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Cluster-Start einer Dnepr-1 am 21.11.2013
Montage von DubaiSat 2 auf der Nutzlastplattform

Kaum mehr als 24 Stunden hatte der Rekord von 29 Satelliten bei einem Start Bestand, den eine Minotaur 1  am 20.11.2013 aufgestellt hatte. Mit 32 Satelliten übertrumpfte eine am 21.11.2013 von Dombarowski gestartete Dnepr-1 diese Marke. Beide Raketen hatten interessanterweise ursprünglich als Interkontinentalraketen der nuklearen Abschreckung gedient, bevor sie, mehr oder weniger modifiziert, einer zivilen Nutzung zugeführt worden waren. Der Kopfblock der Dnepr Rakete flog einen sonnensynchronen Orbit in etwa 600 km Höhe an, wo der größte Teil der Satelliten nacheinander bei laufendem Triebwerk der letzten Stufe ausgesetzt wurden, und sie sich so auf leicht unterschiedlichen Bahnen verteilten. Den Anfang machte der Erderkundungssatellit SkySat 1 des US Unternehmens Skybox Imaging. Die 2009 von jungen Studenten gegründete Firma hatte sich zum Ziel gesetzt, den bisher wesentlich teureren Satelliten vorbehaltenen Markt für Erderkundungssatelliten der Sub-​Meter-​Klasse (besser als 1 m Auflösung) mit einem wesentlich kostengünstigeren Ansatz zu revolutionieren. Zunächst zwei Satelliten wurden in-​house gebaut und zum Start vorbereitet (langfristig wollte man 24 Satelliten einsetzen). Der erste von ihnen hatte nun den Orbit erreicht. Im Gegensatz zum mit einer ähnlichen Idee konkurrierenden Unternehmen Planet Labs, das seine Pläne mit einer Flotte von CubeSats umsetzen wollte, setzte Skybox aber auf deutlich größere Satelliten der 100 kg Klasse. Das erlaubte eine höhere Auflösung und zudem die Gewinnung hochauflösender Videos. Das erfolgversprechende Konzept weckte das Interesse des Internet Konzerns Google, der Skybox Imaging 2014 schließlich übernahm und später in Terra Bella umbenannte. Drei Sekunden nach SkySat 1 wurde DubaiSat 2 ausgesetzt, ebenfalls ein Erderkundungssatellit. Seine modifizierte Canon EOS-​D Kamera konnte panchromatische Bilder mit 1 m Auflösung und Multispektralaufnahmen mit 4 m Auflösung liefern. Der Satellit basierte auf dem SI-​300  Bus der südkoreanischen Satrec Initiative. Der Auftraggeber, das United Arab Emirates Institution for Advanced Science and Technology (EIAST), entsandte ein Team von Ingenieuren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die an der Entwicklung beteiligt waren. Besondere Merkmale des Satelliten waren u.a. der Einsatz eines Hall Effect Propulsion System (HEPS) für die Bahnstabilisierung und ein großer Festspeicher-​Rekorder mit leistungsfähiger Echtzeit-​Datenverarbeitungskapazität. Nachdem der untere Teil der Nutzlastverkleidung abgeworfen war, konnte auch der dritte größere Satellit freigesetzt werden. STSat 3 war vom Satellite Technology Research Center (SaTReC) des Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) gebaut worden. Wie seine Vorgänger diente er sowohl als Testplattform für neue technologische Lösungen als auch konkreten Forschungen. So basierte die Satellitenstruktur auf einem neuen Entwurf aus Verbundwerkstoffen. Ein leistungsfähiger Bordcomputer und ein HPS (Hall-​thrust Propulsion Subsystem) zählten zu den weiteren konstruktiven Merkmalen. Die wissenschaftliche Mission war zweigeteilt. MIRIS, das Multi-​purpose Infrared Imaging System, sollte Infrarot– und Hyperspektralbeobachtungen der Erdoberfläche unternehmen. COMIS, das Compact Imaging Spectrometer, war dagegen dafür vorgesehen, IR-​Beobachtungen der Galaxie und des kosmischen Hintergrundes zu unternehmen. Anfang Januar 2015 sorgten Meldungen für Aufregung, wonach die hohe Wahrscheinlichkeit bestand, daß STSat 3 mit einem Trümmerteil des Zusammenpralls von Kosmos 2251 und Iridium 33 am 10.02.2009 zusammenstoßen könnte. Tatsächlich passierten sich die beiden Objekte am 04.01.2015 jedoch nicht in 23 m (oder weniger) Abstand, sondern in 1 km Entfernung oder mehr. Nächste Nutzlast war nur eine Sekunde später der italienische UniSat 5. Mit diesem wurde erstmals ein neues Verfahren zum Start von Satelliten im CubeSat Format sowie im neuen, noch kleineren, PocketQube Format, erprobt. Denn