Um mit der steigenden Masse der CORONA-J Satelliten Schritt zu halten und der Forderung nach größeren Treibstoffvorräten der Agena-D für längere Operationen entgegenzukommen, beauftragte die USAF die McDonnell Douglas Corporation mit der Entwicklung eines weiter leistungsgesteigerten Modells der TA-Thor Agena-D. Dort ging man das Problem mit zwei Modifikationen des bisherigen Designs an. Die bisherigen Feststoffbooster „Castor I“ wurden gegen „Castor II“ getauscht. Diese erbrachten zwar einen etwas geringeren Schub, brannten aber dank eines größeren Treibstoffvorrats deutlich länger und erbrachten einen 16% höheren spezifischen Impuls. Zum Einsatz kamen drei Booster, bis zu neun wären aber mit geringen Modifikationen möglich gewesen. Die noch stärkeren Versionen wurden studiert und angeboten, jedoch weder von der NASA noch vom Militär beauftragt. Das Motorgehäuse der Booster war weiterhin aus Stahlblech gefertigt, die ablativ gekühlte Düse starr mit 11° zur Längsachse geneigt. Deren Öffnungsverhältnis betrug 7,5:1. Gravierender waren aber die konstruktiven Veränderungen an der bisherigen Thor LV-2 A Grundstufe. Deren Zelle wurde um rund 4 m (13 ft.) verlängert und das bisher konische Oberteil mit dem Treibstofftank auf den selben Durchmesser aufgeweitet wie der darunter liegende Oxidatortank. Die Treibstoffmenge der Erststufe stieg dadurch um fast 45 %. Auch hier resultierte daraus eine deutlich längere Brenndauer statt eines höheren Schubs. Als Triebwerk fand weiter das bewährte, hydraulisch bis zu 7° um zwei Achsen schwenkbare, Rocketdyne MB3 Block III Modell Verwendung. Nach dessen Brennschluß übernahmen zwei kleine Vernier-Triebwerke noch für etwa 9 Sekunden die 3-Achsen-Kontrolle. Im etwa 80 cm hohen Zwischenraum zwischen dem Sauerstofftank (unten) und dem Kerosintank (oben) war das Telemetriesystem des Thor-Boosters untergebracht. Da die Agena-Oberstufe einen integralen Bestandteil der geheimen CORONA Nutzlast bildete, sind eventuelle konstruktive Veränderungen hier bisher nicht bekanntgeworden. Lediglich vier zivile Einsätze erfolgten für die NASA, bei denen weitgehend serienmäßige Agena-D Oberstufen zum Einsatz kamen. Deren Triebwerk war um zwei Achsen schwenkbar, die Rollkontrolle übernahm ein Kaltgassystem auf Basis von Stickstoff und Tetrafluormethan. In der Agena war auch das BTL-600 Funkkommandosystem untergebracht, das die Kontrolle über die Oberstufe in angetriebenen wie auch der Freiflugphase übernahm. Dagegen wurde die Erststufe von einem Autopiloten gesteuert, der in der kurzen Übergangssektion zur Oberstufe untergebracht war. Die NASA setzte bei ihren Starts eine in zwei Halbschalen geteilte Standard-Nutzlastverkleidung ein, die aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt wurden und mit Aluminium-Längsholmen stabilisiert waren. Den Übergang zur Agena-Oberstufe bildete eine ringförmige Aluminium-Struktur.
Trotz der nicht unerheblichen konstruktiven Änderungen war die Neuentwicklung aus Sicht von USAF und NRO vergleichsweise günstig zu realisieren und steigerte die Nutzlast für die typischen erdnahen polaren Bahnen um etwa 180 kg (400 lb). Am 05.01.1966 kaufte die USAF die ersten 21 Thorad (Thor Augmented Delta) Grundstufen. Folgende Produktionsaufträge betrafen nur noch dieses Modell (und seine Weiterentwicklung). Letztlich endete mit der LTTAT (Long-Tank Thrust-Augmented Thor) aber die Thor Serie. Die USAF hatte keine passenden Nutzlasten mehr und die NASA setzte auf die Weiterentwicklung der eigenen Delta-Rakete. Ab 1968 kam bei dieser auch eine Variante der DSV-2 L Grundstufe zum Einsatz.
