des Kosmonauten Juri Gagarin unternahmen die USA ihren ersten Vorstoß ins All. Doch konnte die NASA die sowjetische Vorlage zunächst nur mit einem ballistischen Hüpfer auf knapp 200 km Höhe kontern. Und so wurde dieser erste amerikanische Raumflug gleichermaßen belächelt wie frenetisch gefeiert.
Das „Mercury“ Programm der NASA, dessen erklärtes Ziel es war, den ersten Menschen ins All zu bringen, zählte zu den frühesten Projekten der eben erst gegründeten nationalen Raumfahrtbehörde. Deren Einrichtung war am 29.07.1958 beschlossen worden. Am 01.10.1958 nahm sie den Betrieb auf. Und noch im selben Monat begannen die Studien für ein bemanntes Raumfahrtprogramm. Während die USAF eher an einem Raumgleiter („Dyna Soar“) interessiert war, kam man bei der NASA innerhalb kürzester Zeit zu der Erkenntnis, daß eine bemannte Kapsel (oder ein bemannter Satellit, wie es damals noch hieß) bessere Chancen auf Realisierung hatte. Vor allem die Vorstudien von Maxime A. Faget, der 1957 noch bei der NACA begonnen hatte, verschiedene Kapsel-Designs zu untersuchen, beeinflußten nachhaltig diese Entscheidung. Faget zählte zu den drei Autoren der detaillierten Studie „Preliminary Studies of Manned Satellites, Wingless Configuration, Non-Lifting“, die am 18.03.1958 veröffentlicht wurde.Mit Gründung der NASA gehörte er zu den 35 Experten, die 1958 die Basis der Space Task Group formten, deren primäre Aufgabe es war, das erste bemannte Raumschiff zu entwerfen. Als am 07.10.1958 NASA Administrator T. Keith Glennan nach einer internen Präsentation das Projekt genehmigte, hatte sie STG bereits ganze Arbeit geleistet. Schon im Sommer 1958 hatte die McDonnell Aircraft Corp. die Entwürfe Fagets für den bemannten Satelliten erhalten und im Rahmen diverser Studienaufträge weiter verfeinert. Mit AVCO und Lockheed waren Gespräche über mögliche Auslegungen des Hitzeschildes geführt worden. Ebenfalls von Faget stammte die Idee für eine Konturenliege, die dem Astronauten helfen sollte, den hohen Verzögerungswerten beim Wiedereintritt zu begegnen. Und mit dem Konzept der „Tractor Rocket“ gab es auch erste Vorstellungen, wie eine Rettung des Piloten im Katastrophenfall bewerkstelligt werden sollte. Alles in allem waren die Vorarbeiten bereits weit fortgeschritten. Kritisch war vor allem noch die Frage der Trägerrakete. Die USAF hatte für ihr konkurrierendes „Man-in-Space-Soonest“ Projekt sowohl die Thor-Vanguard, die Thor mit einer neu zu entwickelnden Oberstufe auf Fluor-Basis und eine „Super Titan“ ebenfalls mit einer Fluor-Oberstufe in Betracht gezogen. Für die Variante eines „Minimum-Vehicle“ hatte man auch eine nur marginal modifizierte Atlas ICBM untersucht. Auch wenn die Thor mit neuer Fluor-Oberstufe das größte Wachstumspotential zu bieten schien, schreckten deren zu erwartende lange Entwicklungszeit und die hohen Kosten ab. Damit blieb die Atlas als Option, die jedoch bei der angenommenen Masse der Kapsel ihre Nutzlast nur auf eine sehr erdnahe Bahn befördern konnte. Die US Army mit Wernher von Braun war mit ihrem Vorschlag „Man Very High“ (später umbenannt in „Project Adam“ auf wenig Gegenliebe gestoßen. Ihr Konzept sah vor, einen Astronauten in einer katapultierbaren Kapsel unterzubringen, die wiederum in einem gewöhnlichen Wiedereintrittskörper auf eine ballistische Bahn befördert werden sollte. Einziger Vorteil dieses Konzepts war die extrem kurzfristige Realisierbarkeit. Explizit wurde in der Studie daher auch darauf hingewiesen, daß man bei einem Start noch 1959 die sowjetischen Raumfahrterfolge erfolgreich kontern könne. Auch die US Navy verfolgte während des Jahres 1958 ein eigenes bemanntes Raumfahrtprojekt. Der MER Entwurf (Manned Earth Reconnaissance) kam jedoch über frühe Studien nicht hinaus, da er als überambitioniert und technisch zu anspruchsvoll angesehen wurde. Mit der Entscheidung von US Präsident Dwight D. Eisenhower