Wenn in diesem Monat (Juli 2011) mit der „Atlantis“ ein US Space Shuttle von seiner 135. Mission im All zurückkehrt, endet damit nach mehr als drei Jahrzehnten eines der herausragendsten Programme der Raumfahrtgeschichte. Und vorläufig wird damit auch der Traum der Raumfahrtingenieure zu Grabe getragen, mit einem wiederverwendbaren System die Kosten der Raumfahrt auf ein Niveau zu senken, das einen vollkommen neuen Zugang zum Weltraum ermöglicht. Seinen Reiz hat das Konzept bis heute aber nicht verloren, wie die jüngsten Testflüge der USAF mit der X-37 B, aber auch chinesische oder indische Studien zeigen. Ob aber der Vorteil der Wiederverwendbarkeit bei diesen Projekten, ohne Einsatz vollkommen neuer Technologien (Skylon), den Nachteil der höheren Handlingkosten aufwiegen wird, ist eher unwahrscheinlich. Dabei ist die Entwicklung eines solchen Systems seit Generationen eine der größten Herausforderungen für einen Raumfahrtingenier und zugleich einer der größten unerfüllten Träume.
In der phantastischen Literatur spiegelten die Fahrzeuge, mit denen der Mensch seine Reise ins All antrat, immer auch die technischen Möglichkeiten der Gegenwart wieder. Und natürlich insbesondere die modernsten irdischen Fortbewegungsmittel. Neben Jules Vernes Riesengranate aus „Von der Erde zum Mond“ finden sich im 19. Jahrhundert daher auch Luftschiffe und Ballons in der Literatur. Weitaus realistischer war die Darstellung von Rakete und Raumschiff in Fritz Langs berühmten Film „Frau im Mond“ aus dem Jahr 1929. Das Aggregat-4 (V-2) zeigte in den 1940er Jahren praktisch, daß die Flüssigkeitsrakete tatsächlich das geeignete Werkzeug zur Erkundung des Weltraums sein konnte. Doch die Rekordjagd der 1940er und 1950er Jahre mit immer größeren Geschwindigkeiten (Bell X-1 ) und Flughöhen ließ vor allem die Testpiloten davon träumen, als erste Menschen mit einem Raketenflugzeug ins All zu fliegen. Eingesperrt in einer winzigen Kapsel zu sitzen und keine oder kaum Kontrolle über ihren Kurs zu haben, widerstrebte ihnen natürlich. Und auch das Militär, zu jener Zeit treibende Kraft hinter allen Raumfahrtbestrebungen, suchte eher nach einem agilen und flexiblen Raumflugzeug. Einen ersten Entwurf für einen Raketengleiter lieferte Ende der 1930er / Anfang der 1940er Jahre der Deutsche Eugen Sänger mit dem „Silbervogel“, bekannt auch als Amerika– oder Antipoden-Bomber. Zwar sollte sich dieser nur auf einer langgestreckten ballistischen Bahn von etwa 24.000 km bewegen und die Manövrierfähigkeit war bescheiden. Doch das Konzept löste trotz offenkundiger Schwächen nach dem Ende des zweiten Weltkriegs sowohl in den USA als auch in der Sowjetunion großes Interesse aus. Realisiert wurde aber keines der dort unternommenen Projekte. Am nächsten kam der Umsetzung das von Sängers Studien inspirierte USAF Projekt X-20 „Dyna-Soar“. Ende der 1950er Jahre sah es sogar kurzzeitig so aus, als würde der erste bemannte Raumflug mit einem solchen geflügelten Raumgleiter stattfinden. Doch dann erhielt die NASA die Zuständigkeit für das bemannte Raumfahrtprogramm der USA übertragen und wählte das schneller umzusetzende Kapsel-Design. Die USAF hielt bis 1963 an der X-20 fest, mußte aber einsehen, daß das Projekt vor einer Vielzahl, mit der damaligen Technologie kaum überwindbaren, Herausforderungen stand. Zugleich war die Nutzlast immer weiter geschrumpft, während die geforderte Manövrierfähigkeit z.B. zur Inspektion sowjetischer Satelliten noch immer nicht ausreichte. Am 10.12.1963 wurde das offizielle Ende des Programms verkündet.