Von der Thorad-SLV2G Agena-D war bekannt, daß sie bei sich leerenden Tanks empfänglich für heftige POGO Schwingungen war. Der einzige Fehlstart hatte damit aber nichts zu tun, er resultierte aus menschlichem Versagen (Montagefehler).
Gesamtsystem | |
Nation | USA |
Bezeichnung(en) | Thorad-SLV2G Agena-D, LTTAT Agena-D[1] |
Entwicklungszeitraum | |
erster Start | 09.08.1966 |
Einsatzzeitraum | 1966 – 1971 |
Stufenzahl | 2 + 3 Feststoffbooster |
Gesamthöhe | 33,39 m[2] |
Basisdurchmesser | 2,44 m |
Spannweite über Booster | 4,11 m |
max. Nutzmasse | ca. 1.350 kg @185 km Kreisbahn, polar[x.] ca. 1.710 kg @185 km Kreisbahn, äquatorial[x.] |
Startmasse | ca. 91.625 kg[iv.] [v.] |
Startschub | 1.455 kN |
Feststoff-Starthilfen | |
Hersteller | Thiokol Chemical Corp. |
Bezeichnung(en) | „Castor II“ |
Länge | 7,57 m |
Durchmesser | 0,79 m |
Leermasse | 3× 728 kg = 2.183 kg |
Treibstoffmasse | 3× 3.736 kg = 11.209 kg |
Gesamtmasse | 3× 4.462 kg = 13.385 kg |
Antrieb | je 1 Feststofftriebwerk Thiokol TX-354 – 5 |
Treibstoff | Feststoff PBAA/Ammoniumperchlorat |
Startschub | 3× 232 kN = 696 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 240 s |
Brenndauer | 37…39 s |
1. Stufe | |
Hersteller | Douglas Aircraft Co. → McDonnell Douglas Corp. |
Bezeichnung(en) | Thor DSV-2 L |
Länge inkl. Stufenadapter | 21,44 m |
Durchmesser | 2,44 m |
Trockenmasse | ca. 4.200 kg |
Treibstoffmasse | ca. 65.770 kg[3] |
Gesamtmasse | ca. 69.970 kg |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne MB-3-III (LR79-NA-13) |
Treibstoff | Kerosin RJ-1 + Flüssigsauerstoff |
Startschub (Seehöhe) | 765 kN (756 kN Haupttriebwerk + 2× 4,45 kN Vernier) |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | 250⁄210 s[4] |
Brenndauer | 216…218 s |
2. Stufe | |
Hersteller | Lockheed Missiles and Space Co. |
Bezeichnung(en) | Agena D |
Länge | 6,23 m |
Stufendurchmesser (Zelle) | 1,52 m |
Trockenmasse | ca. 1.040 kg |
Treibstoffmasse | 6.136 kg[5] |
Gesamtmasse | 7.962 kg |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk Bell Mod. 8096 (XLR-81-Ba-11) |
Treibstoff | UDMH + IRFNA |
Vakuumschub | 72 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | 293 s |
Nominal-Brenndauer (total) | 240 s |
Nutzlastverkleidung[6] | |
Hersteller | Douglas Aircraft Co. → McDonnell Douglas Corp. |
Länge | 5,72 m |
max. Durchmesser | 1,67 m |
Strukturmasse | 328 kg[iv.][7] |
- THOR BOOSTER SYSTEMS FAMILIARIZATION MANUAL, Dezember 1970
- NASA NEWS 69 – 50: NIMBUS-B2 SCHEDULED FOR LAUNCH, 27. März 1969
- PETER STACHE: RAKETEN, 1980
- THORAD-AGENA PERFORMANCE FOR THE NIMBUS III MISSION, Juni 1970
- THORAD-AGENA ASCENT AND AGENA ORBITAL PERFORMANCE EVALUATION FOR SPACE ELECTRIC ROCKET TEST I1 (SERT II) MISSION, Mai 1971
- NASA NEWS 68-84 K: PROJECT NIMBUS B, 10. Mai 1968
- ANALYSIS OF THE NEED FOR AGENA COMMAND DESTRUCT AND/OR GENERATOR EJECT SYSTEMS ON THE NIMBUS B/SNAP-19 MISSION, Mai 1966
- NASA HISTORICAL DATA BOOK VOLUME II, 1988
- HEXAGON (KH-9) MAPPING CAMERA PROGRAM AND EVOLUTION, Dezember 1982
- AGENA PAYLOAD USERS HANDBOOK, März 1971