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Start der ersten H-II Rakete
„Ryusei“
„Myojyo“ mit Aufnahmestruktur für „Ryusei“

Nicht ohne Rückschläge verlief die Entwicklung der japanischen Großrakete H-​II. Das Aushängeschild der NASDA sollte Japan in den 1990er Jahren erlauben, auch große Anwendungssatelliten aus eigener Kraft zu starten. Und das mit einer Rakete, die erstmals praktisch zu 100% auf einheimischer Technologie basierte. Vor allem die Entwicklung des kryogenen Erststufenantriebs LE-​7  stellte die japanische Industrie vor große Herausforderungen. Und so mußte man schon im Sommer 1989 den Termin für den Jungfernflug der Rakete um ein Jahr auf 1993 nach hinten verlegen. Wenig später, im September 1989, geriet ein Prototyp des LE-​7 auf dem Teststand in Brand. Dabei erlitt der Teststand schwere Schäden. Bei einem weiteren Test im Juli 1990 kam es zu einem Brand, der Teile der Bodenausrüstung beschädigte. Die Jahre 1991 bis 1992 waren von unzähligen Zwischenfällen bei Triebwerkstestläufen geprägt. Am 09.08.1991 forderte eine Explosion sogar ein Todesopfer. Und im Juni 1992 brach ein Feuer aus, in dessen Folge das schwer beschädigte Triebwerk vom Teststand 23 m in die Tiefe und dort in das Kühlwasserbassin stürzte. Erst im Sommer 1993 konnte ein Prüfstandlauf über die volle Dauer von 353 s erfolgreich absolviert werden. Allmählich waren die Probleme ausgemerzt. Doch die Verzögerungen beliefen sich inzwischen auf zwei Jahre.
Beim ersten Testflug vertraute dann auch niemand der neuen Rakete einen der teuren Anwendungssatelliten an. Damit ergab sich die Gelegenheit zur Mitnahme zweier technologischer Nutzlasten. Die H-​II 1 F startete am 03.02.1994 nach dreitägigem wetterbedingtem Aufschub vom Raumfahrtgelände Tanegashima. Es folgte ein Bilderbuchflug. Während das Wiedereintrittsexperiment OREX bzw. „Ryusei“ auf einer Kreisbahn in 450 km Höhe ausgesetzt wurde, gelangte die auch als „Myojyo“ bezeichnete Vehicle Evaluation Payload (VEP) auf eine geostationäre Transferbahn. Der mit zahlreichen Sensoren ausgestattete technologische Satellit sammelte während des Aufstiegs Meßdaten zu den Belastungen, die auf einen Satelliten einwirkten und diente der Überprüfung der Genauigkeit des Bahneinschusses. Die kastenförmige Nutzlast war kostensparend aus dem Bodentestmodell des ETS VI bzw. „Kiku“ 6 Satelliten gebaut worden. Einen Großteil der Satellitenmasse machten die 1,5 Tonnen Wasser aus, die für Testzwecke mehrfach unter Druck gesetzt wurden. OREX dagegen, das Orbital Reentry Experiment, sollte der NASDA Erfahrungen zur Problematik des Wiedereintritts von Nutzlasten in die Atmosphäre liefern. Diese Daten wurden u.a für die Entwicklung der geplanten Raumfähre HOPE benötigt. Bereits nach einem Erdorbit wurde die Rückkehr zur Erde eingeleitet. Etwa 460 km südlich der Weihnachtsinsel ging OREX im Pazifik nieder und wurde geborgen.