Mit der Einstellung des X-20 Programms endete aber nicht das Interesse von USAF und NASA am Konzept des Raketengleiters. Gelder aus dem X-20 Programm wurden z.B. in das ASSET (Aerothermodynamic Elastic Structural Systems Environmental Tests) Programm umgeleitet. In dessen Rahmen wurden maßstäblich verkleinerte Modelle von Raumflugzeugen auf ballistischen Bahnen geflogen. Getestet wurden dabei vor allem die aerodynamische Auslegung und Materialien für den Hitzeschild. ASSET war Teil des umfassenderen START Programms (Spacecraft Technology and Advanced Reentry Tests). In dessen Rahmen wurde u.a. die PRIME (Precision Recovery Including Maneuvering Entry) SV-5D (später X-23 A genannt) erprobt. Dieser frühe Lifting-Body demonstrierte erstmals erfolgreich die geforderte hohe seitliche (cross-range) Manöverfähigkeit. Und zeigte sich nach der Bergung in einem Zustand, der nach Meinung der Experten einen weiteren Start erlaubt hätte.
Zeitgleich verstärkte auch das Flight Research Center der NASA seine Forschungen auf diesem Gebiet. Zunächst wurden verschiedene aerodynamische Auslegungen mit nicht einmal metergroßen Modellen erprobt. Der Abwurf der Modelle erfolgte dabei von einem ferngesteuerten Modellflugzeug. Nächster Schritt war die bemannte Erprobung des Ames M2-F1 Designs. Es handelte sich um einen antriebslosen Gleiter im flügellosen „Badewannen-Design“. In mehr als 100 Flügen und bei über 400 Schleppversuchen bestätigte der Entwurf, daß ein solcher Lifting-Body bei niedrigen Unterschallgeschwindigkeiten stabil geflogen werden konnte. Ein wichtiger Aspekt für die sichere Landung. Aus diesen bescheidenen Anfängen entwickelte sich rasch ein sehr umfangreiches Forschungsprogramm. Vor allem die Koordinierung der Aktivitäten von USAF und NASA führte zu einer Intensivierung. So fehlten der USAF nach den Mach 25 Flügen der X-23 A Daten vom anderen Ende der Geschwindigkeitsskala. Diese hatte wiederum die NASA gesammelt. Ihr fehlten aber Informationen zum Verhalten von Lifting-Bodies bei hohen Geschwindigkeiten. Dies Lücke ließ sich nun mit dem USAF PILOT (Piloted Low-Speed Tests) Programm schließen. Hierfür entstand zunächst der X-24 A (SV-5P) Entwurf, praktisch eine auf die fünffache Größe skalierte SV-5D mit XLR11 Raketentriebwerk. Ende der 1960er Jahre wurde die X-24 A intensiv im Über– und Unterschallbereich erprobt. Anfang der 1970er Jahre wurde die X-24 A zur X-24 B umgebaut, die eine vollkommen andere aerodynamische Auslegung hatte. Dieses Design schloß die Lücke zwischen dem klassischen flügellosen Lifting-Body und einem geflügelten Flugkörper.
Während die USAF und NASA hier Grundlagenforschung betrieben, lieferte noch ein weiteres X-Programm wertvolle Daten aus dem Hochgeschwindigkeitsbereich. Die X-15 drang in bis dahin nicht erreichte Flughöhen und Geschwindigkeitsbereiche vor. Die aerodynamische Auslegung dieses Raketenflugzeugs ähnelte jedoch eher einer Rakete mit Stummelflügeln. Entsprechend hoch war die Landegeschwindigkeit, ein grundlegendes Problem dieses Designs. Wertvolle Erfahrungen konnten aber beispielsweise hinsichtlich der Stabilisierung eine solchen Fluggeräts außerhalb der dichten Atmosphärenschichten gesammelt werden. In 100 km Höhe waren aerodynamische Ruder und Flächen weitgehend wirkungslos. Hier halfen nur noch Impulse aus Kleinsttriebwerken. Umgekehrt mußte der Hochgeschwindigkeits-Gleitflug zurück zur Erde konventionell gesteuert werden. Die hier gesammelten Erfahrungen sollten sich als sehr nützlich für die Auslegung des Space Shuttle erweisen.