vom August 1958, der NASA die Verantwortung für das nationale bemannte Raumfahrtprogramm zu übertragen, wurden nicht nur erhebliche Finanzmittel aus dem Forschungsetat des Militärs an die NASA umgeleitet, sondern auch viele der Studienergebnisse. NASA und ARPA (Advanced Research Projects Agency) bildeten sogar eine gemeinsame Arbeitsgruppe für das Projekt des „bemannten Satelliten“. Mangels geeigneter Alternativen einigte man sich bei der Trägerrakete auf die Atlas ICBM ohne zusätzliche Oberstufen, in der Hoffnung, daß die Zuverlässigkeit der Rakete in den nächsten ein bis zwei Jahren ein Niveau erreichen würde, das das Risiko eines bemannten Raumfluges rechtfertigte. Am 08.12.1958 orderte die NASA zunächst eine Atlas-C, wenig später acht weitere Atlas-D. Einige Wochen darauf vergab man an das Army Ordnance Missile Command den Auftrag zur Lieferung von acht Redstone und zwei Jupiter Raketen. Sie sollten für ballistische Testflüge genutzt werden, während die Atlas bei orbitalen Flügen eingesetzt werden würden. Ende Dezember 1958 wurde an North American Aviation zudem der Auftrag zur Lieferung einiger Little Joe Feststoffraketen vergeben. Deren Konzept stammte vom Langley Research Center, wo man bereits Erfahrungen mit dem Einsatz von Sergeant Raketen gesammelt hatte. Unterschiedliche Bündelungen dieser Raketen sollten nun diverse ballistische Testflüge der Kapsel ermöglichen. Und dies zu günstigeren Kosten, als es die Redstone, Jupiter oder gar Atlas erlaubten.
Zwischen Oktober und Dezember 1958 forderte die NASA STG zahlreiche namhafte Unternehmen der Aerospace Branche auf, Angebote für die Raumkapsel und deren Sub-Systeme abzugeben. Vorgelegt wurden angesichts der knappen Zeitspanne dabei auch diverse Entwürfe aus den militärischen Projekten. Einige der bedeutendsten Unternehmen, darunter Bell, Boeing und United Aircraft, waren jedoch mit anderen Projekten bereits so ausgelastet, daß sie am Bieterwettstreit nicht teilnehmen konnten.
Lange Zeit offen blieb die Frage nach der Auslegung des Hitzeschildes der Kapsel. Selbst hinsichtlich des Designs der Sprengköpfe für die Atlas ICBM und Thor bzw. Jupiter IRBM standen sich zwei gegensätzliche Konzepte gegenüber. Einfacher und unter Laborbedingungen gut nachzuvollziehen war das Prinzip der „Wärmesenke“, bei dem eine große Masse aus einem Material mit guter Wärmeleitfähigkeit die Reibungsenergie quasi zwischenspeicherte. Im militärischen Bereich wurde hierzu gern auf Kupfer zurückgegriffen. Aber auch Beryllium, mit dem die US Navy bereits erfolgreich experimentiert hatte, schien eine gute Option zu sein. Die US Army erprobte hingegen Sprengköpfe nach dem Prinzip der Schmelzkühlung. Hierbei wurde die Energie durch das allmähliche Abschmelzen eines Überzugs vom Inneren des Sprengkopfs ferngehalten. Erprobt worden waren ablative Überzüge u.a. aus Graphit, diversen Kunststoffen und Kunstharzen. Doch stand hier die Forschung erst am Anfang, wenn auch die Perspektiven vielversprechend aussahen. Als am 12.01.1959 die McDonnell Aircraft Corporation den „Research and Development Contract for Designing and Furnishing Manned Satellite Capsule“ erhielt, war die Frage des Hitzeschildes noch immer ungeklärt, auch wenn der einflußreiche Faget zur Wärmesenke tendierte. Und so vergab McDonnell Unteraufträge an die Brush Beryllium Company zur Lieferung von sechs Hitzeschilden nach dem Wärmesenke Prinzip, während die General Electric Company und das Cincinnati Testing and Research Laboratory zwölf ablative Schilde liefern sollten. Mit der Vergabe der Aufträge für den Hitzeschild so früh im Entwicklungsprogramm schloß man tiefergreifende Änderungen am Kapseldesign allerdings aus. Doch war man sich, mit Ausnahme der Auslegung des Antennen-Containers und des Turms der Rettungsrakete (sowie der Konturenliege für den Astronauten), sicher, das optimale Design gefunden zu haben.
