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Zenit-​2 11K77 

Trägerrakete

Zenit-2 11K77

Die derzeit modernste ukrainische Trägerrakete geht auf Studien zurück, die bereits 1974 bezüglich einer Familie universeller Trägerraketen im OKB-​586  (gegründet von Michail K. Jangel, heute NPO Jushnoje / Piwdenmasch) angestellt wurden. Am 16.03.1976 genehmigte die sowjetische Regierung die Entwicklung der Zenit 11K77 als eigenständige Trägerrakete und als Booster der Energija-​Rakete. Bei der Entwicklung der Zenit wurden zahlreiche neuartige Lösungen in die sowjetischen Raketentechnik eingeführt. So wurde die bis dahin übliche Programmsteuerung durch ein Inertial-​Lenksystem ersetzt, das bis kurz vor dem Start Daten über einen Laser-​Datenlink zur Rakete übertragen kann. Während die Erststufe ein festes Aufstiegsprofil erhielt, wurde die Zweitstufe für eine hohe Flexibilität ausgelegt. Zum Start der Zenit entstanden in Baikonur zwei neue Rampen (45 L und 45P), die eine hochgradig automatisierte Startvorbereitung ermöglichen. Zwei weitere Rampen wurden in den 1990er Jahren in Plesetsk begonnen, sind aber nie fertiggestellt worden. Die Sowjetunion verband große Hoffnungen mit der Zenit, die potentiell die Nachfolge der Sojus-​Rakete antreten sollte. Neben militärischen Nutzlasten (insbesondere ELINT’s vom Typ Zelina-​2) befanden sich auch eine kleine Raumfähre und die Nachfolger der Sojus– und Progress-​Transportraumschiffe auf der Liste potentieller Nutzlasten. Doch die Erprobung der Zenit verlief nur schleppend und mit zunächst enttäuschenden Ergebnissen. Schließlich wurde am 04.10.1990 bei einem Fehlstart auch noch die Rampe 45P in Baikonur zerstört. In dieser Zeit des politischen Umbruchs in der Sowjetunion wurde auch der Versuch unternommen, die Zenit kommerziell zu vermarkten. Auf Cape York im Norden Australiens wurde hierzu ein Startgelände projektiert, von der eine dreistufige Zenit-​3  starten sollte. Nach Jahren wurde das Projekt aber eingestellt. In den USA übernahm Boeing jedoch die Vermarktung der Zenit und gründete ein Joint Venture mit dem Namen „Sea Launch“. Ziel war der Start einer Zenit mit Block-​DM Oberstufe von einer schwimmenden Plattform am Äquator. Die Vermarktung der Zenit-​3  lief seither erfolgreich, der Erststart mit einer Dummy-​Nutzlast gelang im Frühjahr 1999. Die zweistufige ukrainische Zenit, ebenfalls im kommerziellen Geschäft, erlitt 1998 dagegen einen weiteren schweren Rückschlag, als eine Rakete dieses Typs im September mit 12 Globalstar-​Kommunikationssatelliten nach wenigen Sekunden Flug abstürzte. Politische Schwierigkeiten hemmten ukrainische Bemühungen um die Vermarktung der Rakete zusätzlich. Sie resultieren daraus, daß der Hersteller der Rakete in Dnepropetrowsk in der Ukraine beheimatet ist, während zahlreiche Systeme, darunter die Triebwerke, aus Rußland stammen. Im Jahr 2005 nahm dagegen auch das Projekt „Land Launch“ konkrete Züge an, das den Start von zwei– und dreistufigen Varianten der Zenit in Baikonur vorsah. Im Sommer 2008 wurden schließlich die kommerziellen Starts von Baikonur aufgenommen. Rußland nahm dagegen ausgerechnet den Fehlstart einer Zenit-​2SL des „Sea Launch“ Unternehmens Anfang 2007 zum Anlaß, den Einsatz der Zenit zum Start militärischer Nutzlasten für beendet zu erklären.


Gesamtsystem
Nation Sowjetunion/Ukraine 
Bezeichnung(en) Zenit-​2, Erzeugnis 11K77 
Entwicklungszeitraum 1976 – 1984 
erster Start 13.04.1985 (Fehlstart) 
Einsatzzeitraum 1985 – 2004 
Stufenzahl
Gesamthöhe 57,00 m 
Basisdurchmesser 3,90 m 
max. Nutzmasse 13.740 kg (200 km Kreisbahn@51,6°)
11.380 kg (200 km Kreisbahn@99°) 
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse 448.180 kg 
Startschub 7.259 kN 
1. Stufe
Hersteller KB Juschnoje 
Bezeichnung(en)
Länge 32,94 m 
Durchmesser 3,90 m 
Leermasse 28.080 kg 
Treibstoffmasse 318.800 kg 
Gesamtmasse 346.880 kg 
Antrieb 1 Vierkammer Flüssigkeitstriebwerk NPO Energomasch RD-​171 (Erzeugnis 11D521
Treibstoff Kerosin + Flüssigsauerstoff 
Startschub 7.259 kN 
spezifischer Impuls (Seehöhe)
Brenndauer 144 s 
2. Stufe
Hersteller KB Juschnoje 
Bezeichnung(en)
Länge 11,05 m 
Durchmesser 3,90 m 
Leermasse ca. 8.300 kg 
Treibstoffmasse ca. 80.600 kg 
Gesamtmasse ca. 88.900 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk NPO Energomasch RD-​120 (Erzeugnis 11D123) + 1 Vierkammer Steuertriebwerk KB Juschnoje RD-​8 (Erzeugnis 11D513
Treibstoff Kerosin + Flüssigsauerstoff 
Vakuumschub 834 kN (Haupttriebwerk) + 78 kN (Vernier) 
spezifischer Impuls (Vakuum)
Brenndauer 315 s (Haupttriebwerk) / 1.100 s (Vernier) 
Nutzlastverkleidung
Länge 13,65 m 
max. Durchmesser 3,90 m