Während man noch dabei war, Daten für die Auslegung eines möglichen wiederverwendbaren Raumgleiters zu sammeln, finanzierten USAF und NASA zeitgleich eine Reihe von Studien zum Einsatz eines solchen Systems. Anfang bis Mitte der 1960er Jahre untersuchte beispielsweise Lockheed im Auftrag der NASA im Rahmen des RAPT (Reusable Aerospace Passenger Transport) Programms einen Raumgleiter mit 10 Tonnen Nutzlast. Es entstanden Studien für horizontal und vertikal startende, zwei– und dreistufige, wiederverwendbare Systeme. Später wurden auch Convair, Martin-Marietta und North American hinzugezogen. Interessanterweise fielen bereits damals die Annahmen hinsichtlich der zu erwartenden Startkosten beinahe noch unterschiedlicher aus, als die Designs der Fluggeräte. Doch schon damals ging man von (wie man heute weiß) unrealistisch hohen Startraten mit bis zu 16 Flügen pro Monat aus.
Auch die USAF verlor ihr Interesse an einem wiederverwendbaren Raumgleiter nicht. Ende 1968 wurden beispielsweise Lockheed und McDonnell Douglas im Rahmen des ILRV (Integral Launch and Reentry Vehicle) Projekts mit Studien beauftragt. Bei aller Ähnlichkeit hinsichtlich der Zielsetzung ergaben sich aus diesem Programm doch einige neue Entwürfe. Neue Impulse kamen von den 1½-stufigen Konzepten und dem teilweise angedachten Verzicht auf die vollständige Wiederverwendbarkeit. Berechnungen hatten gezeigt, daß diese Variante durchaus kostengünstiger sein konnte. Ende der 1960er Jahre herrschte ein weitgehender Konsens darüber, daß die nächste Generation bemannter Raumschiffe aus wiederverwendbaren Raumgleitern bestehen würde. Auch in Europa, das bis dahin noch keine Erfahrungen auf dem Gebiet der bemannten Raumfahrt hatte sammeln können, wollte man die Kapsel-Designs direkt hinter sich lassen und studierte verschiedene Shuttle Auslegungen. Bekannt ist aus dieser Zeit auch das Foto, das Juri Gagarin mit einem sowjetischen Raumgleiter-Entwurf zeigt. Konkrete Schritte zur Umsetzung unternahmen aber nur die USA. Mittlerweile waren beachtliche Summen für Dutzende Entwürfe der Industrie ausgegeben worden. Dennoch gab es auch kritische Stimmen, die die vage formulierten und noch weniger nachgewiesenen Vorteile des Shuttle Konzepts anzweifelten. Als Richard M. Nixon im November 1968 US Präsident wurde, setzte er eine Kommission unter Charles H. Townes ein, die den Kurs der zukünftigen Raumfahrtentwicklung bestimmen sollte. Deren im Januar 1969 vorgelegter Bericht fiel zuungunsten des Raumgleiter Designs aus. Lediglich weitere Studien wurden empfohlen. Doch der Townes Report blieb weitgehend folgenlos.