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Bereits im März 1959 legte die STG einen Bericht vor, der detailliert die Testflüge im „Mercury“ Programm bis hin zu den ersten bemannten Raumflügen auflistete. Fünf Little-Joe, acht Redstone, zwei Jupiter und zehn Atlas Starts sowie zwei Ballonaufstiege waren eingeplant. Der erste bemannte ballistische Flug sollte demnach mit MR-3 am 26.04.1960 unternommen werden, Zieldatum für den ersten bemannten Orbitalflug mit MA-7 war der 01.09.1960. Das Testprogramm war sehr systematisch aufgebaut und basierte auf einer Vielzahl kleiner Entwicklungsschritte die erreicht werden mußten, bevor die nächste Stufe umgesetzt werden konnte. Ganz klar war man auf Sicherheit bedacht und trug der Tatsache Rechnung, daß man mit dem bemannten Raumflug in vieler Hinsicht Neuland betrat. Zeichen dafür, daß man sich in einem Wettlauf mit der Sowjetunion fühlte, finden sich in diesem methodischen Ansatz nicht. Das war auch an den bescheidenen Zielen abzulesen, die mit „Mercury“ erreicht werden sollten. Vorgesehen war, daß zunächst jeder der Astronauten einen ballistischen Flug absolvierte, bevor er einen „echten“ Raumflug unternehmen durfte. Gegen Ende des Programms war geplant, die Dauer des Weltraumaufenthalts auf maximal einen Tag auszudehnen.
Interessanterweise wurde dieser Plan, trotz zahlreicher unerwarteter Entwicklungen, einer unvorhergesehenen Preisexplosion und vieler technischer Rückschläge weitgehend eingehalten. Nicht im Hinblick auf den Zeitplan, wohl aber in der Abfolge des Erprobungsprogramms. Als Maßnahme zur Kostensenkung wurden aber schon frühzeitig die beiden Jupiter Tests gestrichen und später auch die Mehrzahl der bemannten ballistischen Flüge.
Am 09.04.1959 stellte die NASA auf einer Pressekonferenz in Washington die sieben Astronauten-Kandidaten vor. Vorangegangen war ein mehrstufiger Auswahlprozeß seit Januar 1959. Als geeignete Kandidaten wurden Testpiloten mit einer Flugerfahrung von wenigstens 1.500 Stunden und einem Ingenieurtitel oder vergleichbarer Qualifikation angesehen. Angesichts der Beschränkungen von Kapsel und Trägerraketen wurde die maximale Größe mit 1,80 m, das Höchstgewicht mit 67 kg festgesetzt. Ebenfalls wurden nur Kandidaten bis zu einem Alter von 40 Jahren berücksichtigt. Anhand der Personalakten des Militärs kamen 508 Piloten in Frage. Diese Zahl schrumpfte auf 110, nachdem die jeweiligen Kommandeure der Piloten befragt worden waren. Sie wurden in Gruppen zu einer Befragung nach Washington eingeladen. Doch schon nach der zweiten Gruppe waren ausreichend Freiwillige gefunden, so daß die restlichen Kandidaten gar nicht mehr aufgerufen wurden. Bis Anfang März 1959 hatte sich die Auswahl auf 36 Piloten verringert. 32 von ihnen stellten sich den folgenden harten medizinischen Auswahltests. Nach einem mehrstufigen Selektionsprozeß verblieben schließlich die „Mercury-Seven“: Alan Shepard (US Navy), Virgil Grissom (USAF), John Glenn (USMC), Scott Carpenter (US Navy), Walter Schirra (US Navy), Donald Slayton (USAF) und Gordon Cooper (USAF).