neben dem bio-​medizinischen Experiment GlioSat, zur Untersuchung von Strahlungseinflüssen auf Krebszellen und einem HD-​Kamerasystem zur Erderkundung und Beobachtung von „Weltraumschrott“ waren vor allem zwei Startsysteme für Picosatelliten dieser beiden Klassen integriert. Zwei vom GAUSS Team der Universität „La Sapienza“ modifizierte PPODs (Poly Picosatellite Orbital Deployer) nahmen die CubeSats ICUBE 1, HumSat-​D, Dove 4 und PUCP-​Sat 1  auf. ICUBE 1 stammte vom Institute of Space Technology in Islamabad, Pakistan. Vor allem diente der Satellit als Trainingsobjekt für angehende Luft– und Raumfahrtingenieure. Nach dem Start erhoffte sich das IST, Bilder seiner VGA-​Kamera zu empfangen. HumSat-​D war von Studenten der Universidade de Vigo (Spanien) gebaut worden. Die Entwicklung lief in internationaler Kooperation und mit Unterstützung des UNO Programms BSTI (Basic Space Technology Initiative). Langfristig plante „La Sapienza“ ein komplettes Netzwerk von CubeSats, die das Konzept der Demonstrator-​Mission fortführen sollten: die Bereitstellung von store-​and-​forward Diensten für z.B. Umweltsensoren (unidirektional) oder Wissenschaftler in der Feldforschung (bidirektional). Planet Labs (vormals Cosmogia Inc.) belegte mit ihren Dove 3 und Dove 4 Triple CubeSats gleich zwei Schächte in den PEPPODs. Die Satelliten fungierten als Technologie-​Demonstratoren für die geplante Konstellation aus 28 ähnlich aufgebauten Flock-​1  Satelliten. Diese sollten einmal den Kunden des Unternehmens günstig und zeitnah Erdaufnahmen mit 3 bis 5 m Auflösung liefern. Aufgrund von Sicherheitsbedenken bat Planet Labs das GAUSS Team des UniSat 5 Satelliten nach dem Start darum, ihren Dove 4 Satelliten nicht auszusetzen. PUCP-​Sat 1 , der erste peruanische Satellit, stammte von der Pontificia Universidad Católica del Perú. Er sollte, neben seiner Aufgabe als Trainingsobjekt für Studenten, eine Reihe von Telemetriedaten zum Zustand des Satelliten übertragen. Vor allem aber diente er wiederum als Startplattform für den 127 g Picosatelliten Pocket-​PUCP. Auch von diesem hofften die Studenten, telemetrisch interne Temperaturwerte empfangen zu können. An der Morehead State University hatte ein Team unter Leitung von Professor Robert J. Twiggs die Entwicklung des PocketQube Formats für eine neue Klasse von Satelliten vorangetrieben. Der Morehead-​Roma FemtoSat Orbital Deployer (MRFOD) stammte ebenso wie zwei der PocketQube Satelliten bei dieser Mission von der MSU: Beakersat 1 und $50Sat. Der auch als Eagle 1 oder SWEsat bezeichnete Beakersat 1 wurde im 2.5p PocketQube Format gebaut. Er sammelte eine Reihe von Daten zum Status der Bordsysteme, die im Morse-​Code übermittelt werden sollten. Eagle 2 alias $50Sat wurde im kleineren 1.5p PocketQube Format realisiert. Auch er sendete Statusinformationen im Morsecode, wobei verschiedene Übertragungsgeschwindigkeiten erprobt werden sollten. Aufgrund dieser Funktionalität erhielt er später die AMSAT Bezeichnung Morehead-​OSCAR 76  (MO-​76 ). Anspruchsvoller war das im noch kleineren 1p PocketQube Format 5×5×5 cm realisierte Projet Wren der deutschen Crowd-​Funding Initiative STADOKO UG. Micro Pulsed Plasma Thrusters und diverse Sensoren sollten sicherstellen, daß die Kamera des Satelliten korrekt zur Erde ausgerichtet werden konnte. Bei Bedarf sollten zudem Softwareupdates an den Satelliten übermittelt werden. QubeScout S1 von der University of Maryland (2.5p PocketQube Format) fungierte vor allem als Testplattform für einen am UMBC LACO Lab entwickelten hochauflösenden Sonnensensor. Nach UniSat 5 wurden die beiden kleinen Datenrelaissatelliten AprizeSat 7 und AprizeSat 8 ausgesetzt. Das US Unternehmen AprizeSat plante eine Konstellation von 64 Satelliten für store-​dump Datenübertragungsdienste, Tracking– und Monitoring-​Informationen und AIS (Automatic Identification System) Dienste. AprizeSat 7 wurde nach der Testphase an das kanadische Unternehmen exactEarth übergeben, das ihn als exactView 5R übernahm. Den beiden AprizeSat Satelliten folgten diverse CubeSats aus den insgesamt neun installierten ISIPODs. Delfi-​n3Xt stammte von der