Trotz aller noch offenen Fragen hatte sich die NASA bereits 1968 weitgehend festgelegt, nach dem Apollo Programm und dem AAP (Apollo Applications Program) die bemannte Raumfahrt mit einem Space Shuttle im erdnahen Raum fortzuführen. Wernher von Brauns Pläne für bemannte Marsmissionen wurde nur eine geringe Chance auf Realisierung eingeräumt. Schließlich initiierte die NASA ein vierstufiges Programm. In Phase A sollten Machbarkeitsstudien unternommen, in Phase B das Projekt definiert werden. Phase C umfaßte das Design des Space Shuttle und Phase D schließlich seine Herstellung und Anwendung. Noch vor dem offiziellen Beginn von Phase A erhielten Rocketdyne, Pratt & Whitney und Aerojet General Ende 1968 Studienaufträge für neue im Schub über einen weiten Bereich regelbare Flüssigkeitstriebwerke. Am 23.01.1969 erhielten dann auch General Dynamics, Lockheed, McDonnell Douglas und North American die Aufforderung, Entwürfe eines wiederverwendbaren Raumgleiters mit 25 Tonnen Nutzlastkapazität abzugeben. Neu war die Forderung, das Shuttle auch als Transportmittel für Satelliten aller Art auszulegen. Einer Gründe für diese Aufgabenstellung war die Furcht, nicht ausreichend Missionen für das neue Raumfahrzeug zu haben, um seine kostspielige Entwicklung zu rechtfertigen. Obwohl noch nicht offiziell beschlossen, bestand außerdem die Herausforderung, die unterschiedlichen Prämissen von USAF und NASA in einem Entwurf zu vereinen. Denn für zwei konkurrierende Projekte würden die Finanzmittel auf keinen Fall reichen. Dementsprechend vage fielen also zunächst die Anforderungen aus, die die NASA in Phase A der Shuttle Studien festlegt. Während die NASA z.B. keinen großen Wert auf die cross-range Manövrierfähigkeit legte, war diese für die USAF von maßgeblicher Bedeutung. Sie forderte, daß ihr Shuttle nach nur einem Erdorbit wieder am Ausgangspunkt der Mission landen können mußte. Dabei galt es die Erdrotation auszugleichen. Auch sah die NASA keinen Bedarf zum Transport von Nutzlasten mit mehr als 7 Tonnen Gewicht, während die USAF mindestens 23 Tonnen und ein großes Volumen forderte.
Am 20.02.1970 forderte die NASA erneut die großen Raumfahrtkonzerne auf, sich an Phase B des Studienprogramms zu beteiligen. Vergeben wurden schließlich zwei Aufträge an die Teams von McDonnell Douglas und Martin-Marietta bzw. North American Rockwell mit General Dynamics (Convair). Am 01.06.1970 wurden die präzisierten Anforderungen an die Teams herausgegeben. Demnach sollte es sich bei dem zukünftigen National Space Transportation System um ein vollständig wiederverwendbares zweistufiges Gerät mit vertikalem Start und horizontaler Landung handeln. Eine Nutzlastbucht von 4,50 m Durchmesser und 18 m Länge war vorzusehen, die typische Nutzlast sollte knapp 7 Tonnen betragen. Ausgelegt werden sollte das Shuttle für 25 bis 75 Flüge pro Jahr mit einer maximalen Flugdauer von 7 Tagen. Im Notfall sollte das Shuttle binnen 43 Stunden wieder startklar gemacht werden können, normalerweise aber in weniger als zwei Wochen. Da man sich hinsichtlich der Manövrierfähigkeit noch immer nicht einigen konnte, wurden zwei verschiedene Entwürfe mit großer und kleiner cross-range gefordert. Während der Laufzeit der Phase B Kontrakte modifizierte die NASA mehrfach die Anforderungen, namentlich um den Forderungen der USAF Rechnung zu tragen. Bereits am 01.09.1970 wurde die Nutzlast von 7 auf knapp 11,5 Tonnen angehoben. Noch gravierender war die Forderung nach 29,5 Tonnen Nutzlastkapazität, die im Januar 1971 aufgestellt wurde. Vor allem die Triebwerkshersteller standen vor einer kaum lösbaren Aufgabe. Aerojet war praktisch aus dem Rennen. Rocketdyne hatte jahrelang am Aerospike Konzept gearbeitet, das von der NASA jedoch abgelehnt wurde. Dort hatte man sich auf darauf festgelegt, nur Entwürfe mit einer glockenförmigen Düse zu akzeptieren. Der geforderte Schub war unter diesen Vorgaben aber nur mit einem extrem hohen Brennkammerdruck zu erreichen. Neuland für Rocketdyne, wo man sich auf Basis des J-2 Triebwerks an die Entwicklung machte. Pratt & Whitney lag dagegen zunächst sehr gut im Rennen, da man für die USAF bereits das XLR-129 nach ähnlichen Vorgaben entwickelt hatte. Jedoch ließ sich dessen Schub nicht ohne weiteres auf die nun geforderten Werte steigern. Da es sich als schwierig erwiesen hatte, die kombinierten NASA/USAF Forderungen mit einem vollständig wiederverwendbaren System zu erfüllen, beteiligten sich schon bald auch weitere Luft– und Raumfahrtunternehmen an den Phase B Studien. Teils sehr originelle Entwürfe wurden von Chrysler, Grumman oder Boeing eingereicht.
