Die Saturn V ist die bis heute leistungsfähigste Trägerrakete, die die Einsatzreife erlangte. Ihre Wurzeln reichen zurück auf Pläne Wernher von Brauns für eine umfangreiche Familie mittlerer und großer Trägerraketen. Die Saturn V, damals noch Juno V war dabei in der realisierten Form bei weitem nicht die größte der projektierten Raketen. Dennoch traten schon bei ihrer Entwicklung gewaltige Probleme auf. Die Entwicklung der Saturn Raketen erhielt höchste nationale Priorität mit der Bekanntgabe des Zieles, noch vor Ende des Jahrzehnts (1960er Jahre) Amerikaner auf dem Mond landen zu lassen. Glücklicherweise befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits einige der neuen Triebwerke und Raketen in der Entwicklung. Und so konnte wenige Monate nach der Rede von US-Präsident John F. Kennedy die erste Großrakete Saturn I gestartet werden. Liefen die ersten Erprobungsflüge mit der Saturn I und Saturn IB aber noch relativ problemlos ab, gab es bei der Entwicklung der Saturn V schon mehr Schwierigkeiten. Die 8 Rocketdyne H-1 Triebwerke in der Erststufe der Saturn I Baureihe waren zu ihrer Zeit schon ein Spitzenprodukt, war der Schub gegenüber dem Ausgangsmodell S-3D doch immerhin um 14% gesteigert worden. Schon im Januar 1959 hatte Rocketdyne aber den Auftrag für die Entwicklung eines neuen Riesentriebwerks erhalten. Das Triebwerk sollte den vierfachen Schub des Navaho Antriebs liefern, aus dem es hervorging. Die neuen F-1 Triebwerke, die später die Erststufe der Saturn V antrieben, stellten alles in den Schatten, was bis dahin entwickelt worden war. Allein die Dimensionen bedeuteten vielfach technisches Neuland. Und die maßstäbliche Vergrößerung bisher verwendeter Triebwerkstechnologien erwies sich vielfach als untauglich. Vor allem die Treibstoffeinspritzung erwies sich als Hürde, denn immer wieder traten Verbrennungs-Instabilitäten auf, die am 28.06.1962 sogar zur Explosion eines Testtriebwerks führten. Ähnlich gewaltig war auch die Infrastruktur, die am Boden entwickelt werden mußte. Teststände, die Montagehalle auf Cape Canaveral und der berühmte Crawler, der heute das Space Shuttle zum Start transportiert. Während Boeing die Zelle der Erststufe lieferte und McDonnell Douglas die Drittstufe, die bereits bei der Saturn IB als Zweitstufe eingesetzt worden war, mußte für die neue Zweitstufe noch ein Auftragnehmer gefunden werden. North American Aviation erhielt schließlich den Zuschlag. Da das Unternehmen Erfahrungen eher im Flugzeug– als im Raketenbau hatte, wählten die Ingenieure bei NAA teils auch unkonventionelle konstruktive Ansätze. Als die NASA sich mit zunehmenden Gewichtsproblemen bei der Entwicklung des Apollo Raumschiffs konfrontiert sah, mußte ein Großteil der Gewichtersparnis von der S-II Zweitstufe erbracht werden. Die extreme Leichtbauweise aber auch Qualitätsmängel bei der Fertigung führten im September 1965 und Mai 1966 zur Zerstörung eines S-II Testmodells. Die Probleme mit der S-II Stufe wurden zu einem der kritischsten Faktoren bei der Entwicklung der Saturn V. Im Winter 1966⁄67 waren sie aber weitgehend überwunden. Doch als die erste Saturn V im November 1967 zum Start rollte, war man sich über das Ergebnis des Fluges längst nicht klar. Erstaunlicherweise war wenigstens die Entwicklung der Erststufe ohne größere Verzögerungen abgelaufen. Doch der Test der Saturn V mit zwei noch nie zuvor im Flug erprobten Stufen blieb ein Risiko. Der Jungfernflug der Saturn V verlief dann aber doch nahezu perfekt, größere Anomalien traten nicht auf. Doch der zweite, gleichfalls