bezeichnung(en)
Länge 10,40 m 
Durchmesser 3,35 m 
Leermasse 3.080 kg 
Treibstoffmasse 35.500 kg []
Gesamtmasse 38.580 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk YF-​24 F [] (Haupttriebwerk YF-​22 + Vierkammer Vernier YF-​23 F) 
Treibstoff UDMH + Stickstofftetroxid 
Vakuumschub 766 kN = 720 kN (Haupttriebwerk) + 4×11,5 kN (Vernier) 
spezifischer Impuls (Vakuum) 289 s (Haupttriebwerk) / 280 s (Vernier)
Brenndauer 127 s (Haupttriebwerk) / 137 s (Vernier) 
3. Stufe
Hersteller
Bezeichnung(en)
Länge 4,95 m 
Stufendurchmesser 2,90 m 
Leermasse 1.800 kg 
Treibstoffmasse 11.340 kg []
Gesamtmasse 13.140 kg 
Antrieb 1 Zweikammer Flüssigkeitstriebwerk YF-​40 
Treibstoff UDMH + Stickstofftetroxid 
Vakuumschub 98 kN (2×49 kN) 
spezifischer Impuls (Vakuum) 300 s 
Brenndauer 330 s 
Nutzlastverkleidung
Länge über Endstufe 4,91 m 
max. Durchmesser 2,90 m 
Konstruktionsmasse 612 kg 

Quellen:

Aerospace China Magazin 1/1999
chinesische Internet-​Publikationen