Anfang 1971, die NASA sichtete noch die Informationen der Phase B Studien, als neue Aspekte das Programm beeinflußten. Praktisch alle ernstzunehmenden Studien zeigten, daß die angestrebeten Wirtschaftlichkeitsziele mit dem Shuttle nicht erreichbar waren. Paradoxerweise trieb vor allem der Wunsch nach vollständiger Wiederverwendbarkeit die Kosten nach oben. Und nicht nur die Entwicklungskosten. Nicht einmal im Vergleich zur (sehr teuren) Titan-III war das Shuttle wettbewerbsfähig. Gleichzeitig machte das Office of Management and Budget der US Regierung deutlich, daß die NASA nicht mit den erhofften Geldern rechnen konnte. Vielmehr wurde das Budget einmal mehr gekürzt. Die Finanzmittel reichten nun zwar noch für die Entwicklung eines Orbiters. Wovon die Entwicklung der Boosterstufe bestritten werden sollte, blieb aber zunächst offen. In der Not wandte man sich allmählich von der vollständigen Wiederverwendbarkeit ab. Zunächst gewann Grumman mit seinem H-33 Entwurf das Interesse der NASA. Bei diesem wurde der größte Teil des Treibstoffs aus dem Orbiter in einen riesigen externen Tank ausgelagert. Lediglich ein kleiner Treibstoffvorrat sollte noch intern transportiert werden. Der Vorteil dieser Variante war, das das Shuttle selbst bei gleicher Nutzlast weitaus kleiner gebaut werden konnte. Obwohl der Tank nicht wiederverwendbar war, hoffte man seine Kosten dank großer Stückzahlen vergleichsweise gering zu halten. Unterdessen erfolgte im Spätsommer 1971 eine Festlegung hinsichtlich der Auslegung des Orbiters. Gewählt wurde das Delta-Flügel Design MSC-040 C. Offen war noch immer das Booster Konzept, das nun von verschiedenen Firmen untersucht wurde. Es entstanden eine Reihe von Vorschlägen auf Basis der Saturn IB und Saturn V. Aber auch Cluster von Titan Stufen wurden untersucht. Eine andere Variante, die nun diskutiert wurde, war der Einsatz von großen Feststoffboostern. Diese wurden seit einigen Jahren erfolgreich in Kombination mit der Titan-III eingesetzt. Und auch die ballistischen Raketen der US Navy basierten auf dieser Technologie. Doch in der bemannten Raumfahrt waren sie bisher noch nie eingesetzt worden. Zahllose weitere technische Details mußten noch gelöst werden. Doch die weitere Entwicklung wurde von finanziellen Aspekten dominiert. Ohne die Unterstützung der USAF, die sich demonstrativ hinter das Projekt gestellt hatte, hätte das Shuttle Programm bereits das Jahr 1971 nicht überlebt. Es gab zu viele ernstzunehmende Hinweise darauf, daß die Entwicklung des Shuttle eine technologische Sackgasse bedeutete. Doch die Gegner des Projekts überzogen ihre Kritik, indem sie die bemannte Raumfahrt grundsätzlich in Frage stellten. US Präsident Nixon war sich jedoch durchaus der Bedeutung bewußt, die die bemannte Raumfahrt noch immer als Aushängeschild der gesellschaftlichen