Im Laufe des Sommers 1959 waren zwei Teams, eines bei der USAF und ein weiteres bei der US Army, damit beschäftigt, die Atlas-LV3 B Mercury bzw. Mercury-Redstone Trägerrakete tauglich („man rated“) für den bemannten Raumflug zu machen. Auch wenn letztere den Beinamen „Old Reliable“ trug, machte sich die Nachrüstung von zahllosen Sensoren für das Fehlerdetektionssystem erforderlich. Unterschiedlichste Szenarien für einen Flugabbruch mußten dabei bewertet und individuell berücksichtigt werden. Nie zuvor war eine derartige Aufgabe unternommen worden. Und schon bald gab es den ersten Dissens zwischen den Ingenieuren und den Piloten. Während erstere den Astronauten eher die Position eines Passagiers zubilligen wollten, beharrten letztere auf einer aktiveren Rolle. Und dies auch im Hinblick auf Entscheidungen über den Abbruch eines Fluges. Dieses Spannungsfeld bestand auch hinsichtlich von Details bei der Auslegung der Kapsel. So bildete aus technischer Sicht ein großes Sichtfenster ein unnötiges Risiko, aus Sicht des Piloten war es das unabdingbare Merkmal eines jeden Fluggeräts.
Als am 09.09.1959 eine Atlas-D mit der Attrappe einer Mercury Kapsel von Cape Canaveral abhob, hatte das Programm schon einige Monate an Verspätungen angesammelt. Und doch brachte dieser Test die Entwicklung signifikant voran. Denn die Kapsel war mit einem neuentwickelten ablativen Hitzeschild ausgerüstet, der sich gut bewährte. Zwar verlief der Flug keineswegs fehlerfrei, lieferte aber doch eine Fülle an wertvollen Daten. Und allein die Tatsache, daß die Rakete nicht explodiert war (es war einer der ersten erfolgreichen Testflüge des neuen Atlas-D Modells überhaupt), stärkte das Vertrauen ungemein.
Im Laufe des Jahres 1960 wurde zunehmend deutlich, daß man sich hinsichtlich des ersten bemannten Raumflugs in einem Wettlauf mit der Sowjetunion befand. Und das man Gefahr lief, diesen zu verlieren. Denn während das „Mercury“ Programm mit Verzögerungen kämpfte, erprobte die Sowjetunion unter dem Namen „Korabl-Sputnik“ offenbar bereits Prototypen des zukünftigen bemannten Raumschiffs. Und im August 1960 gelang ihr die sichere Rückführung einer Raumschiffkabine mit mehreren Versuchstieren an Bord. Dennoch gab die NASA weder dem aufkommenden politischen Druck noch den Wünschen der Astronauten nach, die auf ein Vorziehen der bemannten Flüge drängten.
Aus den sieben Astronautenanwärtern hatte die NASA für den ersten ballistischen Flug drei Kandidaten ausgewählt. Demnach sollte US Navy Pilot Shepard als Pilot fungieren, Glenn als sein Double. Grissom schließlich assistierte den beiden und trainierte für den zweiten Raumflug. Die drei Astronauten wurden am 22.02.1961 von Robert R. Gilruth, Kopf der Space Task Group, offiziell als Kandidaten für den ersten Flug vorgestellt. Hartnäckig weigerte sich die NASA aber bekanntzugeben, wer denn nun wirklich der erste sein würde. Selbst am Morgen des 02.05.1961, dem Tag des ersten Startversuchs für die MR-3 Mission, schwiegen die Offiziellen hartnäckig zu diesem Thema. Shepard und Glenn nahmen gemeinsam ein leichtes Frühstück ein, bevor Shepard begann, seinen Raumanzug anzulegen. Doch die Wetteraussichten an diesem Tag waren nicht vielversprechend. Shepard verbrachte in seinem Raumanzug drei Stunden im Hangar S von Cape Canaveral, bevor der Start für diesen Tag abgesetzt wurde. Eine Stunde später gab die NASA die Identität des ersten Astronauten bekannt. Nach dem Sichern, Enttanken und Überprüfen der Rakete konnte ein neuer Startversuch für den 04.05.1961 angesetzt werden, wurde aber wetterbedingt dann auf den 05.05.1961 verlegt. Shepard quetschte sich in die winzige Kapsel, an deren Instrumententafel sein Freund Glenn eine Notiz hinterlassen hatte: „No Handball Playing in This Area“. Shepards Flug sollte etwa 15 min dauern. Ein Vielfaches dieser Zeit verbrachte er indessen an der Spitze der Rakete, auf den Start wartend. Zunächst zogen wieder Wolken über Cape Canaveral hinweg, die den Countdown verzögerten. Dann