TU Delft. Mit ihm sollten ein Miniatur-​Antriebssystem, ein reprogrammierbarer Transceiver und neuartige Solarzellenflächen erprobt werden. Innovative Solutions In Space B.V., ebenfalls aus den Niederlanden, hatte den 3U CubeSat Triton 1 entwickelt, mit dem ein experimentelles AIS System getestet werden sollte. Zwei weitere 3U CubeSats stammten vom CINEMA Consortium. Gebaut worden waren diese beiden Exemplare an der südkoreanischen Kyung Hee University. Zusammen mit einem dritten, bereits 2012 gestarteten, CINEMA Satelliten waren durch CINEMA 2 und CINEMA 3 Forschungen zum Erdmagnetfeld und Teilchenumfeld geplant. Jedoch konnten keine Signale von den Satelliten empfangen oder Kommandos übermittelt werden, auch wenn mindestens CINEMA 2 offenbar Messungen vornahm. Am 28.11.2014 wurden alle Rettungsbemühungen für die Mission eingestellt. Das traditionsreiche spanische Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial beteiligte sich an dieser Mission ebenfalls mit einem 3U CubeSat. Mit diesem wurden vor allem verschiedene technische Lösungen erprobt. Der zweite CubeSat der ecuadorianischen Raumfahrtbehörde Agencia Espacial Civil Ecuatoriana (EXA) trug den Namen NEE 02 „Krysaor“. Wie sein Vorgänger NEE 01 „Pegaso“ sollte auch er hochauflösende Videoaufnahmen aus dem Orbit übertragen. FUNcube 1 alias AMSAT-​OSCAR 73  war von britischen Amateurfunkern als Amateurfunksatellit mit einem einzigen Transponder konzipiert worden. Norwegische Studenten der Høgskolen i Narvik steuerten den CubeSat HiNCube bei, der neben Telemetriedaten Erdaufnahmen übermitteln sollte. Leider konnte der Satellit nie aktiviert werden. Mehr wissenschaftlich war der südafrikanische ZACUBE 1 (TshepisoSat) orientiert. Eine HF-​Bake sollte ionosphärische Untersuchungen unterstützen sowie die Kalibrierung eines Aurora-​Radars auf der SANAE-​IV Basis in der Antarktis. Studenten der TU München hatten bei ihrem CubeSat-​Projekt First-​MOVE zwei ausklappbare Solarzellenflächen des neuen Triple Junction GaAs/Ge Typs realisiert. Eine CCD Kamera sollte Erdaufnahmen liefern. Tatsächlich konnten aber nur wenige CW-​Signale (Morsezeichen) empfangen werden. Die planmäßig alternierend abzustrahlenden AX.25  Signale blieben aus. Wahrscheinlich war der Bordcomputer im Bootsprozeß „hängen geblieben“, wohl wegen eines beschädigten Speichers. Die Bayerische Julius-​Maximilians-​Universität Würzburg startete mit Uwe 3 bereits ihren dritten Satelliten. Mit ihm wurden die technologischen Experimente der Vorgänger fortgesetzt, so u.a. ein Stabilisierungssystem mit Magnetspulen erfolgreich erprobt. Die Nanyang Technological University aus Singapur erprobte mit ihrem VELOX-​P2  Satelliten diverse Sub-​Systeme und eigenentwickelte Sonnensensoren. Als letzte drei Satelliten wurden GOMX 1 (GATOSS), WNISat 1 und BRITE-​PL ausgestoßen. GATOSS (Global Air Traffic Awareness and Optimizing through Spaceborne Surveillance) stammte vom Unternehmen GOMSpace, das Studenten der Aalborg Universitet gegründet hatten. Ihr 2U CubeSat sollte neue Verfahren zur Verfolgung trans-​ozeanischer Flüge erproben. Ein sehr empfindlicher Software Defined Radio (SDR) Empfänger für das Automatic Dependent Surveillance-​Broadcast (ADS-​B) Signal sollte verifizieren, daß dieses schwache Signal nicht nur von terrestrischen Empfängern, sondern auch von Satelliten aufgenommen werden konnte. Kommerzieller Natur war hingegen der japanische Satellit WNISAT 1. Im Auftrag der Weather News Inc. sollte er meteorologische Aufnahmen speziell zum Zustand der Nördlichen Seewege liefern, aber auch CO Meßdaten der Atmosphäre. Dazu sandte der Satellit Lasersignale mit unterschiedlichen Wellenlängen aus und maß das reflektierte Licht. BRITE-​PL „Lem“ (CanX 3 C) war der polnische Beitrag zum internationalen Bright-​Star Target Explorer Programm, bei dem Nanosatelliten verschiedener Nationen photometrische Untersuchungen an einigen lichtstarken Sternen unternehmen sollten. Erkundet werden sollte vor allem die Variabilität dieser Sterne, wobei man sich eine um den Faktor 10 bessere Genauigkeit erhoffte, als diese bei terrestrischen Beobachtungen erreichbar war.