Verhältnisse in Ost und West hatte. Für ihn kam ein Ausstieg aus der bemannten Raumfahrt nicht in Frage. Allerdings zeigte auch er keine Ambitionen, der NASA die geforderten Finanzmittel zukommen zu lassen. Deren Berechnungen für die Entwicklung eines vollständig wiederverwendbaren Space Shuttle hatten mittlerweile einen Finanzierungsbedarf ergeben, der dem des Apollo-Programms entsprach. Nicht eingerechnet die Kosten für eine Raumstation, die als logisches Ziel des Shuttle galt. Im Laufe des Jahres 1971 konnten immerhin viele technische Fragen im Rahmen der Phase B Prime und Phase B Double Prime Programme gelöst werden. Angesichts der finanziellen Zwänge stand wiederholt die Idee im Raum, zunächst ein irgendwie abgespecktes System zu realisieren. Beispielsweise mit schwächeren Triebwerken und reduzierter Nutzlastkapazität. Ende 1971 gewann dann eine neue Idee an Konturen. Unter dem Namen TAOS (Thrust Assisted Orbiter Shuttle) wurde nun das Konzept verfolgt, die Triebwerke des Orbiters und der Booster gleichzeitig am Boden zu zünden. Die SSME (Space Shuttle Main Eingines) sollten dabei aus einem externen Tank gespeist werden. Bei den Boostern setzte die Entwürfe auf Feststofftriebwerke. Obwohl letzteres der NASA mißfiel, überzeugte das Konzept hinsichtlich seiner Entwicklungs– und Betriebskosten. Etwa zu dieser Zeit äußerte das OMB der US Regierung erneut nachdrücklich die Empfehlung, das Space Shuttle Programm einzustellen. Lediglich der Einsatz von Caspar Weinberger, damals Vizedirektor des OMB, verhinderte die Umsetzung dieser Forderung. Dabei hielt die NASA offiziell noch immer an älteren Shuttle Entwürfen fest, deren Unwirtschaftlichkeit und Nichtfinanzierbarkeit längst feststand. Und die Zahlen, die den Bedarf für den Space Shuttle begründen sollten, waren vollkommen irrwitzig. So hatte die NASA Ende der 1960er Jahre typischerweise etwa 5,5 Tonnen an wissenschaftlichen Nutzlasten pro Jahr gestartet. Nun wollte sie aber einen Bedarf an 40 oder 50 Shuttle Starts pro Jahr rechtfertigen, von denen jeder einzelne mehr Nutzlast ins All befördern konnte, als bisher überhaupt pro Jahr gestartet worden war. Erst Ende 1971 gab die NASA den Wiederstand gegen das TAOS Konzept auf. Und mit der Rückendeckung der USAF gelang es auch, gegen den Widerstand des OMB, eine Nutzlastkapazität von 29,5 Tonnen bei einer Größe der Nutzlastbucht von 4,5×18 m durchzusetzen. Eine Verkleinerung auf 3×9 m bei 13,5 Tonnen war damit abgewendet. Dieser Entwurf hatte sowohl der NASA als auch der USAF erhebliche Zugeständnisse abgefordert. Aber er hatte das Projekt gerettet. Schließlich machte sich US Präsident Nixon das Projekt auch offiziell zu eigen, das er als maßgeblich erachtete, die technologische Führung der USA aufrechtzuerhalten. Am 05.01.1972 gab er die Entwicklung des Space Shuttle offiziell bekannt.