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H-​II

Trägerrakete

H-II

Nachdem Japan mit der H-​I Rakete sich weitgehend von der Lizenzproduktion amerikanischer Technologie gelöst hatte (die Vorgängermodelle N-​I und N-​II basierten zu großen Teilen auf der amerikanischen Delta Rakete), stellte sich die NASDA Mitte der 1980er Jahre der nächsten Herausforderung. Konnte die H-​I noch 550 kg in den geostationären Orbit befördern, sollte ihr geplanter Nachfolger bereits Nutzlasten der 2 Tonnen Klasse transportieren und so den Ansprüchen der 1990er Jahre genügen. Zudem sollte endlich das Ziel einer wirklich rein japanischen Rakete verwirklicht werden. 1984 entstand das Konzept der neuen, zweistufigen Rakete. Und nach ersten Vorversuchen 1985 wurde ein Jahr später offiziell mit der Entwicklung der H-​II begonnen. 1988 und 1989 wurden drei TR-​1  Raketen gestartet, die etwa einem 1:25  Modell der geplanten H-​II entsprachen und wichtige Schlüsselkomponenten erprobten. Die Zellen der ersten und zweiten Stufe der H-​II wurden konventionell aus Leichtmetall konstruiert. Das kryogene Triebwerk der Zweitstufe wurde von der H-​I übernommen und weiterentwickelt. Das LE-​5 A konnte leistungsfähiger und zuverlässiger gemacht werden bei einer gleichzeitig vereinfachten Konstruktion. Die großen Feststoffbooster der H-​II waren zwar Neuentwicklungen, doch konnte die japanische Industrie diese Herausforderung meistern. Allerdings geriet die konventionelle Konstruktion aus vier Segmenten in Stahlgehäusen sehr schwer. Ein neu entwickelter Treibstoff und steuerbare Triebwerksdüsen waren aus japanischer Sicht die herausragenden Charakteristika der Booster, die von der Nissan Motor Co. Ltd. geliefert wurden. Neben diesen großen Boostern konnten noch zwei kleine zusätzliche Feststoffbooster montiert werden, die den Startschub weiter steigerten (nur einmal, bei TF3 erprobt). Probleme bereitete dagegen der Antrieb der Erststufe. Das LE-​7  Triebwerk wurde aus dem LE-​5  der H-​I abgeleitet. Solch große kryogene Triebwerke setzten als Erststufenantrieb zu jener Zeit nur das Space Shuttle und die ebenfalls noch nicht geflogene Ariane 5 ein. Bald schon mußte der projektierte Schub auf 90% reduziert werden, was Booster und Zweitstufe aber auszugleichen vermochten. Dennoch versagte das hochgezüchtete LE-​7  Triebwerk bei Prüfstandversuchen immer wieder, bis endlich die geforderte Standfestigkeit erreicht werden konnte. Das Inertial Lenksystem der Rakete wurde von der H-​I übernommen, jedoch nicht mehr auf einer separaten Plattform installiert. Neu entwickelt wurden die großvolumigen Nutzlastverkleidungen, die in verschiedenen Konfigurationen den Start unterschiedlicher Nutzlasten ermöglichten. Die Probleme mit der Erststufe verzögerten den Termin für den Erstflug der H-​II von 1991 auf den Winter 1993 und schließlich das Frühjahr 1994.
Nach einem letztlich erfolgreichen Start des Programms blieben jedoch einige Probleme mit der H-​II ungelöst. Die Fertigung der Rakete war zu teuer und anhaltende technische Probleme verzögerten immer wieder die Starts. Das behinderte natürlich auch die Weiterentwicklung der Rakete bis hin zum Schwerlastträger für unbemannte und bemannte wiederverwendbare Raumfähren. Als schließlich zwei Starts der H-​II in kurzer Folge scheiterten, entbrannte eine heftige Diskussion um das gesamte japanische Raumfahrtprogramm. Im Ergebnis wurde das letzte Exemplar 7 F der H-​II gar nicht mehr zum Start gebracht und die Weiterentwicklung zur international konkurrenzfähigen H-​IIA forciert.


Gesamtsystem
Nation Japan (NASDA
Bezeichnung(en) H-​II 
Entwicklungszeitraum 1985 – 1993 
erster Start 04.02.1994 
Einsatzzeitraum 1994 – 1999 
Stufenzahl 2 + 2 Feststoffbooster 
Gesamthöhe ca. 49,9 m 
Basisdurchmesser ca. 4,0 m 
max. Nutzmasse um 4.000 kg (GTO@28,5°) 
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse (ohne Nutzlast) ca. 258.200 kg 
Startschub
Feststoff-​Starthilfen
Hersteller
Bezeichnung(en) SRB 
Länge 23,36 m 
Durchmesser 1,81 m 
Leermasse
Treibstoffmasse 2×ca. 59.100..59.150 kg 
Gesamtmasse 2×ca. 70.150 kg 
Antrieb je 1 Feststofftriebwerk Nissan Motor 
Treibstoff Feststoff HTPB 
Startschub 2 × 1.569 kN 
spezifischer Impuls (Seehöhe) 273 s 
Brenndauer 93 s 
1. Stufe
Hersteller Mitsubishi Heavy Industries 
Bezeichnung(en)
Länge inklusive Stufenadapter ca. 34,8 m 
Durchmesser ca. 4,0 m 
Leermasse ca. 11.900 kg 
Treibstoffmasse ca. 86.200..87.000 kg 
Gesamtmasse ca. 97.800..98.100 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Mitsubishi LE-​7 
Treibstoff Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff 
Startschub 843 kN 
spezifischer Impuls (Seehöhe) 445 s 
Brenndauer 316..348 s 
2. Stufe
Hersteller Mitsubishi Heavy Industries 
Bezeichnung(en)
Länge inklusive Nutzlastadapter ca. 11,7 m 
Durchmesser ca. 4,0 m 
Leermasse ca. 3.000 kg 
Treibstoffmasse ca. 15.100..16.700 kg 
Gesamtmasse ca. 18.100..19.700 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Mitsubishi LE-​5 A 
Treibstoff Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff 
Vakuumschub 122 kN 
spezifischer Impuls (Vakuum) 452 s 
Gesamt-​Brenndauer 535…609 s 
Nutzlastverkleidung
Länge 12,00 m 
max. Durchmesser 4,07 m