überhitzte ein Wechselrichter an der Spitze der Rakete. Er mußte ersetzt werden. Bedenken hinsichtlich der Arbeit anderer Systeme verzögerten den Start weiter. Nach rund vier Stunden in der Kapsel sahen sich Shepard und die Bodencrew einem ungewöhnlichen Problem gegenüber. Shepard mußte dringend urinieren. Doch die Kapsel zu diesem Zweck nochmals zu verlassen, kam nicht in Frage. Andererseits verfügte Shepards Raumanzug nicht einmal über eine Urinaufnahmevorrichtung. Schließlich wurde ihm aber erlaubt, sich einfach in den Anzug zu erleichtern. Das Unterzeug des Anzugs saugte den größten Teil auf und der ständige Sauerstoffdurchfluß sorgte bald für eine Trocknung. Schließlich sah Shepard auf seiner Uhr die letzten Sekunden des Countdowns verrinnen. Endlich, am 05.05.1961 um 14:49:35 UTC, hob die Redstone Rakete von Pad 5 in Cape Canaveral zur MR-3 Mission ab. Geschätzte 45 Millionen Amerikaner verfolgten den Start an ihren Fernsehgeräten. Tausende bevölkerten die Strände vor Cape Canaveral, um das Ereignis live zu verfolgen.
In Anlehnung an einen populären Comedian, dessen Astronauten-Sketche Shepard ausgezeichnet zu imitieren wußte, gab ihm Astronautenkollege Slayton im Moment des Abhebens auf den Weg: „You’re on your way, José!“. Der Aufstieg der Rakete verlief planmäßig und ohne relevante Abweichungen zum berechneten Flugprofil. Pünktlich wurde der Fluchtturm abgetrennt und die Kapsel vollführte ihre Drehung, so daß sie nun mit dem Hitzeschild voran flog. Auch wenn die „Mercury“ Kapsel für einen autonomen Flug konzipiert war, sah Shepards Flugprogramm anders als bei dem sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin und seinem Wostok Raumschiff vor, zeitweise die manuelle Steuerung zu übernehmen. Die verschiedenen Methoden zur Kapselsteuerung arbeiteten alle zu Shepards Zufriedenheit. Störend war jedoch sein persönlicher Rettungsschirm. Das vor die Brust geschnallte Paket behinderte die Bewegungen des Steuerknüppels. Ansonsten war Shepard vollauf damit beschäftigt die Instrumente abzulesen und seine Beobachtungen über Funk durchzugeben. Kurz nutzte er auch die Gelegenheit, die Inselwelt vor der Küste Floridas durch ein ausfahrbares Periskop zu beobachten. Die Phase der Schwerelosigkeit von wenigen Minuten empfand Shepard als angenehm. Dann begannen auch schon die Vorbereitungen für das Retromanöver. Zwar bewegte sich die Kapsel ohnehin auf einer ballistischen Bahn. Doch sollte mit dem Flug ja auch der Wiedereintritt aus der Umlaufbahn simuliert werden. Kurz nach Überschreiten des Gipfelpunktes der Bahn (187,47 km) zündeten die Bremstriebwerke. Das Retroraketenpaket wurde planmäßig abgeworfen und Shepard steuerte die Kapsel auf einen 40° geneigten Wiedereintrittskurs. Dann übernahm der Autopilot. Während sich die Außenhaut der Kapsel auf 665 °C erhitzte, blieb es im Inneren mit 38 °C erträglich. Die Klimatisierung des Raumanzugs stabilisierte die Temperatur bei 27 °C. Maximal erreichte die Verzögerung während des Abstiegs 11,6 g. Das Konzept der Konturenliege bewährte sich jedoch, Shepard blieb die ganze Zeit über arbeitsfähig. Der weitere Abstieg am Fallschirm verlief ebenso planmäßig bis hin zur Wasserung nach 15:28 min Gesamtflugzeit 487,26 km von Cape Canaveral entfernt. Zunächst legte sich die Kapsel etwa 60° auf die Seite, richtete sich aber nach dem Ausklinken des Fallschirms allmählich auf. Wenig später war der erste Bergungshubschrauber über der Kapsel und klinkte ein Seil ein. Shepard öffnete die Ausstiegsluke und wurde an Bord des Hubschraubers gehievt, bevor dieser ihn und die „Freedom 7“ Kapsel zum Flugzeugträger USS „Lake Champlain“ flog. Nur 11 Minuten nach der Landung traf er dort ein, wo ihm die Crew einen begeisterten Empfang bereitete. Ärzte und Ingenieure waren gleichermaßen zufrieden mit dem Verlauf des Fluges. Shepard hatte das Abenteuer vergleichsweise ruhig und ohne erkennbare Spätfolgen überstanden. Die Kapsel war in einem so guten Zustand, daß sie für einen weiteren Einsatz taugte.