unbemannte, Flug offenbahrte erhebliche Probleme. Der gefürchtete Pogo-Effekt erreichte kritische 0,6 g (Limit 0,25 g). Zwei Triebwerke der S-II Stufe schalteten sich vorzeitig ab und die Wiederzündung der Drittstufe mißlang. Die Probleme konnten aber rasch analysiert und gelöst werden. Eine Helium-Einspritzung in die F-1 Triebwerke reduzierte den Pogo-Effekt deutlich. Und die anderen Probleme konnten auf Montagefehler zurückgeführt bzw. durch kleinere konstruktive Änderungen überwunden werden. Alle anderen Flüge der Saturn V verliefen dann auch ohne kritische technische Probleme. Und so gilt die Saturn V auch heute noch als ein Meisterwerk amerikanischer Ingenieurskunst. Die NASA hatte lediglich 15 Saturn V in Auftrag gegeben, zwei weitere waren fest eingeplant. Gebaut wurden aber nur SA-501 bis SA-515 . SA-516 und SA-517 wurden schon im August 1968 storniert, bevor ihre Produktion begonnen hatte. Damit blieb nicht viel von den 74(!) Saturn V, deren Produktion einmal ins Auge gefaßt worden war. Die Chance, durch eine größere Serie die Stückkosten für die Saturn V auf ein vertretbares Maß zu senken, wurde vertan. Stattdessen begann die ähnlich kostspielige Entwicklung des Space Shuttle. Für die verbliebenen beiden Saturn V hoffte die NASA noch kurze Zeit auf einen Einsatz, dann wurden auch sie zu Museumsstücken. Die Erststufe der SA-214 kann im JSC in Houston besichtigt werden, ihre Oberstufen im Besucherzentrum des KSC. Die Erststufe der SA-215 endete am Eingang von Boeings Michoud Fertigungsstätte in New Orleans, die Zweitstufe beim JSC in Houston und die als Skylab Backup umgearbeitete Drittstufe im Smithsonian Air and Space Museum von Washington.
Gesamtsystem | |
Nation | USA |
Bezeichnung(en) | Saturn V |
Entwicklungszeitraum | 1962 – 1967 |
erster Start | 09.11.1967 |
Einsatzzeitraum | 1967 – 1972 |
Stufenzahl | 3 |
Gesamthöhe | 110,64 m |
Basisdurchmesser | 10,06 m |
Spannweite über Stabilisierungsflächen | 18,00 m |
max. Nutzmasse | 118.000 kg (500 km Kreisbahn) 47.000 kg (Fluchtgeschwindigkeit) |
Leermasse | 188.660 kg |
Treibstoffmasse | 2.696.128 kg |
Startmasse | 2.938.314 kg |
Startschub | 33.850 kN |
1. Stufe | |
Hersteller | Boeing Company |
Bezeichnung(en) | S-IC |
Länge | 42,07 m |
Durchmesser | 10,06 m |
Leermasse | 130.588 kg |
Treibstoffmasse | 2.145.800 kg |
Gesamtmasse | 2.278.690 kg |
Antrieb | 5 Flüssigkeitstriebwerke Rocketdyne F-1 |
Treibstoff | Kerosin RP-1 + Flüssigsauerstoff |
Startschub | 5×6.770 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 263 s |
Nominal-Brenndauer | 168 s |
2. Stufe | |
Hersteller | North American Rockwell Corporation |
Bezeichnung(en) | S-II |
Länge | 24,84 m |
Durchmesser | 10,06 m |
Leermasse | 36.158 kg |
Treibstoffmasse | 443.235 kg |
Gesamtmasse | 479.964 kg |
Antrieb | 5 Flüssigkeitstriebwerke Rocketdyne J-2 |
Treibstoff | Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff |
Vakuumschub | 5×1.023 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 421 s |
Brenndauer | 384 s |
3. Stufe | |
Hersteller | McDonnell Douglas Astronautics Company |
Bezeichnung(en) | S-IVB (Serie A500) |
Länge | 18,78 m |
Triebwerksdurchmesser | 6,60 m |
Leermasse | 11.273 kg |
Treibstoffmasse | 107.095 kg |
Gesamtmasse | 119.119 kg |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne J-2 |
Treibstoff | Flüssigwasserstoff + Flüssigsauerstoff |
Vakuumschub | 1.023 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 426 s |
Nominal-Brenndauer | 147 + 347 s |
Nutzlastsektion | |
Länge mit Rettungssystem | 25,00 m |
max. Durchmesser | 6,60 m |