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Rollout der „Columbia“ zur Mission STS-55
Start der Spacelab D-2 Mission
Ulrich Walter im Spacelab
Forschen an Bord von Spacelab D-2
STS-55 Post Flight Presentation
Blick in die Nutzlastbucht während der Spacelab D-2 Mission
Landung der „Columbia“ zum Abschluß von STS-55

Nur zweieinhalb Wochen nach dem Start der „Discovery“ zur Mission STS-​56  hob von LC-​39 A in Cape Canaveral am 26.04.1993 um 14:50 UTC die „Columbia“ zur Mission STS-​55  ab. Es war eine der kürzesten jemals innerhalb des gesamten Shuttle Programms demonstrierten Startfolgen. Dieser Umstand hatte allerdings eine lange Vorgeschichte. Denn ursprünglich hatte STS-​55 bereits am 25.02.1993 starten sollen. Wobei ihre Mission, das Spacelab D-​2  Unternehmen, einst für 1988 geplant gewesen war. 1988, bei Wiederaufnahme der Shuttle Flüge nach der „Challenger“ Katastrophe, hoffte man noch auf einen Start 1992. Bald schon wurde der Termin aber auf das erste Quartal 1993 verschoben. Doch da wurden, zwei Wochen vor dem angesetzten Starttermin, Lücken in der Wartungsdokumentation der drei an der „Columbia“ verbauten SSME festgestellt. Es ließ sich nicht mehr nachvollziehen, ob in den Turbopumpen verbaute Dichtungen bereits mit Sicherungsklammern neuer Bauart oder noch den Modellen der alten Ausführung gesichert waren. Für letztere galt allerdings eine Inspektion nach jedem Flug als unerläßlich… In dieser Situation blieb der NASA nur, den Austausch aller drei Sauerstoffpumpen anzuordnen. Immerhin konnte das auf der Rampe geschehen. Nun galt der 14.03.1993 als neuer Starttermin. Doch im Laufe der Arbeiten entdeckten die Techniker eine lecke Hydraulikleitung. Und wie sich herausstellen sollte, war eine komplette Charge fehlerhafter Leitungen ausgeliefert worden. Jetzt geriet der nächstmögliche Starttermin 19.03.1993 auch noch mit nachfolgenden Start von Cape Canaveral in Konflikt. Eine Delta 7925  mit einem GPS Satelliten warteten ebenso wie eine Atlas-​I mit einem militärischen Kommunikationssatelliten auf ihre Startgelegenheit. Und spätestens Anfang April 1993 mußte die STS-​55  ATLAS-​2  Mission gestartet sein. Als schließlich eine zufriedenstellende Lösung gefunden war, kam es am 22.03.1993 bei T-​3 s zu einem spektakulären Startabbruch. Nur zwei der drei SSME hatten gezündet. Drei Sekunden vor der Zündung der Feststoffbooster, nach der kein Startabbruch mehr möglich gewesen wäre, hatten die Computer das Problem erkannt und die beiden bereits laufenden SSME wieder abgestellt. Wasserfontänen kühlten die Triebwerke. Eine Analyse des Zwischenfalls ergab später, daß ein Helium-​Ventil nicht geschlossen und so die Zündung des Sauerstoff-​Preburners für die Hochdruckturbopumpe verhindert hatte. Ursache des Ventilversagens waren Verschmutzungen, die noch von der Fertigung herrührten. Also wurden alle drei Triebwerke gegen jene ausgetauscht, die bereits für die Mission STS-​57  bereitgestellt worden waren. Doch auch der nächste Startversuch mußte am 24.04.1993 etwa sechs Stunden vor dem Start abgebrochen werden. Diesmal waren Unregelmäßigkeiten im Inertial Meßsystem der Grund. Nach dem Austausch des entsprechenden Gerätes konnte der Countdown wieder aufgenommen werden. Und nun, am 26.04.1993, gelang der Start. An Bord des Shuttle befanden sich Kommandant Steven Nagel, Pilot Terence Henricks, die Missionsspezialisten Bernard Harris und Charles Precourt sowie die Nutzlastspezialisten Jerry Ross, Hans Schlegel und Ulrich Walter. In zwei Schichten betreuten sie die Experimente, die im Spacelab Druckmodul installiert waren. Doch an den ersten Tagen hatten die Astronauten zunächst eine Reihe technischer Probleme zu beheben. So gab es Schwierigkeiten mit einer Kühlbox für Experimente, das Abwassersystem des Shuttle funktionierte einmal mehr nicht korrekt und auch einige Experimente hatten Anlaufschwierigkeiten. Doch am dritten Tag des Fluges waren die Probleme überwunden. 88 Experimente an Bord des Spacelab galt es rund um die Uhr zu betreuen, fünf weitere waren den Flugverschiebungen zum Opfer gefallen. Da es der Crew gelang, Energie, Wasser und Treibstoff zu sparen, konnte die Mission um einen Tag verlängert werden, so daß der Zeitdruck auf die Experimentatoren gesenkt werden konnte. Allerdings mußte zuvor das Bundesforschungsministerium die Übernahme der Mehrkosten in Höhe von 1 Mio. DM zusichern! Aufregung gab es nochmals in der Nacht vom 03. auf den 04.05.1993, als unbemerkt die Ku-​Band Antenne des Shuttle den Kontakt zum TDRS Datenrelais-​Satelliten verlor und so fast 80 min Daten ins Leere gesendet wurden. Doch davon abgesehen waren die Experimente sehr erfolgreich. Die bis dahin besten GaAs-​Kristalle konnten gezüchtet und neue Erkenntnisse zum Einfluß der Schwerelosigkeit auf das Pflanzenwachstum gewonnen werden. Das MOMS-​2  (Modular Optoelectronic Multispectral Stereo Scanner) Experiment lieferte dreidimensionale Erderkundungsdaten und mit ANTHRORACK befand sich die bis dahin anspruchsvollste medizinische Versuchsanordnung seit Beginn der bemannten Raumfahrt an Bord. Besonders öffentlichkeitswirksam war hingegen das ROTEX Experiment. Der Manipulatorarm konnte sowohl autonom operieren als auch vom Boden oder von der Mannschaft der „Columbia“ gesteuert werden. Ein kleine Sensation war die Demonstration, daß ROTEX in der Lage war, einen frei im Raum schwebenden Würfel zu greifen. Am letzten Flugtag lag eine dichte und tiefhängende Wolkendecke über Cape Canaveral und machte die dort geplante Landung unmöglich. Da die NASA die Mission nicht noch weiter verlängern wollte, wurde die Landung nach Kalifornien verlegt. Dort setzte die „Columbia“ am 06.05.1993 um 14:30 UTC auf einer Piste der Edwards AFB auf. Nach all den Verzögerungen ging nach 239:40 h damit eine äußerst erfolgreiche Mission zu Ende. Allerdings auch eine bedeutende Etappe der deutschen Raumfahrt. Denn mit der Spacelab D-​2  Mission endete auch der Einsatz des Spacelab unter deutscher Federführung. Hatte die NASA als Gegenleistung für Bau und Entwicklung des Spacelab die D-​1  Mission noch „kostenlos“ ermöglicht, verlangte sie nun für jeden weiteren Einsatz 250 Mio. $. Eine D-​3  Mission war damit aussichtslos geworden, auch wenn Nutzlastspezialist Walter betonte, daß eine monatliche Ausgabe von 15 Pfennigen pro Bundesbürger die Finanzierung würde sicherstellen können.