Im Vergleich zu Gagarins bahnbrechendem Flug einen Monat zuvor schien Shepards Mission zwar eher eine bescheidene Leistung. Doch ließ sich die NASA auch unter dem aufkommenden Erfolgsdruck nicht von ihrem durchdachten methodischen Vorgehen abbringen. Im Juli 1961 bestätigte Shepards Kollege Grissom die Erkenntnisse dieses ersten US Raumflugs. Weitere bemannte ballistische Flüge wurden nun nur noch als unnötiges Risiko erachtet. Bis die USA mit „Friendship 7“ im Februar 1962 ihren ersten orbitalen Raumflug verbuchen konnten, erlebte das Programm noch eine Reihe von Rückschlägen. Und die Komplexität der sowjetischen Wostok Missionen konnte man nicht annähernd erreichen. Dennoch sammelte die NASA mit dem „Mercury“ Programm eine Fülle wertvoller Erfahrungen. Und während es die an kurzfristigen Erfolgen orientierte sowjetische Raumfahrt versäumte, rechtzeitig ein leistungsfähigeres Nachfolgeprogramm aufzubauen, verfügte die NASA bald nach dem Ende des „Mercury“ Programms mit dem „Gemini“ Raumschiff über ein neues Modell, das die Erprobung von zahllosen neuen Techniken und Technologien ermöglichte und zu heutigen bemannten Programmen überleitete.
Und obwohl der 15-minütige Flug bescheiden wirkte gegenüber den 108 min Gagarins. Die Begeisterung der Bevölkerung insbesondere in den USA nahm ähnliche Züge an. Sicherlich trug dazu auch die weitaus umfangreichere Berichterstattung der Medien bei. Waren schon im Vorfeld des Fluges immer wieder Artikel in den Medien erschienen, übertrug das Fernsehen nun landesweit praktisch live den gesamten Raumflug. Von der letzten Phase des Countdowns bis zur Begrüßung Shepards auf dem Bergungsschiff. Unerwartet groß war die Menschenmenge, die Shepard und seiner Frau Louise zujubelten. als beide auf dem Weg zum Empfang im Weißen Haus am 08.05.1961 die Pennsylvania Avenue passierten. Unter dem Eindruck dieser Stimmung, die eindrucksvoll unterstrich, welche Begeisterung mit dem Raumfahrtgedanken in der breiten Bevölkerung verbunden war, hielt US Präsident John F. Kennedy am 25.05.1961 eine Rede vor dem Kongreß: „Recognizing the head start obtained by the Soviets with their large rocket engines … and recognizing the likelihood that they will exploit this lead for some time to come in still more impressive successes, we nevertheless are required to make new efforts on our own. For while we cannot guarantee that we shall one day be first, we can guarantee that any failure to make this effort will make us last. We take an additional risk by making it in full view of the world, but as shown by the feat of Astronaut Shepard, this very risk enhances our stature when we are successful…“ Gefolgt von den berühmten Worten: „I believe this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the moon and returning him safely to the earth…“ Und so hatte der unerwartete und vollkommene Erfolg Shepards und seiner Mercury-Redstone 3 Mission unzweifelhaft den Weg für die bemannte Mondlandung nur gut acht Jahre später bereitet.